Eurokrise verzögert Aufschwung

Im vierten Quartal 2012 wird die deutsche Wirtschaft voraussichtlich schrumpfen, bevor im kommenden Jahr zunächst eine leichte Erholung einsetzt. Darauf deute das ifo Geschäftsklima hin, heißt es in der Konjunkturprognose 2012/2013 des Münchner ifo Instituts. Maßgeblich für die Konjunkturschwäche ist die Eurokrise.

In Deutschland habe die gesamtwirtschaftliche Produktion nach gutem Start im weiteren Verlauf des Jahres 2012 mehr und mehr an Fahrt verloren. Die anhaltende Unsicherheit als Folge der europäischen Schuldenkrise habe die binnenwirtschaftlichen Auftriebskräfte spürbar gedämpft. Von allen Komponenten der inländischen Verwendung waren laut ifo Institut hiervon die Ausrüstungsinvestitionen am meisten betroffen; diese sind im Jahresverlauf trotz außerordentlich günstiger Finanzierungsbedingungen sehr kräftig gesunken.

Auch die Investitionen in Bauten seien bis zur Jahresmitte rückläufig gewesen. Hierfür sei maßgeblich gewesen, dass die öffentlichen Bauinvestitionen einbrachen, nachdem die Förderung durch die in der zurückliegenden Rezession beschlossenen Konjunkturpakete Ende 2011 ausgelaufen war. Beim Wohnungsbau wirkten die niedrigen Zinsen dagegen nach wie vor anregend. Getragen worden sei die Expansion insbesondere vom Außenhandel, wenngleich die Impulse zuletzt merklich schwächer geworden seien.

Die konjunkturelle Tempoverlangsamung habe sich inzwischen auf dem Arbeitsmarkt niedergeschlagen. Die Zahl der Erwerbstätigen sei zuletzt nicht mehr gestiegen, während die Arbeitszeit sogar deutlich gesunken sei. Offenbar gelinge es den Unternehmen bisher, die verringerte Arbeitsnachfrage durch die Reduktion von Überstunden und den Abbau von Guthaben auf Arbeitszeitkonten abzufedern, meinen die Wirtschaftsforscher. Dass die Arbeitslosigkeit bereits seit dem Frühjahr zunimmt, führen sie primär auf eine Reduktion der aktiven Arbeitsmarktpolitik zurück.

Im Jahresendquartal 2012 dürfte die gesamtwirtschaftliche Produktion um 0,3 Prozent sinken, erwartet das ifo Institut in seiner Konjunkturprognose. Mit einem Abgleiten in eine ausgewachsene Rezession rechnet das ifo Institut zumindest aus heutiger Sicht nicht. So ist der ifo Geschäftsklimaindex im November zum ersten Mal seit sechs Monaten wieder leicht gestiegen, vor allem die Erwartungskomponente des Indikators hat sich spürbar verbessert.

Für das erste Quartal 2013 sei mit daher einer leichten Erholung zu rechnen; das Bruttoinlandsprodukt dürfte um 0,2 Prozent zunehmen. Per Saldo werde die gesamtwirtschaftliche Produktion im Winterhalbjahr 2012/13 ungefähr stagnieren.

Aufschwung im Laufe von 2013 erwartet – wenn Eurokrise sich nicht verschärft

Im weiteren Verlauf des Jahres 2013 dürfte der Aufschwung wieder einsetzen. Sollte sich nämlich die Eurokrise nicht verschärfen, kommen laut ifo Institut die binnenwirtschaftlichen Auftriebskräfte und die zunehmende außereuropäische Nachfrage nach deutschen Exportgütern wieder zum Tragen. In der Folge dürften der private Konsum und die Ausrüstungsinvestitionen wieder merklich anziehen.

Auch die Exporte würden dann wieder zunehmen. Dass vom Außenhandel dennoch per Saldo wohl kein unmittelbarer Beitrag für den Anstieg des Bruttoinlandsprodukts ausgehen werde, liege daran, dass die Importe angesichts der lebhafteren Binnennachfrage gleichermaßen ausgeweitet werden dürften.

Alles in allem rechnet das ifo Institut damit, dass das reale Bruttoinlandsprodukt im Durchschnitt von 2012 den Vorjahresstand nur um 0,7 Prozent übertreffen wird. Im Verlauf von 2013 dürfte es dann aber um 1,4 Prozent zulegen. Aufgrund der durch das schwache Winterhalbjahr bedingten, niedrigen Ausgangsbasis errechne sich im Jahresdurchschnitt 2013 jedoch ebenfalls nur eine Zuwachsrate von 0,7 Prozent.

Im Vergleich zur Juni-Prognose des ifo Instituts bedeutet dies eine deutliche Abwärtskorrektur. Sie ist darin begründet, dass die Eurokrise die deutsche Konjunktur nach aktueller Einschätzung später als erwartet aus dem Tritt bringt, und zwar im laufenden Winterhalbjahr statt im vergangenen Sommer. Der so verzögerte Aufschwung setze nach aktuellem Prognosestand erst im Verlauf von 2013 ein.

Beschäftigungsaufbau kommt nicht so richtig in Gang

Der Beschäftigungsaufbau werde nicht nennenswert in Gang kommen. So dürfte die Zahl der Erwerbstätigen im Jahr 2013 lediglich um 35.000 Personen über dem Vorjahresniveau liegen. Die Zahl der Arbeitslosen wird nach ifo-Prognose im Winterhalbjahr zunehmen, im Verlauf des kommenden Jahres aber allmählich wieder sinken. Aufgrund des hohen Ausgangsniveaus ergebe sich im Jahresdurchschnitt 2013 aber ein Anstieg um 60.000 Personen. Die Arbeitslosenquote dürfte sich leicht von 6,8 Prozent in diesem Jahr auf 6,9 % im kommenden Jahr erhöhen.

Die Inflationsrate dürfte sich im Jahr 2012 auf 2,0 Prozent belaufen, im kommenden Jahr werde sie sich auf voraussichtlich 1,6 Prozent abschwächen. Das gesamtstaatliche Budgetdefizit dürfte in diesem Jahr auf 0,1 Prozent sinken. Für das kommende Jahr rechnet das ifo Institut mit dem gleichen Wert. Die staatliche Bruttoschuldenquote dürfte sich in diesem Jahr auf 81 ½ Prozent belaufen. Im Jahr 2013 wird sie voraussichtlich auf rund 80 ½ Prozent sinken.

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