„Best Paper“-Award für Empa-Forscher

Wo stecken welche Schadstoffe in Kunststoffkomponenten von Elektro- und Elektronikschrott? Und wie hoch ist ihr Anteil? Diesen Fragen sind Forscher der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) nachgegangen. Für ihren wissenschaftlichen Beitrag wurden sie nun von der Fachzeitschrift „Environmental Science & Technology“ als „Best Paper“ in der Kategorie „Policy Analysis“ ausgezeichnet

Elektro- und Elektronikgeräte bestehen nicht nur aus metallischen Materialien, sondern zu mehr als einem Fünftel auch aus Kunststoffen. Diese finden sich etwa in Gehäusen oder im Grundmaterial für Leiterplatten, so die Empa. Keine einfache Aufgabe für die Recycler, die sich mit einem wachsenden Berg von Elektro- und Elektronikschrott konfrontiert sähen, denn Kunststoffe aus Elektro- und Elektronikaltgeräten seien außerordentlich vielfältig. Je nach Kunststofftyp und Anwendung könnten sie auch mit Schadstoffen wie bromierten Flammhemmern und Schwermetallen belastet sein. Werden dabei bestimmte, gesetzlich festgelegte Grenzwerte überschritten, sei ein Recycling nicht mehr ohne Weiteres möglich.

Seit dem 1. Juli 2006 müssen gemäß der europäischen RoHS-Richtlinie (Restriction of Hazardous Substances) in neuen Elektro-und Elektronikgeräten maximale Konzentrationen für bestimmte Schwermetalle (Blei, Cadmium, Chrom(VI) und Quecksilber) sowie bromierte Flammhemmer (PentaBDE, OctaBDE, DecaBDE, PBB) eingehalten werden. Um eine möglichst hohe Kunststoff-Recyclingquote zu erzielen, sei es deshalb wichtig zu wissen, wie sich diese Schadstoffe auf die verschiedenen Kategorien und Typen von Altgeräten (zum Beispiel „große Haushaltgeräte“ oder „Unterhaltungselektronik“) verteilen. Im Auftrag des „WEEE Forums – einer Vereinigung von aktuell 42 Betreibern von kollektiven Elektrogeräte-Rücknahmesystemen in 24 Ländern – ist ein Team der Empa-Abteilung „Technologie und Gesellschaft“ dieser Frage nachgegangen.

Auf Schadstoff-Spurensuche im Elektroschrott

Die drei Empa-Forscher Patrick Wäger, Mathias Schluep und Esther Müller untersuchten mit Unterstützung der Bachema AG in Schlieren insgesamt 53 Mischkunststoffproben aus 15 europäischen Ländern, schildert die interdisziplinäre Forschungs- und Dienstleistungsinstitution für Materialwissenschaften und Technologieentwicklun. Die Ergebnisse zeigten, dass in allen beprobten Gerätegruppen bromierte Flammhemmer oder Schwermetalle vorkommen, allerdings in unterschiedlich hohen Konzentrationen. Keine Gerätegruppe könne deshalb von vornherein als unproblematisch bezeichnet werden.

Besonders hohe Konzentrationen an eingeschränkten bromierten Flammhemmern wurden laut Empa in Kunststoffrückwänden von herkömmlichen Bildröhrenmonitoren gefunden. In Kunststoffrückwänden aus Flachbildschirmen hätten sie hingegen praktisch nicht nachgewiesen werden können. Hohe Schwermetallkonzentrationen seien in Mischkunststoffen aus Haushaltkleingeräten (Cadmium), Informations- und Kommunikationstechnologie (Blei) sowie Unterhaltungselektronik (Blei) gefunden worden. Die Wissenschaftler vermuten, dass die erhöhten Bleikonzentrationen in erster Linie auf Querkontaminationen aus der mechanischen Aufbereitung (Lötzinn) zurückzuführen sind. Um zu verhindern, dass diese Stoffe in die Umwelt sowie in Bauteile für neue Produkte gelangen, empfehlen die Forscher, die Kunststoffe aus der Aufbereitung von Altgeräten bis zur Entsorgung beziehungsweise Verwertung einem strengen Qualitätsmanagement zu unterwerfen.

Resultate der Studie in neue Standards eingeflossen

Die Ergebnisse der Studie sind in den europäischen WEEELABEX (Waste Electrical and Electronic Equipment LABel of Excellence) Standard eingeflossen, welcher Sammlung, Sortierung, Zwischenlagerung, Transport, Wiederverwendung, Behandlung und Entsorgung von Elektro- und Elektronikaltgeräten regelt.

Die Herausgeber von „Environmental Science & Technology“ – der im Jahr 2010 am häufigsten zitierten Zeitschrift im Bereich Umwelt- und Umweltingenieurwissenschaften – attestieren der Studie „einen maßgeblichen und lang anhaltenden Einfluss auf das Fachgebiet“. Sie verleihen ihr in der ersten Aprilausgabe der Zeitschrift das Prädikat „Best Paper“ des Jahres 2011 in der Kategorie „Policy Analysis“.

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