DUH verklagt Tetra Pak wegen „100% recycelbar“-Kampagne

Tetra Pak wirbt mit „100 % recycelbar“ – In Wirklichkeit werde aber nur etwa ein Drittel der Materialien der in Deutschland verkauften Getränkekartons recycelt. Das wirft die Deutsche Umwelthilfe (DUH) der Tetra Pak GmbH vor und klagt deshalb vor dem Landgericht Wiesbaden wegen Verbrauchertäuschung. DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch fordert zugleich den Stopp der Werbekampagne und eine ökologische Neubewertung der „angeblich umweltverträglichen Verpackungen“ durch die Bundesregierung

Die DUH wirft der Tetra Pak GmbH & Co KG vor, mit ihrer aktuellen Werbekampagne den Verbraucher bewusst über die ökologischen Nachteile ihrer Verbundverpackungen zu täuschen. Die Umwelt- und Verbraucherschutzorganisation stützt sich dabei eigenen Angaben zufolge auf Berechnungen auf Basis von Veröffentlichungen des Umweltbundesamts und Brancheninformationen. In seiner Kampagne werbe der Getränkekarton-Marktführer Tetra Pak unter dem Titel „Du hast es in der Hand“ mit der Behauptung, die eigenen Produkte gehörten zu den umweltfreundlichsten Getränkeverpackungen. Einer der Gründe dafür sei „vollständiges Recycling“. Recherchen der DUH hätten jedoch ergeben, dass nur etwa ein Drittel der in Deutschland verkauften Getränkekartons tatsächlich recycelt werden. Die Umweltschutzorganisation wirft Tetra Pak deshalb Verbrauchertäuschung vor.

„Tetra Pak betreibt eine neue Art der besonders dreisten Verbrauchertäuschung und suggeriert in seiner Werbekampagne, dass seine aus Papierfasern, Aluminium und Kunststoff bestehenden Verpackungen komplett recycelt werden. In Wahrheit wird nur rund ein Drittel der Grundstoffe der in Deutschland in Verkehr gebrachten Getränkekartons stofflich recycelt“, kritisiert DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Einer Aufforderung der DUH, die irreführenden Werbeaussagen zu unterlassen, sei die Tetra Pak GmbH & Co KG nicht nachgekommen. Aus diesem Grund reichte der Umweltverband gestern beim Landgericht Wiesbaden Klage wegen unzulässiger Irreführung der Verbraucher ein.

„Tetra Pak macht seine Produkte grüner als sie sind. Derartiges Greenwashing ist unlauter und wird von den Gerichten nicht toleriert“, erklärt Rechtsanwalt Remo Klinger, der die DUH in dem Rechtsstreit vertritt. Nach Überzeugung der DUH lasse Tetra Pak die Verbraucher bewusst in dem Glauben, dass ihre Getränkekartons komplett recycelt werden. Das Unternehmen werbe mit der Formulierung eines „vollständigen Recyclings“. An anderer Stelle werden Tetra Pak-Getränkekartons als „100% recycelbar“ beworben. „In der Theorie ist fast alles ‚recycelbar‘. Die Praxis sieht jedoch ganz anders aus, wie der Umgang mit den Getränkekartons deutlich macht“, erklärt die Leiterin der Abteilung für Kreislaufwirtschaft bei der DUH, Maria Elander.

Dass bei weitem nicht alle verkauften Getränkekartons recycelt werden, habe mehrere Gründe. Erstens fänden nicht alle den Weg in gelbe Tonnen und Säcke. Zweitens würden in den Sortieranlagen die gesammelten Getränkekartons nicht komplett für das Recycling aussortiert. Problematisch ist nach Meinung der DUH außerdem, dass die bei den Recyclinganlagen angelieferten Mengen an Getränkekartons bis zu etwa einem Drittel aus Fremdmaterialien und Restfeuchtigkeit bestehen. Schließlich werde meist nur der Zellstoffanteil (circa 60 bia 76 Prozent) der Getränkekartons recycelt. Die übrigen Materialkomponenten Kunststoff und Aluminium würden hingegen vor allem energetisch verwertet.

Die auf Basis von Zahlen des Umweltbundesamts (UBA) und Branchenrecherchen erfolgten Berechnungen der DUH belegten, dass am Ende nur etwa ein Drittel des Materials der in Deutschland verkauften Getränkekartons recycelt werde. Der überwiegende Anteil werde verbrannt. „Die Behauptung von Tetra Pak, ihre Getränkekartonverpackungen würden vollständig recycelt ist schlichtweg falsch“, resümiert Elander.

Darüber hinaus erfüllten heute verkaufte Getränkekartons nach Überzeugung der DUH nicht mehr die Kriterien, die ihr vor rund zehn Jahren in den Ökobilanzen des Umweltbundesamtes (UBA) das Prädikat „ökologisch vorteilhaft“ eingebracht haben. Eine kürzlich veröffentlichte Studie der schwedischen Lebensmittelbehörde (Livsmedelsverket) habe nachgewiesen, dass Ein-Liter-Milchkartons mit Schraubverschluss zu über 50 Prozent mehr Klimagasemissionen führten als herkömmliche ziegelförmige Ein-Liter-Kartons ohne eine solche Ausgusshilfe.

Auch in Deutschland hätten Getränkekartons mit verschiedenen Ausgusshilfen den klassischen Getränkekarton in der Ziegelform mehr oder weniger vom Markt gedrängt. „Getränkekartons sind in den letzten zehn Jahren deutlich schwerer geworden und enthalten zunehmend Kunststoffe und Aluminium und immer weniger Zellstoff. Außerdem ist nach den Erhebungen der DUH klar, dass die früher angenommene Recyclingquote von 64 Prozent nicht annähernd erreicht wird“, erklärt DUH-Bundesgeschäftsführer Resch. Eine „ökologische Neubewertung von angeblich umweltverträglichen Getränkekartons durch das Bundesumweltministerium“ sei deshalb überfällig.

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