„Auftragslage in Biogas-Branche ist katastrophal“

„Die aktuelle Branchenentwicklung ist sehr ernüchternd.“ Mit diesen Worten kommentierte der Präsident des Fachverbands Biogas, Josef Pellmeyer, die aktuellen Branchenzahlen. Nach dem Boom-Jahr 2011 verzeichne die Biogasbranche in diesem Jahr einen erheblichen Rückgang im Anlagenbau.

Auf Grundlage erster Erhebungen aus verschiedenen Bundesländern und einer aktuellen Firmenumfrage muss der Fachverband Biogas eigenen Worten zufolge für das laufende Jahr die im Mai prognostizierte Zahl von 300 auf nunmehr 268 Neuanlagen korrigieren. Zusammen mit Anlagenerweiterungen (Repowering) erwartet der Verband eine Zunahme an installierter elektrischer Leistung von 182 Megawatt, wie Pellmeyer während der Pressekonferenz des Verbandes zur Eurotier / BioEnergy Decentral 2012. Im Vergleich zu 2011 breche damit der Ausbau an Leistung um rund 70 und an Neuanlagen um knapp 80 Prozent ein.

Für viele Unternehmen habe der Markteinbruch bislang durch den Überhang aus dem Jahr 2011 kompensiert werden können. Für das Jahr 2013 erwartet der Sprecher des Firmenbeirats, Hendrik Becker, allerdings größere Probleme. „Die Auftragslage ist katastrophal. Einige etablierte Firmen werden den Nachfragerückgang im Inland teilweise über den Ausbau des Exportgeschäftes auffangen können“, sagt Becker. Was den deutschen Markt derzeit noch einigermaßen rentabel mache seien die Anlagenerweiterungen. Becker erwartet einen Rückgang der Beschäftigtenzahl um 25 Prozent.

Markteinbruch hat viele Gründe

Die Gründe für den Markteinbruch sieht der Fachverband Biogas vielschichtig. „Das novellierte Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG 2012) hat der Biogasbranche eher geschadet als dass es neue Impulse setzen konnte“, bedauert Pellmeyer. Die neu eingeführte Leistungsklasse bis 75 Kilowatt habe die Erwartungen bislang nicht erfüllen können. Ebenso wenig habe die rechtliche Besserstellung großer Biomethananlagen auf diesem Markt eine spürbare Trendwende hin zu mehr Biomethaneinspeisung ins Erdgasnetz gebracht. Hinzu seien zahlreiche Genehmigungs- und Sicherheitsauflagen gekommen, die den Bau neuer Anlage immer häufiger unrentabel machen.

Auch die derzeit steigenden Substratpreise würden Projekte unwirtschaftlich werden lassen. Zusätzlich wirke sich die oft unsachlich geführte Diskussion der Biogas-Kritiker negativ aus. „Da werden teilweise Argumente ins Spiel gebracht, die jeder Grundlage entbehren“, beklagt Pellmeyer. Dabei, so ist sich der Verbandspräsident sicher, ist Biogas die zentrale Lösung bei der Energiewende

Im Zusammenspiel mit Wind und Sonne nimmt Biogas eine einzigartige Rolle ein: als speicherbarer erneuerbarer Energieträger kann aus Biogas bedarfsgerecht Strom erzeugt werden, wenn kein Wind weht und die Sonne nicht scheint. Dieser Ausgleichsfunktion von Biogas komme mit weiter steigenden Anteilen an fluktuierender Stromerzeugung eine immer größere Bedeutung im Rahmen der Netzsystemdienstleistungen zu.

Im Rahmen des vom bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer ins Spiel gebrachten „Bayernplans“ prüft der Freistaat derzeit, in wieweit die bis 2022 abgeschalteten Atomkraftwerke über Biogasanlagen ersetzt werden können. Ein Plan, der sich bei positivem Prüfergebnis sicher auf ganz Deutschland übertragen ließe. „Biogas hat ein enormes Potenzial – insbesondere jenes für die Netzsystemsicherheit- und stabiliät – und muss jetzt durch die entsprechenden Weichenstellungen gehoben werden“, mahnt Pellmeyer.

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