Euro-Zone steht an der Schwelle zur Rezession

Der Anstieg des realen Bruttoinlandsprodukts der Euro-Zone war im dritten Quartal 2011 mit 0,1 Prozent erneut gering. Das reale BIP werde zum Jahreswechsel vorrausichtlich sinken und im 2. Quartal 2012 stagnieren. Davon gehen die Wirtschaftsinstitute in München, Paris und Rom in ihrer gemeinsamen Konjunkturprognose aus. „Unter der Annahme, dass die Staatsschuldenkrise in der Euro-Zone durch adäquate Entscheidungen der Politik im Zaum gehalten werden kann, gehen wir davon aus, dass die Euro-Zone eine milde (und relativ kurze) Rezession durchlaufen wird.“

Die Wirtschaftsinstitute erwarten, dass das reale BIP um 0,3 Prozent im 4. Quartal 2011 und um minus 0,2 Prozent im 1. Quartal 2012 sinken wird. Der private Konsum werde durch die fiskalischen Konsolidierungsmaßnahmen sowie die trüben Aussichten auf dem Arbeitsmarkt belastet (minus 0,1 Prozent im 4. Quartal 2011 und Stagnation im 1. und 2. Quartal). Aufgrund einer schwachen staatlichen Investitionstätigkeit und der Neigung privater Unternehmen Projekte in die Zukunft zu verschieben, würden die Investitionen im Prognosezeitraum voraussichtlich zurückgehen.

Unter der Annahme, dass der Ölpreis in den kommenden Quartalen um 104 US-Dollar und der Wechselkurs um 1,35 US-Dollar je Euro schwanken werden, dürfte die Inflationsrate von 2,8 Prozent im Dezember 2011 auf 1,9 Prozent im Juni 2012 fallen. „Unser Szenario birgt jedoch erhebliche Abwärtsrisiken, die insbesondere in einer Ausweitung der Staatsschuldenkrise liegen“, schreiben das Münchner ifo Institut, das Pariser INSEE und das römische Istat in ihrem „Euro-zone Economic Outlook“.

Die Stimmung bei Unternehmen und Konsumenten habe sich seit August 2011 deutlich verschlechtert, was einerseits die schwache Auslandsnachfrage und andererseits die allgemeine Unsicherheit aufgrund der immer noch ungelösten Staatsschuldenkrise widerspiegele. Zudem hätten sich die Finanzierungsbedingungen für Unternehmen und private Haushalte verschlechtert. Die Abschwächung der Auslandsnachfrage infolge restriktiver Geldpolitiken in vielen Schwellenländern sowie die anhaltenden fiskalischen Konsolidierungsanstrengungen in der Euro-Zone hätten einen beachtenswerten Rückgang der Industrieproduktion zwischen August und Oktober (minus 2,0 Prozent) verursacht.

Angesichts des negativen Stimmungsumfelds, schwacher Exportaussichten und weiterer fiskalischer Konsolidierungsmaßnahmen in vielen Mitgliedsländern, dürfte die Industrieproduktion im Prognosezeitraum weiter sinken (minus 2,1 Prozent im 4. Quartal 2011 und im 1. Quartal 2012 sowie minus 0,5 Prozent im 2. Quartal 2012). Die leichte Verbesserung im 2. Quartal werde voraussichtlich die Folge eines moderaten Anstiegs der Auslandsnachfrage (insbesondere aus den USA) und einer Normalisierung an den Finanzmärkten sein, schätzen die Wirtschaftsforscher.

Bruttoinlandsprodukt sinkt wohl moderat

Die Expansion des realen Bruttoinlandsprodukts war im 3. Quartal 2011 mit 0,1 Prozent erneut schwach. Aufgrund der Belastungen durch eine erhöhte Unsicherheit, verstärkter fiskalischer Konsolidierungsanstrengungen und eine Abschwächung der Auslandsnachfrage, dürfte das reale BIP um 0,3 Prozent und 0,2 im 4. Quartal 2011 beziehungsweise im 1. Quartal 2012 fallen, bevor es im 2. Quartal 2012 stagniert.

Der private Konsum konnte sich laut Konjunkturprognose im 3. Quartal 2011 erholen (plus 0,2 Prozent), nachdem er im vorherigen Quartal noch um 0,5 Prozent gefallen war. Das gesunkene Konsumentenvertrauen sowie die trüben Aussichten am Arbeitsmarkt deuteten je-doch auf eine schwache Entwicklung der Konsumausgaben in den kommenden Quartalen hin. Zudem lasteten die fiskalischen Konsolidierungsmaßnahmen auf den verfügbaren Einkommen. Daher dürfte der private Konsum im Prognosezeitraum stagnieren.

Nachdem die Investitionsausgaben im 2. und 3. Quartal 2011 leicht fielen, dürften sie im Prognosezeitraum weiter sinken. Eine Reihe von Faktoren werden nach Ansicht der Institute voraussichtlich zu dieser unvorteilhaften Entwicklung beitragen: Zum einen werde die höhere allgemeine Unsicherheit dazu führen, dass viele private Projekte in die Zukunft verschoben werden. Zum anderen dürfte der jüngste Anstieg der Finanzierungskosten von Banken sowie strengere Eigenkapitalvorschriften (Basel III) zu einer Verschärfung der Kreditvergabebedingungen für private Unternehmen führen. Darüber hinaus bestünden geringe Anreize, in den Kapitalstock zu investieren, da die Kapazitätsauslastung anhaltend niedrig sei und die Absatzperspektiven eher schwach seien. Des Weiteren lasten fiskalische Konsolidierungsanstrengungen auf den öffentlichen Investitionen. Alles in allem dürften die Investitionen im 4. Quartal 2011 sowie im 1. und 2. Quartal 2012 sinken. „Sollte sich unser Szenario einstellen, so dürfte sich die Geschwindigkeit des Rückgangs im Jahr 2012 jedoch verlangsamen.“

Lesen Sie auf der folgenden Seite, wieso sich die Inflation nach und nach zurückbilden wird.

Zum Ende des 4. Quartals 2011 lag die Inflationsrate der Euro-Zone laut Economic Outlook bei 2,8 Prozent. Der relativ hohe Wert führen die Wirtschaftsexperten vor allem auf gestiegene Nahrungsmittel- und Energiepreise im ersten Halbjahr 2011 zurück. Die Erhöhung der Mehrwertsteuer in Italien um einen Prozentpunkt im September habe ebenfalls zum Anstieg der Inflationsrate in der Euro-Zone beigetragen. Unter der Annahme, dass der Ölpreis in den kommenden Quartalen um 104 US-Dollar und der Wechselkurs um 1,35 US-Dollar je Euro schwanken werden, dürfte die Inflationsrate auf 2,1 Prozent im 1. Quartal und 1,9 Prozent im 2. Quartal sinken. Dieser Rückgang reflektiere einerseits den abnehmenden Preisdruck von Seiten der Rohstoffpreise. Andererseits mache sich zunehmend ein positiver Basiseffekt bemerkbar, da die Preise zu Beginn des Jahres 2011 relativ stark gestiegen waren.

Die Kerninflationsrate dürfte von 2,0 Prozent im November 2011 auf 1,6 Prozent zum Ende des 1. Quartals 2012 fallen und sich bis Juni 2012 weiter auf 1,5 Prozent zurückbilden. Ein geringer Anstieg der Nominallöhne infolge der schlechten Arbeitsmarktaussichten, die anhaltend niedrige Kapazitätsauslastung sowie der erwartete Rückgang der Binnennachfrage dürften den Inflationsdruck etwas reduzieren, vermuten die Institute.

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