bvse nennt BMU-Gutachten „solide Entscheidungsgrundlage“

Das vom Bundesumweltministerium (BMU) in Auftrag gegebene Gutachten zu den „EU- und verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen der Einführung einer einheitlichen Wertstofftonne“ ist eine insgesamt „solide“ Entscheidungsgrundlage. Zu diesem Fazit kommt der Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung (bvse). Und das sowohl für die politisch Verantwortlichen im Bund und in den Bundesländern als auch für die betroffenen Marktteilnehmer.

Nach Einschätzung von bvse-Präsident Burkhard Landers habe das Gutachten zwar keine klaren Empfehlungen ausgesprochen. Es habe aber „schnörkellos nachgewiesen“, dass eine gesetzliche Regelung, die eine Ausschreibungspflicht der Kommunen unter Ausschluss der Eigenerledigung oder der Inhouse-Vergabe vorsehe, verfassungs- sowie europarechtlich möglich und kartellrechtlich sogar zwingend notwendig sei, wenn den Kommunen die Steuerungsverantwortung für die Wertstofferfassung übertragen werden solle.

Landers: „Damit wird deutlich, wenn die Kommunen in die Wertstofferfassung maßgeblich einbezogen werden wollen, ist das nur möglich, wenn gleichzeitig ein Wettbewerb um den Markt gewährleistet wird, an dem sich private und kommunale Unternehmen gleichermaßen beteiligen können.“ Auf dieser Grundlage ist der bvse der Meinung, dass bei der Neuregelung der Wertstofferfassung ein fairer und guter Kompromiss zwischen Privatwirtschaft und Kommunen erzielt werden kann und erzielt werden sollte.

Untersucht wurde von den Gutachtern verschiedene rechtliche Modelle, teilt der bvse mit. Das Modell 1 sehe die vorrangige Organisationsverantwortung bei den Dualen Systemen. Die Finanzierung teilten sich die Hersteller und Vertreiber von Verkaufsverpackungen und die Kommunen für die stoffgleichen Nichtverpackungen. Bei Modell 2 liege die Organisationsverantwortung bei den Kommunen, die dann entscheiden könnten, ob sie den Auftrag öffentlich ausschreiben, die Erfassung selbst erledigen oder eine Inhouse-Vergabe vornehmen. Die beiden letzten Varianten hielten die Gutachter aber aus kartellrechtlichen Gründen für unzulässig, weil der Wettbewerb stark eingeschränkt oder sogar ausgeschaltet werden könnte. Dieses Manko würde jedoch mit Modell 2plus behoben, weil hier eine Ausschreibungspflicht der Kommunen vorgesehen sei und dadurch ein Wettbewerb „um den Markt“ gewährleistet werde.

Modell 3 sehe eine Erweiterung der Produktverantwortung vor. Das heißt, die Hersteller und Inverkehrbringer von Verpackungen und von stoffgleichen Nichtverpackungen sicherten die Finanzierung über die Zahlung von Lizenzgebühren und die Dualen Systeme seien zuständig für die Erfassung, Sortierung und Verwertung der Wertstoffe, erklärt der bvse. Eine gesetzliche Realisierung des Modells 3 würde, so die Meinung der Gutachter, nur zu einer vergleichsweise geringen Belastung des Selbstverwaltungsrechts der Kommunen führen und es würden sich auch keine kartellrechtlichen Hinderungsgründe ergeben.

bvse-Justiziarin Eva Pollert bedauert jedoch, dass völlig unberücksichtigt geblieben ist, dass die Ausweitung der Produktverantwortung im Rahmen des Modells 3 im Grunde nichts anderes darstelle, als das momentan geltende Ausschreibungskonzept „50 % + x“ im Bereich der Leichtstoffverpackungs-Sammlung (LVP) beziehungsweise die unbefriedigende Vergabepraxis bei der Sortierung und Vermarktung der Verpackungsabfälle.

Bei einer Anwendung dieses Systems auch auf den Bereich der einheitlichen Wertstofftonne würden letztlich alle damit verbundenen Missstände – wie beispielsweise die marktbeherrschende Stellung der vertikal aufgestellten Unternehmen, die „Trittbrettfahrer“-Problematik oder auch die rechtlich fragwürdige Vertragsgestaltung im Rahmen des „50 % + X“ – übertragen, so Pollert. Diese Probleme, wie sie auch für die Glas- und Papieraufbereitung hinlänglich bekannt und diskutiert worden seien, würden bei der Bewertung des Modells 3 „vollständig ausgeblendet“.

“Fortschreiben der bisherigen Systemfehler führt zu einer Oligopol-Bildung“

Das kritisiert auch bvse-Präsident Landers. Er ist sicher, dass ein Fortschreiben der bisherigen Systemfehler im Ergebnis zu einer nicht zu verhindernden Oligopol-Bildung weniger großer Entsorgungsunternehmen führen werde. Landers: „Eine solche Entwicklung muss man stoppen und darf sie nicht auch noch forcieren! Wir brauchen ein Modell, das rechtssicher realisiert werden kann, faire Wettbewerbsbedingungen für die Wertstofferfassung schafft und zudem die Kommunen adäquat einbezieht.“

Nach Auffassung des bvse werden diese Kriterien durch das im Gutachten genannte Modell 2plus erfüllt: Auch, wenn vor allem von kommunalen Interessenvertretern, die Ausschreibungsverpflichtung als rechtlich nicht zulässig angesehen wird, die sich jetzt allerdings eines Besseren belehren lassen müssen.

Das BMU-Gutachten arbeite zuverlässig heraus, dass die Ausschreibungsverpflichtung der Kommunen unter Ausschluss der Inhouse-Vergabe auch in Hinblick auf die kommunale Selbstverwaltungsgarantie als verfassungsrechtlich zulässige Beschränkung anzusehen ist, erklärt der bvse. Dies sei neben dem Gutachten von Dr. Schink und Dr. Karpenstein ebenfalls schon durch das vom bvse beauftragte Gutachten zu Ausschreibungspflichten öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger von Prof. Dr. Beckmann und Dr. Wittmann nachgewiesen worden. „Diese grundsätzliche Ausschreibungsverpflichtung ist im Übrigen auch durch die kürzlich ergangene Entscheidung des Vergabesenats des OLG Düsseldorf gegen die Inhouse-Vergabe der kombinierten Wertstofftonne in Bochum bestätigt worden“, so bvse-Justiziarin Pollert.

Das Gutachten verdeutliche, dass auf sicherer rechtlicher Grundlage ein Gesetz formuliert werden könne, das die Wertstofferfassung in Deutschland zukünftig erheblich steigere und zugleich faire wettbewerbliche Rahmenbedingungen schaffe sowie bürgernah und effizient sei. Das im Gutachten sogenannte Modell 2plus biete hierfür die beste Ausgangsposition, lautet das Fazit von bvse-Präsident Landers.

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