Pilotversuch: Werkstoffliche Verwertung macht Sinn, rechnet sich aber nicht

Die werkstoffliche Verwertung von getrockneten Haushaltsabfällen ist möglich. Zu diesem Ergebnis kommt das rheinland-pfälzische Umweltministerium nach Auswertung des Pilotversuchs in der mechanisch-biologischen Trocknungsanlage (MBT) auf dem Gelände des EVZ in Mertesdorf bei Trier. Der Versuch sei jedoch nicht geeignet, die Getrennterfassung grundsätzlich in Frage zu stellen, erklärte Umweltministerin Margit Conrad.

Das erklärte Ziel des Pilotversuchs war die bessere Nutzung von Siedlungsabfall als Rohstoffquelle. Dazu wurden Stoffe wie Pappe, Papier, Kunststoffe, Holz und Nichteisenmetalle vollautomatisch aus dem vorbehandelten Restabfall aussortiert. Die Abfälle wurden getrocknet und zu Ersatzbrennstoffen mit einem Heizwert von Braunkohle aufbereitet. Die Anlage war um eine zusätzliche Nahinfrarot-Sortieranlage erweitert worden, die das differenzierte Aussortieren ermöglichte. Rheinland-Pfalz hat den Versuch mit 150.000 Euro bezuschusst.

Bei den gewonnenen Kunststoffen war die Produktreinheit nach Angaben des Umweltministeriums marktüblich und eine Aufbereitung möglich. Allerdings seien die granulatähnlichen Kunststoffmaterialien, die nach der Sortierung aus dem getrockneten Restmüllgemisch hergestellt wurden, gegenüber der Leichtstoffsortierung aus der Getrenntsammlung im Gelben Sack mit störenden Gerüchen behaftet. Neben den Versuchen zur stofflichen Verwertung sei auch nachgewiesen worden, dass alternativ eine hochkalorische Brennstofffraktion hergestellt werden kann.

In einem 2. Baustein des Projekts wurde eine Mischung aus Restmüll und Verpackungsabfall aus dem Gelben Sack hergestellt, um so eine andere Mischqualität zu simulieren. Hier zeigt sich laut Ministerium, dass ein Teil der aussortierten Leichtverpackungen, wie z.B. Tetrapacks, eine geringere Qualität als die im gelben Sack gesammelten aufweisen und für eine hochwertige stoffliche Verwertung weniger geeignet sei.

„Nur unter den Bedingungen von Mertesdorf – wenn der Restmüll zuvor getrocknet wurde – kann die Restmüll-Sortierung zu einer Verbesserung des Systems beitragen. Der Versuch ist nicht geeignet, die Getrennterfassung grundsätzlich in Frage zu stellen“, so Ministerin Conrad. „Wenn man aus Abfällen mehr (Sekundär-)Rohstoffe gewinnen will, ist eine bessere und intensivere Erfassung von recyclingfähigen Abfällen z.B. durch den Einsatz einer Wertstofftonne sinnvoll. Dies böte die Chance, stoffgleiche Abfälle zusammen mit Verpackungen und Elektro-Kleingeräten gemeinsam einer stofflichen Verwertung zuzuführen.“

In dem Sortierprojekt wurden rund 10.000 Tonnen Abfall aus der Region Trier nachsortiert. Die Energie für die Trocknung liefert der Hausmüll mittels der darin befindlichen Mikroorganismen selbst. Am Ende weist der Müll nicht mehr 48 Prozent, sondern deutlich weniger als die Hälfte der Feuchtigkeit auf, erklärt der Zweckverband Regionale Abfallwirtschaft in Trier. Der Wasserentzug steigere den Heizwert und mache den Hausmüll sortierfähig. Das war vor rund zwei Jahren der Ansatzpunkt für die Frage, ob dies nicht ideale Bedingungen sind, um den Abfall im Anschluss an die Trocknung zu sieben und zu durchleuchten, damit vor allem Kunststoffe und Metalle aussortiert und die Brennstoffqualität des verbleibenden Mülls optimiert werden kann.

Rund eine Million Euro brachten die beteiligten Kommunen, die im Zweckverband Regionale Abfallwirtschaft (RegAb) zusammengeschlossen sind, und das rheinland-pfälzische Umweltministerium auf, um diesem Ansatz nachzugehen. Wissenschaftlich begleitet wurde das Projekt von Prof. Dr. Thomas Pretz, Leiter des Instituts für Aufbereitung und Recycling an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen (RWTH).

Nach Angaben des Trierer Zweckverbands können aus dem Hausabfall nahezu 50 Prozent mehr wiederverwertbare Kunststoffe aussortiert werden als dies mit dem Gelben Sack möglich ist. In Zahlen bedeute dies, dass 6,4 kg werkstofflich verwertbare Kunststoffe pro Einwohner aussortiert werden könnten, über den Gelben Sack seien es nur rund 4,2 kg pro Einwohner und Jahr, die dieser Verwertung zugeführt werden.

Um den Einsatz von Primärrohstoffen zu reduzieren und den Ressourcenverbrauch zu mindern, mache die werkstoffliche Verwertung aus Hausmüll Sinn, betont der Zweckverband. Doch wirtschaftlich rechne sich der Aufwand für Technik und Vermarktung im Vergleich zu den historisch niedrigen Verbrennungskosten für den unsortierten, getrockneten Siedlungsabfall gegenwärtig nicht. Lediglich für die Biomasse, die 17 Prozent der Gesamtmenge ausmacht, ist eine Herausnahme nach der Ansicht des Wissenschaftlers Pretz angezeigt.

Inwieweit die Biomasse und die in der Region anfallenden Grünabfälle energetisch beziehungsweise stofflich verwertet werden können, werde zurzeit im Rahmen einer mit EU-Mitteln geförderten Studie untersucht, so der Zweckverband. Unabhängig davon sollen die getrockneten Abfälle, die hinsichtlich des Brennwertes dem der rheinischen Braunkohle entsprechen, bis 2016 unverändert als Ersatzbrennstoff in industriellen Kraftwerken eingesetzt werden. „Auch wenn wir bereit wären, für eine nachhaltige Entwicklung die Sortieranlage auszubauen und dafür zehn Millionen Euro in die Hand zu nehmen, birgt die derzeitige Rechtslage ein nicht unerhebliches Investitionsrisiko“ erklärte der Verbandsvorsteher des Zweckverbandes, Landrat Heinz Onnertz, während einer Pressekonferenz zur Vorstellung der Ergebnisse. Er bezieht sich dabei auf den vorliegenden Arbeitsentwurf für die Neuordnung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes, in dem unter anderem die Einführung einer gesonderten Wertstofftonne diskutiert wird. „In einer Wertstofftonne sollen zukünftig nicht nur Verpackungsabfälle, sondern alle verwertbaren Materialien bei den Haushalten getrennt erfasst werden. Die Ausgangssituation für eine Nachsortierung des Abfalls wäre dann eine komplett andere“, erläuterte Onnertz.

„Gleichzeitig hat der Versuch gezeigt, wo finanziell die Wirtschaftlichkeitsgrenze für oder gegen das weitergehende Aufbereiten von Hausmüll liegt“, erklärte Max Monzel, Geschäftsführer des Zweckverbandes. „Das ist ein großer Vorteil, der sich ab 2012 bei der Vermarktung der Ersatzbrennstoffe positiv auswirken wird“, fügte er hinzu. Für den Zweckverband RegAb spricht auch nichts dagegen, das bisherige Konzept, das nach der Europäischen Abfallrahmenrichtlinie eine 100-prozentige Verwertung darstellt, beizubehalten. „Den Bürgern bleibt die Biotonne erspart, Rohstoffe werden energetisch verwertet und die Entsorgungskosten liegen weit unter dem Bundesdurchschnitt“ so Monzel.

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