Die Untersuchung der Kommission ergab, dass 16 große Automobilhersteller (darunter das nicht mit einer Geldbuße belegte Mercedes) und ACEA mehr als 15 Jahre lang wettbewerbswidrige Vereinbarungen trafen und ihr Verhalten im Zusammenhang mit dem Recycling von Altfahrzeugen untereinander abstimmten.
Die Verhaltensabstimmung betraf zwei Aspekte des Altfahrzeug-Recyclings.
- Zum einen vereinbarten die beteiligten Unternehmen, den Demontagebetrieben die Aufarbeitung von Altfahrzeugen nicht zu vergüten. Vielmehr einigten sie sich darauf, das Recycling von Altfahrzeugen als ausreichend rentables Geschäft zu betrachten und mit dieser Begründung den Demontagebetrieben keine Vergütung für ihre Dienstleistungen zu zahlen („Strategie zur Nichtvergütung der Verwertung“). Außerdem tauschten sie sensible Geschäftsinformationen über ihre individuellen Vereinbarungen mit Demontagebetrieben aus und stimmten ihr Verhalten gegenüber diesen ab.
- Zum anderen vereinbarten sie, nicht aktiv zu bewerben, wie viele Teile von Altfahrzeugen wiederverwendbar sind und in welchem Ausmaß recyceltes Material in Neuwagen eingebaut wird. Ihr Ziel war es, Verbraucher daran zu hindern, bei der Wahl eines Fahrzeugs auf Recyclinginformationen zurückzugreifen, was den Druck auf Unternehmen verringern könnte, über die gesetzlichen Anforderungen hinauszugehen.
Die Untersuchung ergab, dass ACEA das Kartell unterstützt und zahlreiche Treffen und Kontakte zwischen den am Kartell beteiligten Automobilbauern organisiert hat.
Die Untersuchung der Kommission bestätigte das Vorliegen einer einzigen, fortgesetzten Zuwiderhandlung im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR), die sich auf den Zeitraum vom 29. Mai 2002 bis zum 4. September 2017 erstreckte. In der folgenden Tabelle sind die an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen und die Dauer ihrer Beteiligung aufgeführt:
Die Geldbußen wurden auf der Grundlage der Leitlinien der Kommission zur Festsetzung von Geldbußen aus dem Jahr 2006 festgesetzt. Dabei berücksichtigte die Kommission verschiedene Aspekte, unter anderem die Anzahl der von der Zuwiderhandlung betroffenen Kraftfahrzeuge, die Art der Zuwiderhandlung, ihre geografische Reichweite und ihre Dauer. Bei der Festsetzung der Geldbuße wurde ferner der geringeren Beteiligung von Honda, Mazda, Mitsubishi und Suzuki an der Zuwiderhandlung Rechnung getragen. Außerdem gewährte die Kommission Renault eine Ermäßigung, da Renault der Beweislage zufolge ausdrücklich gefordert hatte, sich nicht an der Vereinbarung zum Verbot einer Werbung für die Verwendung von Recyclingmaterial in Neufahrzeugen beteiligen zu müssen.
Vier Unternehmen haben im Rahmen der Kronzeugenregelung mit der Kommission zusammengearbeitet:
- Mercedes-Benz wurde die Geldbuße, die ansonsten rund 35 Mio. EUR betragen hätte, wegen der Aufdeckung des Kartells vollständig erlassen.
- Stellantis (einschließlich Opel), Mitsubishi und Ford kamen wegen ihrer Zusammenarbeit mit der Kommission in den Genuss einer Ermäßigung der Geldbuße. Die Höhe der gewährten Ermäßigung hängt sowohl vom Zeitpunkt der Zusammenarbeit als auch von den Beweisen ab, mit denen ein Unternehmen zum Nachweis eines Kartelltatbestands beiträgt. Alle drei Unternehmen erhielten die maximale Ermäßigung, die in der Kronzeugenregelung vorgesehen ist, wenn mehrere Unternehmen Antrag auf Kronzeugenbehandlung stellen.
Darüber hinaus setzte die Kommission die Geldbußen gegen alle Kartellmitglieder gemäß ihrer Mitteilung über Vergleichsverfahren von 2008 um 10 % herab, da sie ihre Beteiligung am Kartell und ihre Haftbarkeit eingestanden haben.
Die Geldbuße von ACEA wegen ihrer unterstützenden Rolle wurde in Form eines Pauschalbetrags festgesetzt. In der Geldbuße wird berücksichtigt, dass alle Automobilhersteller, die Mitglieder von ACEA sind, einzeln mit einer Geldbuße belegt wurden.