„Mit ihrem Beschluss vom Dienstag vergangener Woche haben die EU-Parlamentarier Regelungen verabschiedet, die die Abfallverbringung stark einschränken, wenn nicht gar unmöglich machen. Die Neuregelungen stehen im Gegensatz zum Vorhaben, die europäische Wirtschaft zu einer Kreislaufwirtschaft zu entwickeln“ erklärte BDE-Präsident Peter Kurth.
Das Plenum des Europäischen Parlament hatte am 17. Januar 2023 dem Bericht des Umweltausschusses zum Vorschlag der EU-Kommission für eine Überarbeitung der Verordnung 1013/2006 über die Verbringung von Abfällen (Abfallverbringungsverordnung) zugestimmt und damit neue Regeln für die Abfallverbringung angenommen. Im Mittelpunkt stand dabei der Im- und Export von Kunststoffabfällen innerhalb und außerhalb der EU.
Für Kritik sorgen beim BDE zudem die Regelungen, die nicht nur Kunststoffe betreffen, sondern auch alle anderen Materialien, die zum Recycling in Drittstaaten, die nicht zu den EFTA-Staaten zählen, ausgeführt werden. Nach Verbandsansicht kommen die Regelungen für diese Abfälle einem de-facto-Exportverbot gleich.
Nach Meinung des BDE steht das beschlossene generelle Exportverbot für Kunststoff zum Recycling außerhalb der EU oder der EFTA- Staaten im Widerspruch zum internationalen Recht. Danach sind Handelsbeschränkungen aus Gründen des Umweltschutzes grundsätzlich zulässig, weshalb schon nach dem Basler Umweltschutzübereinkommen ausschließlich sortenreine und vollständig recycelbare Kunststoffe in Nicht-OECD-Drittstaaten verbracht werden. Eine Ausfuhr dieser Materialien hat keine negativen Auswirkungen auf die Umwelt. Genau solche Kunststoffe werden derzeit exportiert, weswegen es völlig unverständlich ist, dass exakt solche Ausfuhren jetzt verboten werden sollen.
Problematisch sind aus Sicht des BDE außerdem die vom Parlament beschlossenen Verschärfungen der Verbringungsregeln für Kunststoffe und andere Abfälle innerhalb der EU, die persistente organische Schadstoffe (POP) enthalten.
Sie sollen künftig unabhängig vom Konzentrationswert des Schadstoffes dem Notifizierungsverfahren, d. h. dem Verfahren der vorherigen Anmeldung, unterliegen. Dies bedeutet, dass auch grün-gelistete Abfälle bei der innereuropäischen Verbringung zur Verwertung nun stets dem Notifizierungsverfahren unterliegen, und zwar unabhängig von der Schadstoffmenge.
Vom BDE kommt hier entschiedener Widerspruch, denn diese Regelung würde in der Praxis dazu führen, dass beinahe sämtliche Verbringungen von Abfällen zum Recycling innerhalb der Europäischen Union notifiziert werden müssten. Die Umsetzung des Beschlusses wäre daher auch ein krasser Widerspruch zum Ziel, mit der Überarbeitung der Abfallverbringungsverordnung, den EU-Binnenmarkt zu entbürokratisieren.
Eine generelle Unterwerfung von Abfällen, die POPs enthalten unter das Notifizierungsverfahren unabhängig vom tatsächlichen Schadstoffgehalt lehnt der Verband daher strikt ab. Allenfalls wäre hier eine grenzwertbasierte Regelung auf Grundlage der POP-Verordnung denkbar. In Anhang IV der POP-Verordnung sind die Grenzwerte für Stoffe festgelegt, bei deren Überschreiten ein Abfall als POP-Abfall gilt und somit nicht mehr recycelt werden darf, sondern entsorgt werden muss. Abfälle, die die Grenzwerte von Anhang IV einhalten, gelten nicht als POP-Abfälle und müssen wiederum recycelt werden. Sie dürfen daher auch für das Recycling innerhalb der EU verbracht werden. In Anhang III („Grüne“ Abfallliste) und Anhang IV („Gelbe“ Abfallliste) der Abfallverbringungsverordnung ist geregelt, welche Abfälle bei der Verbringung innerhalb der EU notifiziert werden müssen und welche nicht. Wenn eine Notifizierungspflicht für die Verbringung von Abfällen mit bestimmten POP-Gehalten eingeführt werden soll, dann sollte dies hier geschehen.
BDE-Präsident Peter Kurth: „Die Beschlüsse des EU-Parlaments sind ein Hemmschuh für die Etablierung einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft; mehr noch: sollten die Entscheidungen des Parlaments umgesetzt werden, wäre dies das Ende der Kreislaufwirtschaft für Kunststoffe. Das Votum der Parlamentarier hat das Potenzial, die Recyclingstrukturen und -Märkte für Kunststoffe innerhalb der EU zu zerstören. Eine Notifizierungspflicht für sämtliche Abfälle, die auch nur die Spur eines POPs enthalten – und insbesondere auch solche, die zum Recycling verbracht werden sollen –, geht völlig an der Realität vorbei, denn beinahe jeder Kunststoffabfall ist marginal von einem POP betroffen. Der Rat muss nun das Votum des EU-Parlaments korrigieren und ein klares Zeichen für eine funktionierende Kreislaufwirtschaft in der EU setzen. Und außerdem: Märkte für Recyclingrohstoffe enden nicht an den Außengrenzen der EU. Deshalb muss auch ein Exportverbot in Drittstaaten verhindert werden!“