Kunststoffe in landwirtschaftlichen Böden

Das Fraunhofer Umsicht und Ökopol haben im Auftrag des Nabu untersucht, aus welchen Quellen welche Mengen an Mikro- und Makroplastik in landwirtschaftliche Böden gelangen. Die Studie bietet einen Gesamtüberblick über Kunststoffemissionen in der Landwirtschaft in Deutschland.
Strohballen werden oft mit Erntegarn gebunden, um sie in Form zu halten und zu fixieren. (Quelle: Nabu/Katharina Istel)

Die Ergebnisse der Studie des Fraunhofer-Instituts für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik (Fraunhofer Umsicht) und des Instituts für Ökologie und Politik (Ökopol)  im Auftrag des Naturschutzbunds Deutschland (Nabu) sollen auch als Basis für weitere Detailuntersuchungen dienen. Ein wichtiges Ziel der Studie sei es zudem, Handlungsempfehlungen zu geben, um zukünftig Kunststoffeinträge in Böden zu verringern.

Bisher existieren nach Angaben des Fraunhofer Umsicht bereits diverse Studien zu Mikro- und Makroplastik in Gewässern. Der Eintrag von Kunststoffemissionen in Böden sei allerdings noch wenig erforscht. Mit Ökopol habe das Institut nun erstmals Mengen und Quellen von Kunststoffeinträgen in landwirtschaftliche Böden in Deutschland bilanziert. Diese umfassen einerseits Kunststoffeinträge, die die Landwirtschaft verantwortet, und andererseits Kunststoffeinträge verursacht durch Dritte. Dazu gehören etwa Littering (weggeworfener Müll), Klärschlamm, Komposte und Gärreste.

Ziele der im Mai publizierten Studie „Kunststoffe in der Umwelt: Emissionen in landwirtschaftlich genutzte Böden“ ist es, Wissenslücken zu schließen, einen ersten Gesamtüberblick zu bieten, Bedarfe für weitere empirische Detailuntersuchungen aufzudecken und erste Handlungsempfehlungen zu geben. In Expertenrunden wurden Akteur*innen der Landwirtschaft und auch aus der Kunststoffindustrie eingebunden. „Unsere Ergebnisse sind eine Einschätzung auf Basis einer Vielzahl von Daten – sowohl Literaturquellen und Fachmeinungen als auch eigene Annahmen und Schätzungen. Der Bericht ist somit nicht als endgültig zu verstehen, sondern als Grundlage für weitere – vor allem experimentelle – Analysen und eine Debatte über das Thema sowie die Entwicklung adäquater Maßnahmen, um Kunststoffemissionen zu reduzieren“, erklärt der Autor der Studie, Jürgen Bertling vom Fraunhofer Umsicht.

Landwirtschaft mit hohem Rezyklatanteil

Laut der Studie verbraucht die deutsche Landwirtschaft circa 1,1 Millionen Tonnen Kunststoff pro Jahr. Sie hat damit einen Anteil von 4,7 Prozent am deutschen Gesamtverbrauch von 23,6 Millionen Tonnen pro Jahr. Beim Kunststoffverbrauch erreicht die Landwirtschaft einen Rezyklatanteil von rund 37 Prozent, ist somit bei der Umsetzung einer Circular Economy anderen Kunststoffanwendungen deutlich voraus.

Insgesamt werden die Kunststoffemissionen in landwirtschaftliche Böden in Deutschland von den Autoren*innen auf mindestens 19.055 Tonnen pro Jahr geschätzt, wovon 15.420 Tonnen (81 Prozent) außerhalb der Landwirtschaft entstehen, und 3.635 Tonnen (19 Prozent) direkt durch die Landwirtschaft verursacht werden. Das bedeutet, dass der durch Dritte verursachte Eintrag an Plastik höher ist als der Anteil, der durch landwirtschaftliche Prozesse selbst verursacht wird.

Hoher Plastikeintrag durch Klärschlamm und Anbau unter Folien

Insbesondere durch den Einsatz von Düngemitteln, Bodenverbesserern, Pflanzenschutzmitteln oder Saatgut werden Emissionen direkt durch die Landwirtschaft verursacht, oder sie entstehen durch die Freisetzung von Kunststoffen im Futter- und Pflanzenbau, bei Pflanzhilfen, Pflanzbehältern oder Bewässerungssystemen. Bestimmte landwirtschaftliche Praktiken führen zu besonders hohen Flächeneinträgen wie Pflanzhilfen im Wein- und Gartenbau, Düngung mit Kompost, Anbau unter Folien, Anwendung von Klärschlamm und Langzeitdünger sowie Bodenverbesserern in Form von Hydrogelen. Für diese Prozesse muss allerdings auch der Eintrag an Kunststoff in landwirtschaftliche Böden gegenüber anderen Umwelteinflüssen abgewägt werden. Beispielsweise reduziert die Verwendung von Folien in der Landwirtschaft den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und ermöglicht erst einen regionalen Anbau von zum Beispiel Erdbeeren oder Spargel.

Recycling bei allen Anwendungen stärken

Die Autor*innen der Studie haben Maßnahmenvorschläge entwickelt, die es Akteur*innen in der Landwirtschaft ermöglichen sollen, Kunststoffemissionen zu verringern. Zum einen wird eine Bildungsinitiative empfohlen, um das Wissen über alternative Praktiken für eine plastikemissionsfreie Landwirtschaft zu vermitteln. Hierzu gehören Informationen darüber, wie Emissionen und ein Kunststoffeinsatz verringert oder völlig vermieden werden können, und wie Kunststoffe im Kreislauf zu führen sind.

Zum anderen gibt die Studie erste Empfehlungen zu neuen regulatorischen und technischen Rahmenbedingungen: Das Recycling sollte bei allen Kunststoffanwendungen gestärkt werden. Besonders wichtig wäre aber eine ausreichende Abbaubarkeit in allen umweltoffenen Anwendungen und solchen, in denen Verluste nicht ausreichend ausgeschlossen werden können. Für ein umfassendes und notwendiges Umweltmonitoring ist weiterhin eine geeignete und reproduzierbare Messmethodik für Kunststoffe in Böden erforderlich. Auf politischer Ebene empfehlen die Autor*innen beispielsweise, Grenz- und Schwellenwerte für Kunststoffe als Fremdstoffbestandteile deutlich zu verschärfen.

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