Aus Plastikmüll wird Rohstoff

Das Europäische Patentamt (EPA) gibt die Nominierung der österreichischen Erfinder und Geschäftsführer Klaus Feichtinger und Manfred Hackl für den Europäischen Erfinderpreis 2019 als Finalisten in der Kategorie „Industrie“ bekannt.
Mit Pilzen ökologische Verpackungen züchten: Eben Bayer und Gavin McIntyre (v.l.n.r.) als Finalisten für den Europäischen Erfinderpreis 2019 nominiert. (Foto: EPA)

Damit werden ihre Entwicklungen für ein effektiveres Kunststoffrecycling gewürdigt: Ihre Technologie bereitet Abfälle zu hochwertigen Pellets auf, die das Ausgangsmaterial für neue Produkte bilden, so das Europäische Patentamt weiter. Ihre Technologie wird über EREMA vermarktet, eine Tochter der EREMA Group GmbH, die Hackl und Feichtinger mehrere Jahre gemeinsam führten. Die Firma betreibt heute in 108 Ländern entsprechende Maschinen und ist Weltmarktführerin für Systeme und Technologien im Bereich des Kunststoffrecycling.

„Die Technologie von Feichtinger und Hackl schließt den Kreislauf beim Kunststoffrecycling. Die Erfinder haben einerseits die Effizienz der Verwertung gesteigert und andererseits ein besseres Endprodukt entwickelt. Das ist für die Wirtschaft eine gute Nachricht“, sagte EPA-Präsident António Campinos über die Nominierung des Erfinder-Teams für den Europäischen Erfinderpreis 2019. „Mit ihrem Beispiel zeigen sie, wie Vordenker und Innovationen aus der Industrie dazu beitragen können, ein drängendes ökologisches Problem erfolgreich anzugehen und damit die Gesellschaft grüner zu machen.“

Die Gewinner des jährlichen Innovationspreises des EPA werden 2019 im Rahmen einer Galaveranstaltung am 20. Juni in Wien bekannt gegeben.

Innovative Gegenstromtechnologie

Die österreichischen Erfinder Klaus Feichtinger und Manfred Hackl konzentrieren sich darauf, den Recycling-Prozess so effizient wie möglich zu gestalten. Dafür entwickeln und bauen sie Maschinen, mit deren Hilfe die Industrie Kunststoffabfälle aufarbeiten und als wertvolle Ressource wiederverwenden kann. Die Anlagen selbst seien manchmal so groß wie Busse. Sie transportieren den Kunststoffabfall über Förderbänder, schneiden, mischen, erhitzen, trocknen und verdichten ihn. Ein Schneidverdichter dient als Zwischenspeicher, bevor das Material im Extruder plastifiziert, homogenisiert und gereinigt wird, heißt es weiter. Das zentrale Element in diesem Prozess ist Hackl und Feichtingers patentierte „Counter-Current“-Technologie.

Früher drehte sich das Kunststoffgemenge im Schneidverdichter und die Wellenschnecke im Extruder in derselben Richtung. In der Schnecke wird der Materialfluss dann nur unregelmäßig verdichtet. Die „Counter-Current“-Technologie kehrt das Prinzip um und bewegt das Material entgegengesetzt zum Durchfluss des Extruders. Hackl erklärt das Prinzip an einem Beispiel: „Es ist etwa so, als ob Sie am Bach Wasser schöpfen: in Flussrichtung füllt sich der Becher nur zum Teil. Halten Sie ihn entgegen der Strömung hinein, ist er permanent ganz voll“. Feichtinger fährt fort: „Es stellte sich heraus, dass der Füllprozess damit viel besser lief – der Durchfluss war stabiler. Ein weiterer Pluspunkt war die Erkenntnis, dass so auch die Qualität stark verbessert werden kann.“ Er fügt hinzu: „Die Grundidee zu skizzieren, hat mich nur etwa 15 Minuten gekostet. Der detaillierte Maschinenbau und die Optimierung – sowie die Maßstabsvergrößerung der verfahrenstechnischen Prozesse (Scale up) – dauerten natürlich viel länger. Wir haben es ausprobiert und festgestellt, dass es funktioniert.“

Mit dieser Erfindung kann der Extruder in kürzerer Zeit mehr Kunststoff bewältigen . Darüber hinaus ist die Verarbeitung auch bei niedrigen Temperaturen möglich. Das führt insgesamt zu mehr Durchsatz in der Produktionslinie und zu besserer Qualität. Die „Counter-Current“-Technologie steigert die Produktivität und ermöglicht auch bisher nicht verwertbaren Abfall zu nutzen, beispielsweise stark bedruckte Kunststofffolien von Konsumgüterverpackungen.

Rege Erfinder

Feichtinger und Hackl haben fast ihre gesamte berufliche Laufbahn der effizienten und technisch ausgereiften Aufbereitung von Kunststoffen gewidmet. Sie haben gemeinsam 37 europäische Patente auf ihre Recycling-Erfindungen. Selbst verstehen sie sich als Pioniere der Kreislaufwirtschaft: ein Konzept, das darauf zielt, Abfall zu minimieren und Ressourcen immer wieder zu nutzen. Für Hersteller bedeutet dies, bei der Entwicklung eines Produkts zugleich dessen Recycling und Wiederverwendung am Ende der Nutzungsphase mit einzuplanen.

Die österreichischen Erfinder fördern diesen Ansatz nicht allein durch ihre Technologie, die immer weitere Arten von Kunststoffabfällen recycelbar macht, sondern auch durch die starke Präsenz von EREMA. Hackl ist bis heute CEO der EREMA Group GmbH, während Feichtinger, kürzlich von der Position des CEOs zurückgetreten, sein Know-how als Manager im Bereich des geistigen Eigentums und der neuen Technologien einbringt. Mehr als 6 000 Recycling-Systeme von EREMA sind heute im Einsatz. Ihre Maschinen produzieren insgesamt jedes Jahr bereits mehr als 14,5 Millionen Tonnen Kunststoffpellets. Der globale Markt für Kunststoffrecycling betrug im Jahr 2017 31,7 Milliarden Euro und soll bis 2024 um rund 6,5 Prozent pro Jahr auf 49,3 Milliarden Euro wachsen.

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