Streit zwischen Getränkekartonherstellern und Umwelthilfe um Umweltfreundlichkeit

Die Deutsche Umwelthilfe behauptet, die Umweltfreundlichkeit von Getränkekartons widerlegt zu haben. Der Fachverband Kartonverpackung für flüssige Nahrungsmittel kontert, die Kritik sei sachlich nicht gerechtfertigt, unfair und "teilweise absurd".

Zur Presseinformation der Deutschen Umwelthilfe (DUH) „Das Märchen vom umweltfreundlichen Getränkekarton“ vom 27.11.2014 erklärt der Geschäftsführer des Fachverbandes Kartonverpackungen für flüssige Nahrungsmittel (FKN), Michael Brandl: „Mit nachweislich falschen Behauptungen und abenteuerlichen Zahlenspielchen versucht die DUH seit Jahren, den Status des Getränkekartons als ökologisch vorteilhafte Verpackung zu erschüttern. Erklärtes Ziel ist, eine Bestrafung durch Bepfandung des Getränkekartons zu erreichen.“

Die „Skandalisierungs-Profis der DUH“ hätten mit der „Mehrwegallianz“, die solche Kampagnen gegen den Getränkekarton finanziere, geglaubt, so eine Rückkehr der Mehrwegflasche bei Fruchtsäften in die Regale des Handels erreichen zu können. Brandl weiter: „Das Ärgerliche daran ist, dass auch aktuelle ISO-konforme Ökobilanzen der Getränkekartonhersteller, die den Befund der Studien des Umweltbundesamtes aus 2002 bestätigen, als ‚Auftragsgutachten‘ diskreditiert werden. Dagegen maßt sich die DUH an, eigene ‚Studien‘ und ‚Berechnungen‘ als Wahrheiten zu verkaufen und zu behaupten, der Getränkekarton sei eindeutig nicht ökologisch vorteilhaft. Dabei wird grob gegen wissenschaftliche Grundsätze wie die Überprüfbarkeit der Ergebnisse, Repräsentativität der Stichprobe etc. verstoßen. Aber selbst das Engagement der Hersteller für eine nachhaltige Waldbewirtschaftung und den Forest Stewardship Council (FSC) wird für Angriffe gegen die Branche genutzt.“

„Völlig absurd“ sei außerdem der im Magazin Der Stern geäußerte Vorwurf, die Branche wolle der Öffentlichkeit weismachen, dass Pappkartons auf deutschen Bäumen wachsen. Es mache keinen Unterschied, ob FSC-zertifiziertes Holz aus deutschen oder skandinavischen Nutzwäldern, die nachhaltig bewirtschaftet werden, kommt.

Die Deutsche Umwelthilfe hatte in einer Meldung vom 27.11.2014 gefordert, die ökologische Vorteilhaftigkeit solle Getränkekartons aberkannt werden. Diese sollten außerdem mit einer Pfandpflicht belegt werden.

„Getränkekartons sind heute schwerer und bestehen immer mehr aus Plastik und weniger aus Zellstoff. Außerdem werden tatsächlich viel weniger Getränkekartons recycelt als vom Fachverband Kartonverpackungen für flüssige Nahrungsmittel FKN behauptet – nämlich gerade einmal 36 und nicht 71 Prozent“, sagte der DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Getränkekartons seien daher eindeutig nicht ökologisch vorteilhaft. Wer etwas anderes behauptet, täusche die Verbraucher.

Resch fordert Bundesumweltministerin Hendricks auf, Getränkekartons den Status als ökologisch vorteilhafte Verpackung abzuerkennen und sie in die Einwegpfandpflicht einzubeziehen.

Nach Einschätzung der DUH führt der aus den Marktführern Tetra Pak, SIG und ELOPAK bestehende Verband FKN seit Jahren die Verbraucher in die Irre, indem er Getränkekartons als besonders umweltfreundlich darstellt. DUH-Analysen kommen allerdings zu dem Schluss, die Berechnungsmethodik des FKN zur Ermittlung der Recyclingquote lasse wesentliche Verluste während des Recyclingprozesses unberücksichtigt – darunter Fehlsortierungen, Restfeuchte, Anhaftungen und die Verbrennung des Plastikanteils. Die Analysen des Umweltbundesamts (UBA) aus den Jahren 2000 und 2002, die zur Befreiung von der Pfandpflicht führten, gingen von einer Recyclingquote von 64 Prozent aus.

Auch das Gewicht, die Materialzusammensetzung und die Herstellung von Getränkekartons spielten für die Ökobilanz aber eine wichtige Rolle. „Vor zehn Jahren wog ein Getränkekarton im Durchschnitt 26 Gramm pro Liter. Heute sind es durchschnittlich 35 Gramm pro Liter“, erklärt der DUH-Bereichsleiter für Kreislaufwirtschaft Thomas Fischer. Damit sei die Verpackung knapp 35 Prozent schwerer geworden. Mit dem steigenden Gewicht würden mehr Ressourcen für die Herstellung benötigt und mehr CO2 beim Transport ausgestoßen.

Getränkekartons bestehen laut DUH außerdem immer mehr aus Kunststoff, weil sie heute standardmäßig einen Plastikverschluss besitzen. Dieser erhöhe die Klimagasemissionen eines Getränkekartons um 20 Prozent. Insgesamt habe sich der Plastikanteil von 21 auf heute durchschnittlich 27 Prozent erhöht. „Dem Kunden wird eine Kunststoffverpackung mit Papierüberzug als Getränkekarton verkauft – das ist absurd“, kritisiert Fischer und verweist darauf, dass viele Getränkekartons inzwischen über Plastikoberteile verfügen. Das Modell Tetra Top Base 1000CB besteht sogar zur Hälfte aus Polyethylen. Gleichzeitig setzten die Hersteller den nachwachsenden Rohstoff Papier immer weniger ein. Dessen Anteil sei von 74 auf 70 Prozent gesunken, was die Ökobilanz von Getränkekartons zusätzlich verschlechtere.

Weil für die Produktion der Getränkekartons besonders lange Holzfasern notwendig sind, für die nur Neumaterial in Frage kommt, müssten immer mehr Bäume abgeholzt werden – aus alten Getränkekartons würden keine neuen. Das Material für die Getränkekartonherstellung stamme überwiegend aus langsam wachsenden Hölzern aus Skandinavien und nicht aus Deutschland.

Die DUH bietet zu ihrer Meldung ein Hintergrundpapier (PDF) zum Download an. Die FKN kontert mit einem Faktencheck, der heute ab 14 Uhr online verfügbar sein soll.

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