bvse: Rolle der dualen Systeme muss sich ändern

Die Diskussion um das Wertstoffgesetz hat durch die Bekanntgabe der Sektorenuntersuchung „Duale Systeme“ durch das Bundeskartellamt noch einmal an Fahrt zugelegt. bvse-Präsident Bernhard Reiling ist dabei der Überzeugung, "dass die bisherige Verpackungsverordnung keine Zukunft mehr hat".

Damit kann sich der Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung (bvse) nicht den Äußerungen des Bundeskartellamtes anschließen, das den dualen Systemen Kosteneinsparungen und Qualitätsverbesserungen beim Recycling bescheinigt hat. Es werde dabei völlig verkannt, so der bvse, dass der eigentliche Innovationsträger die mittelständisch strukturierte Recyclingbranche sei. Für den bvse sind die dualen Systeme vielmehr in ihrer gegenwärtigen Rolle „eher Teil des Problems“. Es komme deshalb darauf an, so bvse-Präsident Reiling, deren Aufgabe auf die Lizenzierung der Verlaufsverpackung und damit auf die Finanzierung der Erfassung zu beschränken.

„Wir erwarten daher von einer Neuordnung der Verpackungsentsorgung in einem Wertstoffgesetz, oder in welchem rechtlichen Konstrukt auch immer, ganz klar, dass die Rolle der dualen Systeme wieder auf ihre Gewährleistungsfunktion für die Erfassung und Verwertung der Verpackungsmaterialien beschränkt wird“, ergänzt bvse-Hauptgeschäftsführer Eric Rehbock.

“Verschiebebahnhof Branchenlösungen“

Nach wie vor gebe es erhebliche Auseinandersetzungen zwischen den dualen Systemen über die lizenzierten Mengen. Nach wie vor wird versucht, auf Kosten der jeweils anderen, Vorteile zu generieren. Es findet ein Verschiebebahnhof in die sogenannten Branchenlösungen statt. Bisher gebe es kein Mittel, dieser Entwicklung einen Riegel vorzuschieben, äußert der bvse starke Kritik.

Nach wie vor verstünden die Bürger nicht, warum zwar Kunststoffverpackungen in den Gelben Sack oder die Gelbe Tonne gehörten, andere nicht mehr brauchbare Kunststoffprodukte jedoch in die Beseitigungstonne geworfen werden müssen. Nach wie vor sei der Anteil der Abfälle, die nicht stofflich, sondern thermisch verwertet werden, viel zu hoch. Außerdem bestehe das Problem, dass sich die dualen Systeme mit der Rolle der Gewährsträger für die Verwertung der Verpackungsabfälle nicht zufrieden geben würden, sondern sich das Eigentum an den Wertstoffen sicherten, um sie, wie der bvse sagt, wettbewerbsfrei, in die eigenen Verwertungsstrukturen zu geben.

Kein fairer Wettbewerb

Eric Rehbock: „Kurz gesagt: Wir recyceln zu wenig. Wir haben keinen fairen Wettbewerb. Das gegenwärtige System ist nicht verbraucherfreundlich und außerdem unterfinanziert. So kann und so wird es nicht weitergehen. Wir erwarten daher von einer Neuordnung der Verpackungsentsorgung in einem Wertstoffgesetz ganz klar, dass die Rolle der Dualen Systeme wieder auf ihre Gewährleistungsfunktion für die Erfassung und Verwertung der Verpackungsmaterialien beschränkt wird.“

Bisher seien 27,7 Kilogramm pro Einwohner und Jahr, und zwar inklusive Fehlwürfe, gesammelt worden. Mit Einführung der Wertstofftonne können zukünftig nach Schätzung des bvse 34,7 Kilogramm pro Einwohner und Jahr werden. Deshalb ist der bvse dafür, die Wertstofftonne einzuführen. „Weil wir so die Chance haben, tatsächlich alle verwertbaren Abfälle aus den privaten Haushalten so effizient wie möglich einer weiteren industriellen Nutzung zuzuführen“, erklärt der bvse-Präsident. Auch die Recyclingquote der schon bisher gesammelten Wertstoffe, insbesondere im Kunststoffbereich, müsse deutlich verbessert werden. „Das Erreichen der momentan geltenden Quoten ist kein wirklich anspruchsvolles Unterfangen.“

Es gehe darum, so der Entsorgerverband, einen gangbaren Weg aufzuzeigen, wie die Wertstofftonne eingeführt werden kann. Schließlich bedeute die Wertstofftonne nichts anderes, als dass Verpackungsabfälle mit anderen stoffgleichen Abfällen gemeinsam erfasst werden würden, die bisher im Restabfall landeten, also an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger überlassen werden mussten. Wenn die Wertstofftonne eingeführt werden soll und wenn es dabei fair zugehen soll, dann müsse ein vernünftiger Ausgleich zwischen den kommunalen wie gewerblichen Interessen hergestellt werden.

Nicht Sammeltätigkeit mittelständischer Entsorger weiter zurückdrängen

Wer erreichen will, dass mehr Sekundärrohstoffe gewonnen und in den Wirtschaftskreislauf zurückgeführt werden, müsse kommunalen oder privaten Monopoltendenzen entgegenwirken, ist der Verband überzeugt. Eine Neuregelung der Verpackungsentsorgung in einem neuen Wertstoffgesetz dürfe daher nicht dazu führen, dass die Sammeltätigkeit mittelständischer Entsorgungsunternehmen weiter zurückgedrängt werde. Es müsse daher für die Einführung der bundesweiten Wertstoffsammlung sichergestellt werden, dass regionale und kleinteilige Ausschreibungen durchgeführt werden können.

Bernhard Reiling: „Auch aus diesem Grund haben wir den Vorschlag gemacht, dass die Kommunen als öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger die Ausschreibung und die Auftragsvergabe durchführen können. Über die Ausschreibung können die Kommunen die regionalen Belange einbringen und bleiben auch während der Vertragslaufzeit Herr des Verfahrens.“

Deshalb sieht der Vorschlag des bvse regionale, kleinteilige und zeitlich differenzierte Ausschreibungen und Vergaben durch die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger vor. Für Sammlung und Transport genauso wie für die Sortierung und Verwertung der Verpackungsmaterialien. Das eröffne gerade kleinen und mittelständischen Unternehmen die Chance, sich auch weiterhin erfolgreich um Aufträge zu bewerben.

Dass diese Ausschreibungen von den Kommunen neutral durchgeführt werden sollen, sei deshalb auch keine Kommunalisierung, sondern eine Stärkung des Wettbewerbs. Eric Rehbock: “Wir sind allerdings auch der Meinung, dass es bei einer solchen Lösung zu keiner Privilegierung kommunaler Unternehmen kommen darf. Wir lehnen deshalb die Inhouse-Vergabe ab und erwarten von den kommunalen Unternehmen, dass sie sich dem Wettbewerb stellen.“

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