Rund die Hälfte der Altkleider verschwinden ins Ausland

Über 1,6 Milliarden Kleidungsstücke werden pro Jahr in Deutschland in Altkleidercontainern entsorgt oder anderweitig gespendet. Rund die Hälfte davon wird in anderen Ländern weitergetragen. Andreas Voget, Geschäftsführer bei FairWertung warnte im ZDF allerdings vor den schwarzen Schafen der Branche.

Viele Spender wissen so gar nicht, wo die Ware landet, was mit ihr passiert. Eine Fernsehreportage der ZDF-Reihe planet e zeigte vor kurzem anhand verschiedener Beispiele, wohin die Gebrauchtschuhe und Kleidungsstücke gehen und wofür sie genutzt werden. Die meisten Wohlfahrtorganisationen, wie das Kolpingwerk oder das Deutsche Rote Kreuz, verkauften die in den Containern gesammelten Kleidungsstücke an gewerbliche Sammelbetriebe, berichtet das deutschlandweite Schuhsammelprojekt SHUUZ in einer Mitteilung von der Sendung.

Worin sie sich allerdings explizit unterscheiden würden: Es gebe Sammelorganisationen, die eine vorbildliche Transparenz betreiben und die Sammler darüber informieren würden, was mit den gesammelten Schuhen und Kleidern passiere. Andere geben laut dem ZDF-Fernsehbericht dagegen keinerlei Hinweise darauf, wo die Sammelstücke tatsächlich landen.

Nur zwei Prozent der gesammelten Ware gingen an deutsche Kleiderkammern, wo sie kostenlos an Bedürftige weitergegeben werden. Obwohl die Gebrauchtware teilweise in einem neuwertigen Zustand sei, sei der Bedarf in Deutschland, selbst bei den sozial Schwachen, nicht größer. Der große Rest werde an kommerzielle Sammelunternehmen und Sortierbetriebe verkauft und laut planet e-Bericht mit nur maximal 50 Euro pro Tonne vergütet. Von dem Geld könnten die gemeinnützigen Einrichtungen wiederum soziale Projekte finanzieren.

Ware der ersten Kategorie geht meistens nach Osteuropa

Die Ware der ersten Kategorie gehe hauptsächlich nach Osteuropa, in Länder wie Russland, Rumänien und der Ukraine. Die Gebrauchtware der Kategorie zwei gehe dagegen überwiegend nach Afrika. In Kategorie drei seien all die Kleidungsstücke zusammengefasst, die zwar nicht mehr getragen, dafür aber recycelt werden können. Letzteres treffe auf etwa 40 Prozent der Stücke zu. Diese würden zu Granulat verarbeitet, das beispielsweise in Dämmmaterialien für Autos oder Haushaltsgeräten verwendet wird. „Davon profitiert vor allem die Umwelt enorm“, erklärt das SHUUZ Projektbüro, das unter anderem Schulen, Jugendzentren, Vereine, Kindergärtenbei der Durchführung von Gebrauchtschuhsammlungen unterstützt. Leidglich zehn Prozent der Textilien und Schuhe seien komplett unbrauchbar und landeten im Müll.

Andreas Voget, Geschäftsführer bei FairWertung, dem Dachverband für Altkleidersammelorganisationen, meldete sich im ZDF ebenfalls zu dem Thema zu Wort, wie SHUUZ berichtet. Da er die sozialen und ökologischen Aspekte des Gebrauchtkleidersammelns seit langem unter die Lupe nimmt, warnt er die Menschen vor den schwarzen Schafen der Branche. „Manchmal existiert nicht mal eine Adresse oder gültige Telefonnummer. Wir wissen weder wo die Kleidung hingeht, noch was damit passiert oder, ob sie ordentlich sortiert wird“, so Altkleiderexperte Voget. „Es sollte immer ermittelbar sein, wer hinter einer Sammlung steckt.“ Voget forderte deshalb deutlich mehr Transparenz von den Sammelorganisationen.

Deutscher „Wohlstandsmüll“ wird anderswo Teil der Wertschöpfungskette

Rund die Hälfte der 1,6 Milliarden weggeworfenen Gebrauchtkleiderstücke werde in anderen Ländern weitergetragen. Besonders in Osteuropa steige die Nachfrage nach deutscher Gebrauchtware rapide. Dafür gebe es mehrere Gründe: Die lokale Produktion von Neuware sei mit der Zeit vor allem durch die deutlich billiger produzierende und niedrigere Löhne zahlende Konkurrenz aus Asien verdrängt. Auch die Wirtschaftskrise von 2008 spiele eine Rolle. Und nicht zuletzt die meist überdurchschnittliche Qualität deutscher Kleidungsstücke, so SHUUZ.

In Russland und anderen Ländern verdienten mit dem „Wohlstandsmüll“ aus Deutschland viele Menschen ihren Lebensunterhalt. Vor allem Frauen lebten vom Second-Hand-Handel. Osteuropäische Importeure kauften die Ware von deutschen Sammlern auf und würden sie an ihre Kunden weitergeben. Dabei handele es sich um Einzelhändler, die dafür wiederum mehrere Arbeitnehmer im Verkauf beschäftigen und die Ware in Second-Hand-Läden oder auf dem Markt anböten.

Die Altkleider und Gebrauchtschuhe seien dort längst Teil einer Wertschöpfungskette geworden und würden vielen Menschen zu einem Einkommen verhelfen. Vom Sammeln und Wiederverwerten gebrauchter Schuhe profitierten nicht nur viele Menschen, sondern in hohem Maße auch die Umwelt. . Auch ökologisch ist das Weitertragen der weggeworfenen Textilien und Schuhe eine kluge, sinnvolle Lösung.

SHUUZ-Sammelprojekt klärt gezielt auf

Dass es auch anders, nämlich transparent und fair gehe, zeige das deutschlandweite Schuhsammelprojekt SHUUZ. Das Projekt, bei dem primär Schulen, Kindergärten, Vereine und andere Institutionen angesprochen werden, hat es sich eigenen Worten zur Aufgabe gemacht, durch gezielte Aufklärung sinnvolle Schuhsammelaktionen durchzuführen, um das unachtsame Wegwerfen gebrauchter, noch gut erhaltener Schuhe zu verhindern.

SHUUZ stelle allen Sammlern kostenlos Sammelkartons sowie die komplette Logistik zur Verfügung und zahle darüber hinaus einen fairen Erlös für die gesammelten Schuhe, erklärt das Bochumer Projektbüro. Mit dem Sammelerlös können die Einrichtungen sinnvolle Investitionen in ihrer Einrichtung unterstützen, beispielsweise die Anschaffung von Bildungs- und Spielmaterialien, oder das Geld als Spende für einen guten Zweck zur Verfügung stellen.

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