Tausche: Briefe gegen Altpapier

In Frankreich wird bisher nur wenig Altpapier aus dem gewerblichen Bereich eingesammelt. Dies will die hiesige Post nun ändern und bietet Klein- und Kleinst- unternehmen an, bei der Postlieferung gleich das Altpapier mitzunehmen. Altpapier ist ein schwer umkämpfter Rohstoff. Die Nachfrage steigt weltweit. In Deutschland hat diese Entwicklung längst zu einer umfassenden Markbesetzung geführt: Laut Umweltbundesamt wurden 2009 in Deutschland 83 Prozent des Papiers nach Gebrauch wieder eingesammelt.

Von Elisa von Grafenstein, erschienen im RECYCLING magazin 23/11.

In Frankreich sieht die Situation anders aus. Während in Deutschland im Jahr 2008 laut europäischem Datenservice rund 16,1 Millionen Tonnen Altpapier und Pappe anfielen, sind es in Frankreich nur 8,1 Millionen Tonnen. Nach Angaben der französischen Post wird ein Großteil des Büroaltpapiers nicht eingesammelt. „Wir schätzen, dass in Frankreich nur 20 Prozent des Papiers kleiner und mittelständischer Unternehmen recycelt wird“, sagt Pressesprecher David Drujon. „In den großen Unternehmen ist der Altpapiersektor relativ gut organisiert. Bei den kleineren und sehr kleinen ist das nicht der Fall.“ Dort werde das Altpapier oft nicht sortiert und lande im Restmüll.

Papiermangel ausgleichen

Dabei fällt gerade in Unternehmen viel Altpapier an: Nach Angaben des Verbands Deutscher Papierfabriken benötigen etwa Presse und Druck, Büro und Kommunikation fast die Hälfte des inländischen Papierverbrauchs von knapp 20 Millionen Tonnen. Daher fallen auch etwa 45 Prozent des eingesammelten Altpapiers im gewerblichen Bereich an.

Es ist nicht überraschend, dass laut französischer Post bei manchen Papierherstellern in Frankreich Mangel an Altpapier herrscht. Diese Marktlücke will die französische Post La Poste nun besetzen, indem sie das Altpapier-Sammelunternehmen „Nouvelle Attitude“ gekauft hat. Die Firma, die sich der Wiedereingliederung Arbeitsloser verpflichtet hat und vom Staat gefördert wird, hat sich auf das Sammeln von Büropapier spezialisiert.

Künftig sollen die Briefträger, wenn sie abends Briefe in Klein-und Kleinstunternehmen abholen, gleich das anfallende Altpapier mitnehmen. Die Mitarbeiter von „Nouvelle Attitude“ sortieren das Altpapier, das dann an Papierhersteller aus der Region verkauft wird. La Poste hat das Projekt bereits im Département Essonne getestet und weitet es nun in Pilotprojekten auf Loiret, Eure-et-Loire und Yvelines rund um Paris aus.

Im kommenden Jahr will das Unternehmen dann nach und nach alle Départements mit einbeziehen. „Wir rechnen damit, dass etwa 500.000 bis 900.000 Tonnen Altpapier in kleinen Unternehmen nicht sortiert werden.“ Ziel der Post sei es, bis 2015 rund ein Fünftel davon einzusammeln.

Potenzial in Deutschland ausgereizt

Für Deutschland gibt es vergleichbare Pläne bislang nicht. Die Deutsche Post plant nach eigenen Angaben nicht wie ihre französische Schwester ins Altpapiergeschäft einzusteigen. Es habe nie Überlegungen in diese Richtung gegeben, erklärt ­Christina Müschen von der Pressestelle der Deutschen Post DHL: „Die Frage stellt sich hier nicht, weil das Einsammeln von Altpapier in Deutschland sehr gut organisiert ist.“
Tatsächlich ist das Sammelpotenzial in Deutschland im gewerblichen Bereich ohnehin ausgereizt, wie Jörg Lacher, Pressesprecher des Bundesverbands Sekundärstoffe und Entsorgung (bvse) betont. „Wir haben ein sehr gut funktionierendes Sammelsys­tem im gewerblichen Bereich“. Es gibt eher Bestrebungen, die Mengen im haushaltsnahen Bereich noch zu erhöhen. „Über Abholsysteme kann man deutlich mehr Altpapier erfassen, als über die teilweise noch bestehenden Bringsysteme“, so Lacher. x Elisa v

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