BMU: Fossiles Zeitalter geht zu Ende

Zum ersten Mal in der Geschichte der Weltklimakonferenzen gibt es in der Abschlusserklärung eine von allen Staaten akzeptierte Einigung auf eine beschleunigte globale Energiewende weg von der Kohle und auf den Abbau von Subventionen für fossile Energien.
Foto: jan mesaros; pixabay.com

Die internationale Klimapolitik formuliert damit ein neues wirtschaftliches Leitbild. Traditionell ging es bei Weltklimakonferenzen vor allem darum, dass Staaten sich Ziele setzen – nun geht es erstmals auch darum, wie sie diese Ziele erreichen. Deutschland gehörte zu den Wegbereitern dieser weltweiten Verständigung – als Verhandlungsführer für die EU sowie als Teil einer neuen Partnerschaft, die Südafrika beim Kohleausstieg unterstützt und die als Blaupause für weitere solche Partnerschaften dienen soll.

Bundesumweltministerium Svenja Schulze: „Glasgow bringt eine deutliche Beschleunigung für den Klimaschutz, und mehr Tempo ist auch erforderlich. Die 20er Jahre sind das Jahrzehnt, in dem die Weltgemeinschaft die entscheidenden Fortschritte machen kann und muss. Diese Konferenz hat gezeigt, dass die Welt ein gemeinsames Ziel verfolgt, eine klimaneutrale Weltwirtschaft. Das fossile Zeitalter geht zu Ende, die Energiewende wird weltweit zum Leitbild. Die Aussagen zum Kohleausstieg hätte ich mir eindeutiger gewünscht, aber der Weg ist jetzt vorgezeichnet und wird unumkehrbar sein. Die Verständigung zum Energiesektor öffnet die Tür, um bei künftigen Weltklimakonferenzen auch in weiteren Bereichen die konkrete Abkehr von fossilen Energien zu beschreiben. Um das 1,5 Grad-Ziel noch zu erreichen, wird die Welt die Taktzahl, in der sie die Fortschritte des Pariser Abkommens überprüft, deutlich erhöhen. Ziele sind wichtig für den Klimaschutz, aber Wirklichkeit wird der 1,5 Grad-Pfad nur, wenn man ihn gemeinsam geht und praktisch umsetzt. Das funktioniert mit realen Fortschritten bei Windrädern, Solaranlagen, Stromnetzen, Ladesäulen, Wäldern, Mooren oder grünen Stahlfabriken.“

Alle 197 Staaten haben sich auf der Weltklimakonferenz auf weitreichende Beschlüsse für mehr Klimaschutz und mehr Solidarität mit den heute schon am schwersten vom Klimawandel betroffenen Ländern geeinigt. Die Staatengemeinschaft erkennt die wissenschaftlichen Erkenntnisse an, dass die Welt beim Klimaschutz in diesem Jahrzehnt deutlich mehr tun muss, um die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Darum werden die Staaten aufgefordert, schon im nächsten Jahr ihre bestehenden Klimaziele für die 20er Jahre zu verbessern. Das ist eine deutliche Beschleunigung gegenüber dem Pariser Abkommen, das erst für 2025 die Vorlage neuer, besserer Klimaziele für die 2030er Jahre vorsieht. Die EU hat ihr Klimaziel für 2030 bereits deutlich erhöht, zahlreiche weitere große Volkswirtschaften waren nachgezogen. Dass China am Rande der Konferenz nun ebenfalls eine Erhöhung seiner Klima-Ambition für das nächste Jahr angedeutet hat, gehört zu den Erfolgen dieser Konferenz. Künftig soll zudem nicht nur alle fünf Jahre, sondern jährlich weltweit überprüft werden, wie groß die Lücke zur Erreichung des 1,5 Grad-Ziels noch ist. Das bedeutet eine weitere deutliche Beschleunigung des internationalen Klimaschutzes in den 2020er Jahren.

Weiteres zentrales Element der Abschlusserklärung ist die Solidarität mit den Staaten, die bereits heute stark unter dem Klimawandel leiden. Die Hilfen für die Anpassung an die nicht mehr vermeidbaren Folgen des Klimawandels sollen bis 2025 verdoppelt werden. Deutschland stellt derzeit 2 Milliarden Euro für die Anpassungsfinanzierung bereit und zählt damit zu den führenden Gebern.

Auch Verluste und Schäden durch den Klimawandel, die vor allem Inselstaaten zum Beispiel heute bereits an ihren Küsten und Infrastrukturen erleiden („Loss and Damage“), wurden prominent in der Abschlusserklärung behandelt: Deutschland hat hier zu einer Einigung beigetragen, indem es kurz vor Abschluss der Konferenz 10 Millionen Euro zugesagt hat, um Lösungen für den Umgang mit Schäden und Verlusten zu suchen. Das Thema wird dann auf der nächsten Weltklimakonferenz 2022 in Ägypten auf der Tagesordnung stehen. Svenja Schulze: „Das ist ein wichtiges Signal dafür, dass wir Industriestaaten das Thema ernst nehmen. Ich habe meiner ägyptischen Kollegin, der nächsten COP-Präsidentin, angeboten, dem Thema „Verluste und Schäden“ auf dem nächsten Petersberger Klimadialog eine zentrale Rolle zu geben. Das ist mir sehr wichtig, denn hier geht es um Entwicklungsländer, die starke Schäden durch den Klimawandel fürchten müssen, und die selbst nichts zum Klimawandel beigetragen haben.“

Ein Meilenstein in den Verhandlungen war der Abschluss des sogenannten Regelbuchs zur Umsetzung des Pariser Abkommens. Geregelt wurde etwa, dass künftige Klimaziele für fünf Jahre vorgelegt und nach einheitlichen Standards und Formaten berichtet werden. Bei der Frage, wie künftig Emissionsminderungen zwischen Staaten gehandelt werden können, gab es ebenfalls eine Einigung. Dabei ist es gelungen, Schlupflöcher bei der Anrechnung von Emissionsminderungen auszuschließen. Für den Gesamterfolg der Konferenz nötig war zugleich ein Zugeständnis an die Entwicklungsländer, alte Emissionsminderungszertifikate in einem begrenzten Umfang verwenden zu können. Die Europäische Union hatte bereits vor der Konferenz beschlossen, dass sie ihr Klimaziel ohne den Ankauf solcher Zertifikate aus anderen Staaten erreichen wird.

Auch über die offiziellen Beschlüsse der Weltklimakonferenz hinaus gab es zahlreiche Erfolge im Rahmenprogramm von Glasgow: Neben der chinesisch-amerikanischen Erklärung für mehr Klimaschutz in den 2020er Jahren ist auch hervorzuheben, dass Indien sich auf der Konferenz erstmals das Ziel der Klimaneutralität bis 2070 gesetzt hat. Ein neues Bündnis zur Reduzierung von Methanemissionen fand 105 Unterstützer, was allein zu einer Reduzierung der Erderhitzung um 0,2 Grad führen kann.

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