Meeresregionen für Kampf gegen Plastikmüll stärken

Ein Team des Instituts für transformative Nachhaltigkeitsforschung hat untersucht, welche Rolle Meeresregionen beim Kampf gegen Müll im Meer spielen. Die Wissenschaftler fordern eine Stärkung der Regionen.
Plastikabfall im Meer (Quelle: Jan Meßerschmidt)

Die genaue Menge an Plastiktüten, Fischereiausrüstung oder Einwegflaschen, die sich im Ozean befinden, ist bislang nicht geklärt. Untersuchungen jedoch zeigen: Plastikmüll gibt es mittlerweile überall im Meer, von der Arktis bis zur Antarktis, von der Oberfläche bis zum Grund der Tiefsee. Es gibt ihn in allen Größenordnungen, von gigantischen Fischernetzen bis zum winzig kleinen Mikroplastikpartikel.

In den vergangenen Jahren wurden verschiedene Vereinbarungen auf nationaler, regionaler und globaler Ebene getroffen, die dem Problem entgegenwirken. Bisher reichen diese Maßnahmen aber nicht aus, um der Herausforderung gerecht zu werden, schreibt das Autorenteam des nun veröffentlichten Berichts „Stronger together: The role of regional instruments in strengthening global governance of marine plastic pollution“ des Instituts für transformative Nachhaltigkeitsforschung (IASS). Es seien dringend weitergehende Maßnahmen und systemische Veränderungen erforderlich, um die Verschmutzung der Meere durch Plastik zu reduzieren und zu verhindern. Dies sei umso dringlicher, da sich die Menge des produzierten Plastiks in den nächsten zehn bis 15 Jahren voraussichtlich verdoppeln wird.

Die Herausforderungen

Wesentliche Herausforderungen zur Weiterentwicklung bestehender Initiativen zur Bekämpfung des Plastikmülls in Meeresregionen wie der Ostsee, dem Pazifik oder der Karibik sind laut Bericht:

  1. die regional stark unterschiedliche Umsetzung von Maßnahmen zur Bekämpfung von Plastikmüll,
  2. starke Abweichungen bei der Erhebung und Auswertung von Daten,
  3. Defizite bei der Umsetzung eines Multi-Stakeholder-Ansatzes, und
  4. eine häufig unzureichende Zusammenarbeit mit der Industrie.
Zusammenarbeit mit der Industrie und bessere Datenerfassung

Vor allem die Zusammenarbeit mit der Industrie sei wichtig, um einen potentiellen Eintrag von Plastikprodukten im Meer zu vermeiden. Das Autorenteam empfiehlt deshalb, regionale Arbeitsgruppen zu bilden. „Dort können Organisationen, die sich für den Meeresschutz einsetzen mit Privatfirmen zusammenkommen und beraten, wie der Eintrag von Plastikmüll ins Meer verhindert werden kann indem zum Beispiel alternative Materialien für die Herstellung von Produkten genutzt werden oder die Entsorgung des Abfalls verbessert wird“, sagt IASS-Forscherin und Leitautorin der Studie Nicole Wienrich. Ziel sollte eine Kreislaufwirtschaft sein, nach dem Motto: reduce, reuse, recycle. Ein globales Abkommen könnte dafür gemeinsame Ziele und Mindeststandards setzen.

Weiteren Verbesserungsbedarf sehen die Autoren bei der Datenerfassung des Plastikabfalls. Verschiedene Organisationen erfassen zwar, wie viel Plastikmüll sich in den Meeren befindet. „Doch die Daten werden nicht mit einheitlichen Standards und Methoden erhoben. Das macht sie schlecht vergleichbar und damit weniger nützlich“, sagt die an der Studie beteiligte IASS-Forscherin Laura Weiand. Eine regelmäßige und langfristige Überwachung wäre notwendig, um Unterschiede in der Beschaffenheit und bei der Menge des Plastikmülls festzustellen. Nur so können Organisationen feststellen, ob die umgesetzten Maßnahmen erfolgreich sind und die gewünschte Wirkung zeigen. Ein globales Abkommen zu Plastikmüll im Meer könnte hierfür einen einheitlichen Rahmen schaffen.

Um die Daten zu sammeln, sollten innovative Messmethoden eingesetzt werden. So könnten auch „Citizen Science“-Projekte mit der lokalen Bevölkerung dabei helfen, die notwendigen Daten zu erfassen. Auch Drohnen, unbemannte Flugzeuge oder Satellitenaufnahmen könnten die Datenaufnahme vereinfachen und vor allem auf der schwerer zugänglichen hohen See helfen.

Regionale Initiativen und das globale Abkommen sollen Hand in Hand gehen

Regionale Organisationen bieten die Chance, das Problem auf der Ebene des Ökosystems anzugehen. Zudem ermöglichen sie es, die Herausforderungen, Bedürfnisse und Besonderheiten der unterschiedlichen Regionen zu berücksichtigen und für die betroffenen Staaten passende Lösungsansätze zu identifizieren und umzusetzen. Zudem bieten sie auch die Möglichkeit bei Bedarf mit ehrgeizigen, regionalen Vereinbarungen über die durch ein neues globales Abkommen festgelegten Standards hinausgehen und deren Weiterentwicklung zu inspirieren.

Während ein globales Abkommen ausgehandelt wird, empfiehlt das Autorenteam auch die regionale Zusammenarbeit an der Vermeidung von Plastikverschmutzung im Meer verstärkt auszubauen, nicht zuletzt auch da die Aushandlung eines neuen Abkommens Jahre dauern kann. „So lange können wir nicht warten und beim Status quo verharren, dafür ist das Problem zu umfassend und zu dringend“, sagt Sebastian Unger Forschungsgruppenleiter am IASS.

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