Fraunhofer-Außenstelle für Kohlenstoff-Kreislauf-Technologien

An der TU Bergakademie Freiberg wird künftig an der effizienten, ressourcenschonenden und klimaneutralen Nutzung von Kohlenstoffträgern geforscht. Dr. Eva-Maria Stange, Staatsministerin im sächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst, übergab gestern die Zusage für die Anschubfinanzierung einer Forschungsgruppe zu Kohlenstoff-Kreislauf-Technologien.
Prof. Dr. Klaus-Dieter Barbknecht, Rektor der TU Bergakademie Freiberg, PD Dr. Christian Growitsch, stv. Institutsleiter des Fraunhofer IMWS, Dr. Eva-Maria Stange, Staatsministerin im Ministerium für Wissenschaft und Kunst des Freistaats Sachsen, und Prof. Dr. Bernd Meyer, Direktor des Instituts für Energieverfahrenstechnik und Chemieingenieurwesen (IEC) der TU Bergakademie Freiberg und Leiter des Geschäftsfelds »Chemische Umwandlungsprozess« am Fraunhofer IMWS (von links) eröffneten die neue Forschungseinrichtung. © TU Bergakademie Freiberg

Kohlenstoff ist ein zentraler Baustein der Volkswirtschaft und in unzähligen Produkten unseres täglichen Lebens enthalten. Der Bedarf der Industrie an Kohlenstoff wird weitgehend aus primären Kohlenstoffquellen wie Erdöl, Erdgas oder Kohle gedeckt. Mit neuen Prozesse und Technologien im großtechnischen Maßstab wollen die Forscher des Instituts für Energieverfahrenstechnik und Chemieingenieurwesen (IEC) der TU Bergakademie und des Fraunhofer IMWS künftig eine möglichst CO2-emissionsarme, effiziente und ressourcenschonenden Nutzung weiterer Kohlenstoffquellen ermöglichen. Dabei sollen Kunststoff- und Biomasseabfälle, aber auch erneuerbare Energieträger wie Wind- und Solarstrom sowie Grüner Wasserstoff einbezogen werden.

„Die neue Forschungsgruppe ist exemplarisch für den Ansatz, einen ganzheitlichen Blick auf die Nutzung von Ressourcen zu werfen und in Freiberg Lösungen mit Praxisrelevanz zu realisieren. Durch die Zusammenarbeit mit Fraunhofer wird es gelingen, die Sichtbarkeit dieser Forschungsarbeiten auch international zu stärken, und Unternehmen aus Sachsen und Deutschland einzubinden, die bei der Verwertung dieser Ideen profitieren können. So generieren wir aus der Wissenschaft heraus – aufbauend auf und durch gezielten Ausbau der vor Ort bestehenden Kompetenzen – Wertschöpfung in der Region“, sagt Wissenschaftsministerin Dr. Stange.

„Wir sind das führende Institut in Europa für Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet der thermisch-chemischen Wandlung primärer und sekundärer Kohlenstoffquellen, insbesondere von Kohlen, Erdgas und kohlenstoffhaltigen Abfällen. Damit können wir wirtschaftliche und nachhaltige Lösungen für drängende gesellschaftliche Fragen erarbeiten“, sagt Prof. Bernd Meyer, Direktor des IEC. Neben den Vorteilen für den Klimaschutz hat er dabei auch das Problem des Plastikmülls im Blick. Statt Landschaft und Meere zu belasten, könnte er zur Rohstoffquelle für die Kohlenstoff-Kreislaufwirtschaft werden. Das Potenzial sei groß: Allein in Deutschland werden gegenwärtig rund 47 Millionen Tonnen kohlenstoffhaltige Abfälle in thermischen Abfallbehandlungs- und Feuerungsanlagen verwertet.

Die neue Fraunhofer-Außenstelle wird als Gruppe am Fraunhofer IMWS geführt und ist dort in das seit Oktober 2017 bestehende Geschäftsfeld „Chemische Umwandlungsprozesse“ integriert, das ebenfalls von Prof. Meyer geleitet wird. „Die Zusammenarbeit mit der TU Bergakademie hat sich bisher als sehr erfolgreich erwiesen. Mit der Außenstelle verstärken wir unser Engagement für die effiziente Nutzung von Ressourcen und nachhaltige Technologien. Wir möchten unser Fraunhofer-Know-how einbringen, um die in Freiberg vorhandene wissenschaftliche Exzellenz in Richtung Technologieentwicklung weiterzuentwickeln. Mit vereinten Kräften können wir eine marktführende Position als Technologiegeber für die Kohlenstoff-Kreislaufwirtschaft im Bereich thermisch-chemischer Konversionsprozesse erreichen“, sagt Prof. Ralf B. Wehrspohn, Leiter des Fraunhofer IMWS.

Innerhalb der nächsten 10 bis 15 Jahre sollen Prozesse und Technologien im großtechnischen Maßstab entwickelt werden, die eine CO2-emissionsarme stoffliche Nutzung der bisher verbrannten primären und sekundären Kohlenstoffquellen gewährleisten. Diese Lösungen sollen durch Wiedereinkopplung aller Kohlenstoffquellen in die Prozessketten (chemisches Recycling) den Kohlenstoff-Kreislauf schließen. Zugleich soll die wirtschaftlich konkurrenzfähige Herstellung von Massenprodukten (zum Beispiel Basischemikalien, Kunststoffe) und hochpreisigen Spezialprodukten (zum Beispiel Kohlenstoff-Fasern, Extraktionsstoffe) auf Basis einheimischer Kohlenstoffträger ermöglicht werden, einschließlich von Reststoffen mit einem möglichst breiten Qualitätsspektrum.

Im Laufe der vierjährigen Aufbauphase, die jetzt bewilligt wurde, sind auch Geräteinvestitionen im Bereich Analytik von Kohlenstoffträgern und deren Konversionsprodukten sowie Testanlagen im Pilotmaßstab geplant. Dort sollen unter industrienahen Bedingungen die verschiedenen Einsatzstoffe in unterschiedlichen Umwandlungskonzepten getestet werden.

Eine der Pilotanlagen zur Umwandlung von Kohlenstoffträgern in Synthesegas als Ausgangsstoff für die chemische Industrie soll im Rahmen des Projekts »CarbonTrans« umgesetzt und später Teil der ebenfalls bereits geplanten Elektrolyseplattform Leuna werden, die vom Land Sachsen-Anhalt gefördert wird. Dazu sagte Sachsen-Anhalts Wirtschafts- und Wissenschaftsminister Prof. Dr. Armin Willingmann im Vorfeld: „Heimische Kohlenstoffquellen sind im Vergleich zu ausländischen preisgünstig und langfristig verfügbar. Wenn wir hier Technologiealternativen schaffen, bietet das eine große industriepolitische Chance. Einerseits sichern wir die Rohstoffbasis, unter anderem für die chemische Industrie in Mitteldeutschland. Und andererseits bieten die CO2-arme Nutzung von Kohlenstoffen und die Etablierung einer Kreislaufwirtschaft große Potenziale für eine ökologisch und ökonomisch erfolgreiche Gestaltung des Strukturwandels in den Braunkohleregionen. Ich bin froh, dass wir hierbei auch auf die große Expertise unserer außeruniversitären Forschungseinrichtungen bauen können.“

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