Verbände fürchten Enteignung privater Entsorger in Ungarn

BDE und FEAD fordern ein Vertragsverletzungs-Verfahren gegen das neue ungarische Abfallgesetz durch die EU-Kommission. Einige Regelungen würden eine zwangsweise staatliche Mehrheitsbeteiligung an bislang privaten Entsorgungsunternehmen ab dem 1. Juli 2013 zwingend vorschreiben. Davon betroffen seien vor allem deutsche und österreichische Unternehmen.

Peter Kurth, Präsident des Bundesverbands der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft (BDE) und auch des europäischen Verbands für Abfallververtung FEAD: „Das am 1. Januar dieses Jahr in Kraft getretene Abfallgesetz hat trotz massiver Kritik von Kommission, Wirtschaftsverbänden und einiger Mitgliedsstaaten keine Verbesserung gegenüber dem Entwurf erfahren.“ Es enthalte weiterhin Regelungen, die massive Auswirkungen auf die wirtschaftlichen Aktivitäten der ausländischen privaten Entsorgungsunternehmen hätten. Darüber hinaus verstoßen nach Ansicht des BDE-Präsidenten einzelne Regelungen gegen die europäische Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit.“

Ende Mai würden Lizenzen privater Unternehmen zur Bewirtschaftung von Haushaltsabfällen auslaufen. Eine neue Lizenz würden dann nur die Unternehmen erhalten, deren Mehrheitseigentümer die öffentliche Hand ist. Die privaten Unternehmen stünden daher vor der Wahl, entweder die Mehrheit ihrer Anteile zu verkaufen oder ihre Gesellschaften abzuwickeln. Beides sei nur mit massiven Verlusten möglich. Zudem seien die Unternehmen vor dem Hintergrund des neuen ordnungspolitischen Rahmens praktisch unverkäuflich, was einer Enteignung gleichkomme, kritisiert der BDE. Damit stehe nicht nur eine beispiellose Kapitalvernichtung bevor, sondern die betroffenen ungarischen Gemeinden würden Gefahr laufen, bald über keine funktionierende Müllabfuhr mehr zu verfügen.

„Alle in den letzten Jahren an die ungarische Regierung gerichteten Appelle waren bislang erfolglos“, sagt BDE/FEAD-Präsident Kurth. „Da ein Einlenken Ungarns ohne Vertragsverletzungsverfahren offenkundig nicht zu erreichen ist, muss die EU-Kommission dieses jetzt schnellstmöglich einleiten und massiv vorantreiben. Dies wäre das dringend notwendige Signal in Richtung der ungarischen Regierung, dass sich alle Mitgliedsstaaten an die Regeln der EU-Verträge halten müssen. Und zwar ausnahmslos.“

Die Europäische Kommission hatte im Jahr 2012 als Reaktion auf eine Beschwerde der FEAD ein EU-Pilot-Verfahren gegen die EU-rechtswidrigen Bestimmungen des ungarischen Abfallgesetzes eingeleitet. Ein EU-Pilot-Verfahren stellt als vorgeschaltetes Dialogverfahren eine verpflichtende Vorstufe zu einem Vertragsverletzungsverfahren dar. Da sich das Gesetz noch im Entwurfsstadium befand, wurde es zunächst wieder ausgesetzt. Nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zum 1. Januar 2013 wurde es von der EU-Kommission wieder aufgegriffen.

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