Energiewende: Umbau des Energiesystems in Gefahr

Vor einem Jahr hat die Bundesregierung mit der Verkündung des Moratoriums den Ausstieg aus der Kernenergie beschlossen. Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) begrüßte den Schritt, sieht derzeit aber den Umbau des Energiesystems in Gefahr. "Der Weg, den die Bundesregierung im März 2011 eingeschlagen hat, war richtig. Wir sehen die Umsetzung der Energiewende aber mit großer Sorge“, so Stephan Weil, VKU-Präsident und Oberbürgermeister von Hannover.

Über zahlreichen Projekten schwebten große Fragezeichen, und die Zuversicht sei der allgemeinen Skepsis gewichen. Deswegen müsse die Bundesregierung endlich konsequent auf dem von ihr eingeschlagenen Weg auch tatsächlich vorangehen. „Bisher sieht ein erstes Zwischenfazit eher ernüchternd aus“, sagt der VKU-Präsident.

Bislang fehle es vor allem an mangelnden Rahmenbedingungen seitens der Politik. „Stadtwerke und Energiewirtschaft insgesamt müssen sich auf die Kontinuität von politischen Entscheidungen verlassen können. Ist das nicht der Fall, werden damit Investitionen in der erforderlichen Größenordnung gefährdet, und damit die Energiewende“, warnt Weil. Deshalb seien ein effektives Management und ein professionelles Monitoring der über 100 geplanten Einzelmaßnahmen unerlässlich für den Umbau. „Wenn wir nicht rasch eine Energiepolitik aus einem Guss bekommen, wird der Konsens über die Energiewende Risse bekommen.“

Aus Sicht des VKU-Präsidenten müssen deshalb vor allem die energiepolitischen Kompetenzen des Umwelt- und Wirtschaftsministeriums stärker gebündelt werden. „Wie wir aktuell sehen, ist es eher kontraproduktiv, die energiepolitischen Kompetenzen auf zwei Ministerien zu verteilen. Was wir deshalb brauchen, ist ein Energieministerium, um hier ein koordiniertes Vorgehen zu ermöglichen.“ Zudem mahnt Weil, den Kraftwerksausbau nicht zu vernachlässigen. „Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass wir für eine Übergangsphase neue konventionelle Kraftwerke benötigen, die die volatile Einspeisung aus erneuerbaren Energien ausgleichen. Hier fehlt es bislang an geeigneten Investitionsprogrammen sowie an einem durchdachten Design der Stromversorgung und -erzeugung.“

“Konsequenzen für die Stromnetze mitdenken“

In diesem Zusammenhang sieht Weil einen dritten, zentralen Punkt. „Wenn wir über den Umbau der Stromversorgung nachdenken, müssen wir einen Schritt weiter gehen und die Konsequenzen für die Stromnetze mitdenken.“ Bisher werde vorwiegend über den Ausbau von Übertragungsnetzen gesprochen, dabei seien bereits heute 97 Prozent der erneuerbaren Energien an die Verteilnetze angeschlossen. „Wenn wir an dieser entscheidenden Stelle den Anschluss verpassen, werden uns in absehbarer Zeit die Wege fehlen, erneuerbare Energien ins Netz einzuspeisen.“

Anschließend erklärt Weil: „So ehrgeizig das Projekt Energiewende auch ist, und so groß die damit gestellten Herausforderungen an Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, so wichtig ist es, jetzt zügig an der Umsetzung zu arbeiten – sonst verlieren wir das Vertrauen und die Akzeptanz für die Energiewende in der Bevölkerung und damit eine der wichtigsten Grundlagen.“

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