Gezerre um Verpackungsabfälle

Der bvse hat die Diskussion über Sinn und Unsinn der Verpackungsmüll-Entsorgung neu angestoßen. Früher als erwartet beginnt nun wieder die Debatte um den richtigen Umgang mit den dualen System. Auch der BDE hat sich nun eingeschaltet.

Wenn Jens Lattmann an die Verpackungsverordnung denkt, kommen ihm Erinnerungen, die er lieber verdrängen möchte. In seiner Zeit, als der heutige Beigeordnete des Deutschen Städtetages noch in Hamburg für Bundesratsangelegenheiten tätig war, hatte er mit der ungeliebten Verordnung schon öfters zu tun. Eine Freude war es in all den Jahren nicht, sagt er im Rückblick.

Lattmann ist nicht der Einzige. Auch die baden-württembergische Umweltministerin Tanja Gönner (CDU) weiß, wie kräftezehrend die komplizierte und komplexe Verordnung ist. Und so ist eigentlich jeder froh, wenn er sich nicht mit der Verpackungsverordnung auseinandersetzen muss. Aber es hilft nichts: Die ungeliebte Verordnung ist wieder auf der Agenda der Entsorgungsverbände.

Zu verdanken haben sie es dem bvse. Der ist im Februar mit der Forderung an die Öffentlichkeit gegangen, die Verordnung abzuschaffen. Die Regeln zur Verpackungsmüll-Entsorgung seien nicht mehr sinnvoll, unterstrich bvse-Präsident Landers gestern in Berlin nochmals. Außerdem seien die dualen Systeme nicht Eigentümer der gesammelten Wertstoffe und könnten sie deshalb auch nicht für sich beanspruchen. Für die mittelständischen Entsorgungsunternehmen ein wichtiger Punkt, weil sich mit der Eigentumsfrage das Zugriffsrecht auf die Materialströme verbindet.

Geht es nach dem bvse, sollen künftig auch die Kommunen daran „mitwirken“ können, wie und welche Sammlungen durchgeführt werden. Sie sollen die Ausschreibung sicherstellen und die Steuerung, Lenkung und Planung übernehmen, bekräftigte Landers. Eine Vorstellung, mit der sich Lattman offenbar anfreunden könnte. Es sei denkbar, die Funktion der dualen Systeme auf eine Clearingstelle zu beschränken, sagte er in Bonn. Die Kommunen würden sodann die Ausschreibung im Auftrag der dualen Systeme übernehmen. Und: Das alles könnte so geregelt werden, dass Inhouse-Geschäfte ausgeschlossen seien – ein Zugeständnis, dass die Privatwirtschaft mit Genugtuung aufnehmen dürfte.

Dem BDE hingegen geht das alles zu schnell. „Auch wenn mit der 5. Novelle der Verpackungsverordnung nicht alle Probleme zu lösen waren, sollte man keineswegs die privatwirtschaftlich betriebene Wertstoffsammlung über Bord werfen“, warnt BDE-Präsident Peter Kurth in einer Pressemitteilung, die der Verband zeitgleich zur bvse-Verstaltung in Berlin veröffentlichte.

Der BDE befürchtet eine Rekommunalisierung, wenn die Verpackungsverordnung – wie vom bvse vorgeschlagen – abgeschafft wird. Den Überlegungen hinsichtlich einer Rekommunalisierung der Verpackungsentsorgung müsse eine“ klare Absage“ erteilt werden, sagt Kurth. Bisher gebe es kein vernünftiges System mit vergleichbaren Ergebnissen wie die Verpackungsverordnung, das auch am Markt funktioniere, fügt BDE-Sprecher Karsten Hintzmann hinzu.

Der BDE warnt davor, die Verpackungsverordnung mit den Problemen der Wirtschaftskrise zu vermengen. Blinder Aktionismus, so Hintzmann, können die hohen Investitionen in die bestehenden Sammelsysteme gefährden. Aktuell gehe es darum, die hohen Standards stofflicher Verwertung und die weltweit höchsten Recyclingquoten im Rahmen der Verpackungsentsorgung auch nach dem Zusammenbrechen der Sekundärrohstoffmärkte aufrechtzuerhalten.

Vermutlich wusste Lattman nichts von der BDE-Mitteilung, aber er bemühte sich dennoch, Entwarnung zu geben: Es gehe nicht um die Re-Kommunalisierung der Aufgaben, versicherte er während der bvse-Veranstaltung. Die Kommunen bekämen nur weitere Instrumente, um die Aufgabe besser zu erfüllen.

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