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Brandschutz als Pflichtprogramm

Brände in Recyclingbetrieben sind kein seltenes Ereignis mehr, sondern ein reales und stetig wachsendes Risiko. Immer wieder kommt es zu Vorfällen, die nicht nur hohe Sachschäden verursachen, sondern auch ganze Betriebsabläufe für Wochen oder sogar auf Dauer lahmlegen. Versicherer berichten von steigenden Schadenssummen, Feuerwehren von immer komplexeren Einsätzen. Für Betreiber bedeutet das: Brandschutz ist längst kein „notwendiges Übel“ mehr, sondern ein zentraler Bestandteil der Betriebssicherheit und unternehmerischen Verantwortung.
Brandschutz als Pflichtprogramm
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In der Recyclingwirtschaft ist kein Eingangsmaterial wie das andere. Zwischen Altpapier, Altholz, Kunststoffen und Metallschrott können immer wieder Fremdstoffe enthalten sein – von Spraydosen über Chemikalienreste bis hin zu Lithium-Ionen-Batterien. Schon ein falsch entsorgter Akku kann beim Schreddern einen Funken erzeugen und innerhalb von Minuten ganze Materialberge entzünden.

Im Gegensatz zu klassischen Industrieprozessen sind Lagerbestände in Recyclinganlagen oft nur schwer planbar. Schwankungen in den Materialmengen, spontane Anlieferungen und wechselnde Wetterbedingungen erhöhen die Unsicherheit. Selbstentzündungen in feuchten Altholz- oder Biomasselagerungen sind ebenso häufig wie Brände durch unzureichend überwachte Abfallzwischenlager.

Recyclingbetriebe sind auf Fremdanlieferungen angewiesen – und damit auch auf die Sorgfalt Dritter. Fehlwürfe durch Verbraucher oder unzureichend deklarierte Abfälle sind ein großes Risiko, das sich nur begrenzt durch interne Kontrollen minimieren lässt. Besonders problematisch sind Lithium-Ionen-Akkus, die trotz öffentlicher Aufklärung weiterhin massenhaft im Rest- oder Wertstoffstrom auftauchen.

Konkrete Maßnahmen

Effektiver Brandschutz in Recyclingbetrieben erfordert eine Kombination aus baulichen, technischen und organisatorischen Maßnahmen, die aufeinander abgestimmt sind. Schon bei der Planung von Anlagen sollten Brandabschnitte berücksichtigt werden, um im Ernstfall eine Ausbreitung des Feuers zu verhindern. Ebenso wichtig ist die Zugänglichkeit für die Feuerwehr: Breite Zufahrtswege, ausreichend dimensionierte Hydranten und eine funktionierende Löschwasser-Rückhaltung sind elementar, damit Einsatzkräfte schnell und effektiv eingreifen können. Auch die Lagerung selbst spielt eine große Rolle. Offene Lagerflächen mit ausreichenden Abständen zwischen Materialhaufen sowie eine gute Durchlüftung verringern das Risiko von Hitzestau und Selbstentzündung erheblich.

Neben der baulichen Gestaltung sind technische Lösungen von zentraler Bedeutung. Moderne Brandfrüherkennungssysteme wie Thermalkameras, Rauchansaugsysteme oder KI-gestützte Überwachungstechnologien ermöglichen es, kritische Situationen schon in der Entstehungsphase zu erkennen. Auf der Löschseite haben sich automatische Sprinkler- oder Wassernebelanlagen bewährt, die im Brandfall selbstständig eingreifen können. Besonders effektiv sind Funkenlöschanlagen, die in Förderstrecken installierte Sensoren nutzen, um Funken sofort zu detektieren und mit Wasserstößen zu neutralisieren. Auch innovative Ansätze wie Drohnen mit Wärmebildkameras bieten zusätzliche Sicherheit, da sie große Lagerflächen effizient überwachen und Glutnester zuverlässig lokalisieren können.

Organisatorisch kommt es vor allem auf konsequente Abläufe und geschultes Personal an. Eine sorgfältige Annahmekontrolle entscheidet darüber, ob gefährliche Stoffe wie Batterien, Spraydosen oder Chemikalienreste überhaupt in den Materialstrom gelangen. Hierfür sollten klare Prozesse etabliert und, wo möglich, durch KI-gestützte Sortiertechnik unterstützt werden. Mitarbeiter müssen regelmäßig im Umgang mit Brandgefahren geschult werden – nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch durch Evakuierungs- und Löschübungen. Gleichzeitig sollte die Wartung von Maschinen und elektrischen Anlagen systematisch erfolgen, um technische Defekte als Brandursache zu minimieren.

Ein besonderes Augenmerk verdienen Lithium-Ionen-Akkus. Sie stellen derzeit das größte Einzelrisiko dar und müssen getrennt erfasst werden. Viele Betriebe setzen daher auf spezielle Sammelstellen und feuerbeständige Schutzcontainer für beschädigte Akkus. Entscheidend ist, dass die Belegschaft geschult wird, diese Gefahrenquellen zu erkennen und korrekt zu handhaben. Nur wenn alle Maßnahmen ineinandergreifen – von der baulichen Struktur über die technische Ausstattung bis hin zur Organisation und Sensibilisierung der Mitarbeiter – lässt sich das Brandrisiko in Recyclinganlagen nachhaltig senken.

Das Risiko steigt

Die Recyclingwirtschaft steht vor einem doppelten Wachstumsschub: Zum einen steigen die Materialmengen durch die zunehmende Bedeutung von Kreislaufwirtschaft und Ressourcenschonung kontinuierlich an. Zum anderen nimmt die Komplexität der Stoffströme zu – insbesondere durch den wachsenden Anteil an Elektro- und Batteriegeräten. Für den Brandschutz bedeutet das: Die Herausforderungen werden nicht kleiner, sondern größer.

Ein zentrales Thema ist dabei der Umgang mit Lithium-Ionen-Batterien. Trotz laufender Aufklärungskampagnen landen diese Energiespeicher noch immer massenhaft im Rest- und Wertstoffstrom. Angesichts der Energiewende und der Elektromobilität ist mit weiter steigenden Mengen zu rechnen. Betriebe werden daher verstärkt in Systeme investieren müssen, die eine frühzeitige Erkennung und sichere Separierung solcher Gefahrenstoffe ermöglichen.

Parallel dazu wird die Digitalisierung den Brandschutz grundlegend verändern. KI-gestützte Überwachungssysteme können Muster in Wärme- und Rauchentwicklungen erkennen, lange bevor ein Mensch oder herkömmlicher Sensor reagieren würde. Vernetzte Systeme ermöglichen es, Daten aus Förderanlagen, Lagerflächen und Sensorik in Echtzeit zusammenzuführen und automatisch Maßnahmen einzuleiten – etwa das Stoppen einer Anlage oder das Aktivieren einer Löschanlage. Drohnen und Roboter könnten in Zukunft nicht nur zur Überwachung eingesetzt werden, sondern auch im Erstangriff Brände bekämpfen, ohne Menschen zu gefährden.

Auch die Rolle der Versicherungswirtschaft wird weiter an Bedeutung gewinnen. Schon heute machen Versicherer klare Vorgaben zu Brandschutzkonzepten, bevor sie Recyclingbetriebe überhaupt versichern. In Zukunft dürfte die Bereitschaft zu investieren direkt mit der Höhe der Versicherungsprämien verknüpft sein. Wer auf moderne Technik, klare Organisation und dokumentierte Prävention setzt, kann mit günstigeren Konditionen rechnen – während Betriebe mit unzureichenden Schutzmaßnahmen kaum mehr versicherbar sein werden.

Am Ende gilt eine einfache Wahrheit: Brandschutz kostet – aber fehlender Brandschutz kostet mehr. Wer ihn als integralen Bestandteil seiner Unternehmenssicherheit versteht, schützt nicht nur Gebäude und Anlagen, sondern vor allem seine Mitarbeiter, sein Unternehmen und letztlich auch die Kreislaufwirtschaft.

Quelle: RECYCLING magazin
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