Seine Analyse zeigt: Ein eigentlich gut funktionierender Wertstoffkreislauf droht ins Stocken zu geraten – und zwar an mehreren Stellen gleichzeitig. „Wir stehen an einem Punkt, an dem ein jahrzehntelang stabiles System ins Wanken gerät“, sagte Uphoff vor den 160 Teilnehmenden in der Landesvertretung Hessen zu Beginn seines Vortrags.
Deutschland gilt seit Jahrzehnten als Vorreiter im Glasrecycling. Die getrennte Sammlung ist gesellschaftlich fest verankert, die Industrie schätzt den hohen Nutzen von Altglas, und Verbraucher verbinden Glas mit Nachhaltigkeit. Doch trotz dieser guten Voraussetzungen gelingt es nicht mehr, die gesetzlich vorgeschriebene Sammelquote von 90 Prozent zu erreichen. Mit 82 bis 83 Prozent stagniert die Quote seit Jahren.
Besonders problematisch ist der hohe Anteil an Altglas, der im Restmüll landet. „Es ist paradox: Die Menschen wollen nachhaltig handeln – und dennoch werfen wir jedes Jahr Hunderttausende Tonnen Glas in die falsche Tonne“, erklärte Uphoff. Das sei nicht nur für die Umwelt ein Problem, sondern auch für die gesamte Verwertungskette.
Die Situation wird dadurch verschärft, dass die Glasindustrie selbst unter Druck steht. Veränderungen im Konsumverhalten, hohe Energiepreise und die wachsende Konkurrenz aus dem Ausland lassen die Kapazitäten schrumpfen. Zahlreiche deutsche Glashütten haben ihre Produktion bereits reduziert oder komplett eingestellt.
„Uns fehlt zunehmend die Schmelzkapazität – und ohne Schmelzöfen gibt es kein Recycling, so einfach ist das“, warnte Uphoff. Besonders Grünglas sei betroffen, da es in großen Mengen anfalle, aber immer weniger verarbeitet werden könne. Die Folge ist eine Überkapazität, die das System zunehmend blockiert.
Die Auswirkungen werden in den Recyclinghöfen besonders sichtbar. Lagerflächen sind nahezu ausgeschöpft, Genehmigungen limitieren weitere Kapazitäten und die wirtschaftlichen Risiken steigen.
„Unsere Höfe laufen voll. Wenn wir nicht mehr alles annehmen können, staut sich das Material zurück – bis in die Kommunen“, schilderte Reiling Geschäftsführer Marc Uphoff die Lage. Damit sei erstmals denkbar, dass Altglas nicht mehr vollständig verwertet werden könne. Ein Szenario, das bis vor wenigen Jahren undenkbar schien.
Ein Auseinanderbrechen des Systems hätte weitreichende Folgen. Händler und Abfüller könnten verstärkt auf andere Verpackungsmaterialien umsteigen. Verbraucher würden verunsichert und könnten das Vertrauen in die Glasentsorgung verlieren. Kommunen wiederum müssten sich mit neuen Entsorgungswegen auseinandersetzen, die weder technisch noch finanziell sinnvoll wären.
„Wenn der Kreislauf reißt, trifft es am Ende alle – Industrie, Handel, Verbraucher und Kommunen“, betonte Uphoff. „Das dürfen wir nicht zulassen!“
Um das System zu stabilisieren, fordert die Branche entschlossenes Handeln. Die Produktionsbedingungen für die Glasindustrie müssten verbessert werden, damit wieder mehr Altglas eingeschmolzen werden kann. Zudem brauche es höhere Scherbeneinsatzquoten, insbesondere bei importierten Glasverpackungen, die bislang häufig mit wenig Scherben (Rezyklat) hergestellt werden. Kurzfristig seien zudem unbürokratische Erweiterungen von Lager- und Produktionsgenehmigungen erforderlich. Ergänzend sollten alternative Verwertungswege entstehen, etwa im Baustoffbereich.
„Jetzt ist Mut für pragmatische Entscheidung gefragt – sonst verlieren wir einen der erfolgreichsten Wertstoffkreisläufe Europas“, mahnte bvse-Vizepräsident Marc Uphoff abschließend.






