Bohrspülungen sind zunächst ein Gemisch aus Wasser, Bentonit und Mineralien. Zur Steuerung der Eigenschaften werden diesen weitere Stoffe hinzugegeben. Durch die vielseitigen Einsatzfälle entstehen große Mengen von gebrauchten Bohrspülungen, die ihre bautechnisch relevanten Eigenschaften verloren haben. Die weitere Verwendung ist nicht mehr möglich, sodass diese entsorgt werden müssen. Da diese jedoch stabil sind und sich nicht oder nur sehr langsam selbständig entmischen, ist die Entsorgung schwierig. Die Entsorgung auf Deponien ist aufgrund des hohen Flüssigkeitsanteils ohne vorhergehende Behandlung aus deponiebautechnischen Gründen nicht möglich.
Die Graalmann GmbH ist Spezialist in der Verarbeitung von mineralischen Abfällen, wie beispielsweise Bohrspülungen. Dabei sollen die Abfälle möglichst sinnvoll verwertet und wiederverwendet werden.
Vor der Installation des Bibko Infratec-Recyclingsystems bestand die Aufbereitung von Bohrspülung im Wesentlichen darin, die angelieferte Bohrspülung in großen Poldern zu puffern. Die Entwässerung bzw. Volumenreduzierung erfolgte durch Wind und Sonne. Zur weiteren Entwässerung wurde das teilentwässerte Material zusätzlich mehrmals im Jahr mit Baggern umgesetzt.
Die Nutzung von Wind und Sonne bei der Entwässerung bzw. Volumenreduzierung hatte prinzipiell zwar den Vorteil, dass nur erneuerbare Energien zum Einsatz kamen. Hieraus ergaben sich allerdings auch Abhängigkeiten, durch die der Durchsatz und damit die verarbeitbare Abfallmenge und -qualität beeinflusst wurde. Des Weiteren standen Entwässerungsflächen nur in begrenztem Umfang zur Verfügung. Eine kontinuierliche Verarbeitung sowie eine sichere Planung, insb. auch der Annahme-mengen, war somit nur bedingt möglich.
Bei Graalmann wurde daher die Entscheidung getroffen, in eine Komplettlösung für das Recycling von Bohrspülung zu investieren. Hierzu wurde Bibko Infratec beauftragt, ein entsprechendes Recyclingsystem zu konzipieren. Dieses Recyclingsystem ist inzwischen seit mehreren Monaten in Betrieb.
Für die Konzeptionierung des Recyclingsystems wurden folgende Parameter zugrunde gelegt:
- Abfalltyp: Abfälle aus Süßwasserbohrungen (Bohrspülung)
- Abfallschlüssel: AVV 01 05 04
- Zusammensetzung: variabel (abhängig von Region)
- Inputmenge: 10.000 t/Jahr
- Materialaufgabe: 2 Fahrzeuge gleichzeitig
Auf Basis der Anlagenparameter wurde das Recyclingsystem als 4-stufige Recyclinglösung vorgesehen. Die wesentlichen Ziele des Systems sind die Volumenreduzierung durch Abscheidung des Wasseranteils, die Rückgewinnung der enthaltenen Mineralien (Sand) als Sekundärrohstoff, die Rückgewinnung des verbleibenden Feststoffs in stichfester Form sowie die Rückgewinnung des Wasseranteils.
In der ersten Prozessstufe wird die Bohrspülung aus den Fahrzeugen zunächst über einen Aufgabetrichter dem Dosierpuffer zugeführt. Dort wird die Bohrspülung gepuffert und anschließend kontinuierlich in die Recyclinganlage transportiert. Überschusswasser gelangt in freiem Gefälle direkt vom Dosierpuffer in die Recyclinganlage.
Der Dosierpuffer entkoppelt die Materialaufgabe und das Materialrecycling und gleicht dadurch Spitzen und schwankende Volumenströme bei der Materialaufgabe aus. Durch die kontinuierliche Materialzugabe in die Recyclinganlage ist ein konstanter Trennschnitt sichergestellt.
In der Recyclinganlage gelangt die Bohrspülung zunächst in die Vorwaschkammer. In dieser befindet sich ein Wasserbad. Eine rotierende Spirale fördert die Bohrspülung durch das Wasserbad und entmischt diese hierbei. Gleichzeitig wird die Kammer im Gegenstromprinzip mit Wasser durchströmt. Dabei werden die Mineralien ≤250 µm ausgewaschen und zusammen mit dem überschüssigen Prozesswasser aus der Anlage abgeleitet.
Die vorgewaschenen Mineralien >250 µm werden über ein Becherwerk aus der Vorwaschkammer entnommen und in die Hauptwaschkammer geführt. Dort findet, ähnlich wie in der Vorwaschkammer, der Hauptwaschprozess statt, bei dem die Mineralien erneut mechanisch durch ein Wasserbad gefördert werden. Um ein optimales Waschergebnis zu erzielen, wird auch hier die Kammer im Gegenstromprinzip mit Wasser durchströmt. Ein zweites Becherwerk entnimmt die gewaschenen Mineralien aus der Hauptwaschkammer und führt diese dem Wendelförderer zu. Über diesen Förderer wird das Material teilentwässert und in die Materialbox gefördert.
Das abgeleitete Prozesswasser gelangt in einen Zwischenpuffer. In diesem befindet sich ein Rührwerk, um die Feststoffe in Schwebe zu halten und somit eine Sedimentation zu verhindern.
Um den Anteil an Mineralien ≤250 µm im Prozesswasser weiter zu reduzieren, wird das Prozesswasser im nächsten Schritt der Feinteilabscheidung zugeführt. Dort erfolgt die Abtrennung der enthaltenen Bestandteile >63 µm. Durch die Reduzierung werden einerseits zusätzlich Mineralien zurückgewonnen, anderer-seits wird die erforderliche Zugabe von Fällungs- und Flockungsmittel für die Aufbereitung und Rückgewinnung des Wasseranteils reduziert.
Zusätzlich reduziert die geringere Mineralfracht im Prozesswasser den Verschleiß bei der Aufbereitung. Aus der Feinteilabscheidung gelangt das verbleibende Prozesswasser mit Mineralien ≤63 µm in einen weiteren Zwischenpuffer mit Rührwerk.
Aus diesem zweiten Zwischenpuffer wird die Zentrifuge über eine Beschickungspumpe beschickt. Dabei wird das Prozesswasser durch die Zugabe von Fällungs- und Flockungsmittel konditioniert. In der Zentrifuge werden die Feststoffe abgeschieden und in eine Materialbox ausgetragen. Dieser Feststoff wird entsorgt (stoffliche Verwertung).
Das entstehende Zentrat (recyceltes Wasser) gelangt in ein weiteres Becken und wird im Kreislauf für den Recyclingprozess in der Recyclinganlage sowie als Brauchwasser verwendet. Überschußwasser wird nach Analyse und Freigabe abgeleitet.
Aus dem Prozess ergeben sich insgesamt drei Materialströme.
- Mineralien >63 µm aus Recyclinganlage
- Feststoff ≤63 µm aus Zentrifuge
- Zentrat aus Zentrifuge
Aufgrund der guten Qualität der recycelten Mineralien >63 µm, können diese als eignungsgepüfter Baustoff verkauft und als Sekundär-rohstoff wiederverwendet werden. Auch das entstehende Zentrat wird für den Recycling-prozess wiederverwendet. Somit werden durch die Wiederverwendung natürliche Res-sourcen geschont und ein Beitrag zur Nachhaltigkeit geleistet.
Lediglich der Feststoff aus der Zentrifuge ≤63 µm wird noch entsorgt (stoffliche Verwertung). Mögliche weitere Verwendungsmöglichkeiten werden aktuell noch geprüft.
Nachdem das Bibko-Infratex-Recyclingsystem seit einiger Zeit in Betrieb ist, konnten die Einstellungen hinsichtlich Verarbeitungskapazität, Qualität der Materialströme und den Verbräuchen bei Fällungs- und Flockungsmittel kontinuierlich verbessert wer-den. Damit kann das Gesamtsystem in einem wirtschaftlich optimalen Bereich betrieben werden. Dies führt dazu, dass die projektierte Inputmenge von 10.000 t/Jahr voraussichtlich deutlich überschritten wird.