IK fordert ökologische Weitsicht bei Neuregulierung des Verpackungsmarktes

Ja zur Recyclingfähigkeit und Verpackungsreduktion, Nein zu Rezyklateinsatzquoten für kontakt-sensible Verpackungen und ökologisch unbegründeten Mehrwegvorgaben sowie zum Bürokratiemonster
Kunststoffverpackungen
piu700, pixelio.de

Die EU-Kommission plant, mit ihrem Vorschlag für eine neue Verpackungsverordnung den europäischen Verpackungsmarkt radikal neu zu ordnen. Zu diesem Ergebnis kommt die Industrievereinigung Kunststoffverpackungen e.V. in einer ersten Stellungnahme. „Auf dem Weg zu einer europäischen Kreislauf-Marktwirtschaft begrüßen wir einheitliche europäische Regeln für das Design-for-Recycling von Verpackungen. Sie stärken die Kreislaufwirtschaft und den gemeinsamen EU-Binnenmarkt“, kommentiert IK-Geschäftsführerin und Kreislaufwirtschaftsexpertin Dr. Isabell Schmidt den vorliegenden Entwurf. „Die Stoßrichtung der Kommission entspricht auch unserer Haltung, so viel Verpackung wie nötig und so wenig wie möglich zu nutzen. Das Gebot der Verpackungsminimierung und die Mehrwegförderung bieten Chancen für leichte und materialeffiziente Kunststoffverpackungen. Voraussetzung ist jedoch das Überwinden des Plastik-Bashings für einen fairen Wettbewerb der Materialien.“

Für problematisch hält die IK dagegen die vorgeschlagenen Rezyklateinsatzquoten für kontakt-sensible Kunststoffverpackungen. Zwar setzen Quoten Investitionsimpulse für das Recycling, was zu begrüßen ist. Doch können diese nicht für alle Verpackungen gleichermaßen erfüllt werden. „Für kontakt-sensible Kunststoffverpackungen, wie etwa Lebensmittelverpackungen, gibt es heute kaum zugelassene Rezyklate. Auch das chemische Recycling wird diese Lücke auf absehbare Zeit nicht schließen können“, stellt Isabell Schmidt fest. „Aber auch für andere Segmente befürchtet die Branche Versorgungsengpässe. Wir fordern daher Versorgungsicherheit, um Vermarktungsverboten und Risiken für die Lieferketten vorzubeugen. Auch der enorme bürokratische Aufwand für die Unternehmen und der hohe behördliche Überwachungsaufwand treiben uns Sorgenfalten auf die Stirn. Ohne behördlichen Vollzug bliebe das Gesetz ein zahnloser Tiger, und der Ehrliche wäre der Dumme am Markt“, so Isabell Schmidt.

Für eine erste Einordnung nimmt die IK zu den aus ihrer Sicht besonders relevanten Punkten Stellung:

Design-for-Recycling: 2030 sollen nur noch recyclingfähige Verpackungen auf dem Markt sein. Das begrüßen wir sehr. EU-weit einheitliche Kriterien für das Design-for-Recycling sind ein wichtiges und bereits lange von der Industrie gefordertes Element der Regulierung, nicht zuletzt um Skaleneffekte zu erzielen und die Kreislaufmarktwirtschaft zu stärken. Zu berücksichtigen sind unterschiedliche Sammlungen und Recyclingpfade bei privaten und gewerblichen Abfallströmen.

Rezyklateinsatzquoten: Diese wurden erdacht, um die Nachfrage nach Rezyklaten zu garantieren und damit Investitionen ins Recycling abzusichern. Allerdings sind die Voraussetzungen für den Einsatz von Rezyklaten stark abhängig von der jeweiligen Verpackung und dem Füllgut. Bei nicht ausreichend verfügbaren Mengen (Rezyklatmangel) droht ein unverschuldetes Vermarktungsverbot für die Verpackung und eine Gefährdung der betroffenen Lieferketten. Diese Risiken müssen wirksam abgesichert werden. Wir machen uns daher für eine Flexibilisierung, beispielsweise über Zertifikate, stark. Wer keine oder nur wenige Rezyklate einsetzen kann, könnte durch den Erwerb von Zertifikaten von Unternehmen, die mehr Rezyklate einsetzen als gesetzlich gefordert, Verantwortung übernehmen.

Zulassungen für werkstofflich hergestellte Rezyklate im Lebensmittelkontakt gibt es bisher nur für PET. Die Zulassungen für andere Kunststoffe liegen in weiter Ferne. Daher fördern Rezyklateinsatzquoten für kontakt-sensible Verpackungen zuallererst das energieintensive thermo-chemische Recycling, eine Technologie, die noch in der Entwicklung steckt und deren ökologische Bewertung aussteht.

Das chemische Recycling kann aus Sicht der IK auf sinnvolle Weise eine Lücke in der Kreislaufwirtschaft schließen, wenn sichergestellt ist, dass damit zusätzliche, werkstofflich nicht recyclingfähige Verpackungen verwertet werden.

Reduktion von Verpackungen um 15% und Minimierungsgebot: Unsere Maxime lautet: So viel Verpacken wie nötig, so wenig wie möglich. Kunststoffverpackungen sind Effizienzkünstler, denn sie schützen bereits heute über 60% der Konsumgüter, machen aber nur 17 % der Verpackungsmenge aus. Verpackungen, die nicht dem Produktschutz, sondern alleine dem Marketing dienen, werden nicht mehr zu vertreten sein.

Verbote: Verbote bestimmter Verpackungsformate, unabhängig von deren Recyclingfähigkeit, sind das schärfste Schwert und sollten entsprechend mit Vorsicht und nur im Ausnahmefall per Gesetz geführt werden. Hier lässt der Entwurf jedoch zu viel Spielraum für eine nachträgliche Erweiterung der Verbotsliste. Zudem fördern Verbote von Kunststoffverpackungen oftmals ökologisch fragwürdige Alternativen. Insofern sehen wir insbesondere die Verbote bestimmter Umverpackungen aus Kunststoff sehr kritisch.

Quoten für Mehrweg: Kunststoff überzeugt auch in Mehrweganwendungen. Diese sind dann sinnvoll, wenn sie ökologisch und nicht ideologisch begründet sind. Im aktuellen Entwurf ist die Grundlage der Mehrweg-Quoten allerdings nicht nachvollziehbar. Gerade für gewerbliche und industrielle Transportverpackungen ist bereits sichergestellt, dass diese entweder wiederverwendet oder recycelt werden, um daraus neue Transportverpackungen herzustellen. Darüber hinaus sollten die Vorgaben materialneutral sein und nicht etwa Einweg-Kartonagen ausnehmen.

Pfandsystem für Getränkeflaschen: In Deutschland sind wir dank des etablierten Pfandsystems für PET-Getränkeflaschen bereits weit vorne beim Recycling und Rezyklateinsatz. Die verpflichtende Einführung solcher Systeme in der gesamten EU ist zu begrüßen und lässt händeringend gesuchte PET-Rezyklatmengen steigen.

Einheitliche Kennzeichnung: Einheitliche Vorgaben zur Kennzeichnung sind eine längst überfällige Idee. Durch eine einheitliche Kennzeichnung von Verpackungsmaterial und dem passenden Abfallbehältnis soll die Abfalltrennung kinderleicht werden.

Finanzielle Anreize zur Förderung der Kreislaufwirtschaft: Finanzielle Anreizsysteme stärken eine funktionierende Kreislaufmarktwirtschaft. Wir setzen uns dafür ein, dass sich die finanzielle Förderung auch bei Kunststoffverpackungen nach der Recyclingfähigkeit richtet. Die Recyclingfähigkeit einer Verpackung ist und bleibt die essenzielle Voraussetzung der Kreislaufwirtschaft und muss als solche gefördert werden.

Verordnung statt Richtlinie: Einheitlichkeit vereinfacht die Märkte, ermöglicht Skaleneffekte und erhöht damit die Wirtschaftlichkeit einer ökologischen Umgestaltung des Verpackungsmarktes. Allerdings sehen wir aufgrund des Detailgrads und der offenen Durchführungsverordnungen oder delegierten Rechtsakte die Gefahr der Überregulierung ohne Kontrolle der Durchsetzung („Bürokratiemonster“). Der behördliche Vollzug muss erleichtert werden, damit die Verordnung kein zahnloser Papiertiger wird und fairer Wettbewerb herrscht.

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