Europa soll Leitmarkt für Batterierecycling werden

Der Maschinen- und Anlagenbau kann dazu beitragen, neue und effiziente Verfahren für Batterierecycling in den Markt zu bringen. Das ist das Ergebnis einer Studie des Fraunhofer ISI, die im Auftrag der Impuls-Stiftung des VDMA durchgeführt wurde.
(Quelle: Unsplash, Andrew Roberts)

Durch die steigende Verbreitung batterieelektrischer Fahrzeuge entwickelt sich in Europa ein enormer Markt für Batteriezellen, wobei in der EU bis zum Jahr 2030 von etwa 2,5 Megatonnen neuer Batterien auszugehen ist, heißt es in einer aktuellen Meldung des VDMA. Dies führe zu Fragen nach dem ökologischen Fußabdruck von Fahrzeugbatterien, aber ebenso zur Rohstoffsicherheit und -verfügbarkeit und damit verbunden der Wettbewerbsfähigkeit deutscher und europäischer Industrien. Ein lokales Batterierecycling und die Rückführung der Rohstoffe sei in diesem Kontext ein wichtiger Baustein für eine europäische Kreislaufwirtschaft. Besonders für Deutschland als traditionellem Maschinenbaustandort sei nicht nur die Entwicklung entlang der direkten Batterie-Wertschöpfungskette von großer Bedeutung.

Großes Potenzial an Markt- und Beschäftigungswachstum

„In den vorgelagerten Wertschöpfungsstufen steckt ein großes Potenzial an Markt- und Beschäftigungswachstum, gerade für den Maschinen- und Anlagenbau“, sagt Henrik Schunk, Vize-Präsident des VDMA und Vorsitzender des Kuratoriums der Impuls-Stiftung, die das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (Fraunhofer ISI) mit der Studie „Recycling von Lithium-Ionen-Batterien: Chancen und Herausforderungen für den Maschinen- und Anlagenbau“ beauftragt hat. „Deutsche und europäische Maschinen- und Anlagenbauer sind bereits heute als Entwicklungspartner und Zulieferer für die wachsende Recyclingindustrie aktiv. Gerade bei den jetzt in Europa entstehenden Pilotanlagen gibt es große Chancen, sich dauerhaft zu positionieren. Hier ist die Zusammenarbeit mit lokalen Anlagenzulieferern entscheidend“, betont Schunk.

Die jetzt veröffentlichte Studie prognostiziert laut VDMA das Wachstum eines zukünftigen europäischen Batterierecyclingmarktes und quantifiziert die Effekte für den Maschinen- und Anlagenbau. Grundlage für die Prognosen sind Batteriemarktmodelle des Fraunhofer ISI und Interviews mit Experten und Expertinnen aus dem Maschinen- und Anlagenbau, der Recyclingindustrie, Fahrzeugherstellung sowie Forschung und Entwicklung.

Recyclingkapazitäten müssen deutlich ausgebaut werden

Die Studienergebnisse zeigen: In Europa könnte das Volumen an zu recycelnden Lithium-Ionen-Altbatterien und Batteriekomponenten ab dem Jahr 2030 etwa 230 Kilotonnen pro Jahr und ab 2040 etwa 1.500 Kilotonnen pro Jahr ausmachen. Diese bereits um mögliche Fahrzeug- und Batterieexporte bereinigten Zahlen bedeuten ein jährliches Wachstum der Recyclingindustrie von über 30 Prozent in den nächsten Jahren. Der Rücklauf von Traktionsbatterien aus Elektrofahrzeugen spielt mittelfristig die Hauptrolle.

„Um derartige Recyclingmengen bewältigen zu können, müssen die Recyclingkapazitäten, die heute in Europa noch im niedrigen zweistelligen Kilotonnen-Bereich pro Jahr liegen, deutlich ausgebaut werden. Dafür wird in Europa Anlagentechnik benötigt, die je nach Geschwindigkeit des Marktwachstums und des globalen Anteils europäischer Recyclingkapazitäten Investitionen in Höhe von etwa 6,6 Milliarden Euro bis 2040 erfordern“, erläutert Dr. Christoph Neef, der am Fraunhofer ISI zur Batterie-Thematik forscht und die Studie koordiniert hat. Dies entspricht für das Jahr 2040 einer europäischen Marktgröße von etwa 810 Millionen Euro für neue Anlagentechnik.

Die guten Voraussetzungen des deutschen und europäischen Maschinen- und Anlagenbaus könnten dabei helfen, neue und effiziente Verfahren in den Markt zu bringen. Diese braucht es nicht zuletzt im Hinblick auf die jüngsten Regulierungsvorschläge der EU-Kommission: Zukünftige Recyclingprozesse und Anlagen sollen nicht nur ein sachgemäßes Recycling von Batteriekomponenten, sondern auch hohe Rückgewinnungsquoten wichtiger Batterierohstoffe garantieren. Gerade für Lithium stellt dies heute noch eine Herausforderung dar. Gelingt der Aufbau einer europäischen Recyclingindustrie mit hocheffizienter Prozess- und Anlagentechnik, so könnten gemäß der Studie bis zum Jahr 2040 Rezyklate mehr als 40 Prozent der Kobalt- und über 15 Prozent der Lithium-, Nickel- und Kupfer-Bedarfe der Batterieproduktion in Europa decken. „Ein effizientes Batterierecycling könnte entscheidend dazu beitragen, den CO2-Fußabdruck von Batterien insgesamt zu reduzieren und langfristig die Abhängigkeit von Rohstoffimporten zu reduzieren“, betont Hartmut Rauen, stellvertretender VDMA-Hauptgeschäftsführer.

Beschäftigungspotenziale eines wachsenden Markts

Christoph Neef vom Fraunhofer ISI betont zudem die Beschäftigungspotenziale des wachsenden Batterierecycling-Marktes, gerade auch in der Zulieferindustrie des Maschinen- und Anlagenbaus: „Für die Belieferung der europäischen Recyclingindustrie sehen wir im Maschinen- und Anlagenbau ein globales Potenzial von ca. 570 Arbeitsplätzen bis 2030, bis 2040 könnten sogar ca. 3.800 Arbeitsplätze entstehen“. Damit könnte es sich für den europäischen Maschinen- und Anlagenbau laut Neef lohnen, die bestehende Wettbewerbsposition auszubauen, um von den Beschäftigungspotenzialen dieses wachsenden Marktes zu profitieren.

Da in Asien und besonders in China bereits eine große Batterierecycling-industrie existiert, gilt es in Deutschland und Europa keine Zeit zu verlieren: Zum einen sollte schnell Klarheit bezüglich der geplanten Batterieregulierung bestehen. Zum anderen müssen entsprechende Anlagen aufgebaut und in Recyclingtechnologien investiert werden. Gerade im europäischen Regulierungsrahmen bestünde eine wichtige Chance, weil dieser den ökologischen Fußabdruck von Batterien, regionale Gegebenheiten wie Energiequellen und Energiemix sowie Logistikaufwand berücksichtigt. Dies könnte dabei helfen, dass sich Europa zu einem Leitmarkt für ein grünes und hocheffizientes Batterierecycling und für die dazugehörigen Technologien entwickelt.

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