Zigarettenfilter, die sich selbst auflösen

Doktorand Max-Fabian Volhard von der FH Münster arbeitet an Filtern, die sich in der Umwelt selber zersetzen.
Noch schwimmt das Zelluloseacetat der Zigarettenfilter im Meerwasser – wie es sich am effektivsten auflöst, erforscht Max-Fabian Volhard. Bild: FH Münster/Theresa Gerks)

Laut Weltgesundheitsorganisation gelangen jährlich zwischen 340 und 680 Millionen Tonnen Zigaretten in die Weltmeere. Dagegen will Max-Fabian Volhard von der FH Münster vorgehen: Gemeinsam mit seinem betreuenden Professor Dr. Thomas Jüstel forscht er an einem chemischen Stoff, der dafür sorgen soll, dass sich die schädlichen Zigarettenfilter von alleine in der Umwelt zersetzen.

Für seine Versuche im Labor arbeitet Max-Fabian Volhard mit Zelluloseacetat, Meer- und Süßwasser und natürlich dem Katalysator Titandioxid. Bild: FH Münster/Theresa Gerks)

„Zigarettenfilter bestehen zu einem großen Teil aus Zelluloseacetat. Das ist ein Polymer – es besteht als Grundeinheit aus Zellulose und wurde mit Essigsäure modifiziert“, erklärt Volhard. „Es lässt sich schlecht abbauen, dafür sind die Acetat-Gruppen des Polymers verantwortlich.“ Ein Zusatzstoff im Filter soll das ändern – genauer gesagt der Katalysator Titandioxid, der als Mineral Anatas in der Erdkruste vorkommt und auf Sonnenlicht reagiert. Wenn Titandioxid von der UV-A-Strahlung im Sonnenlicht angeregt, also aktiviert wird, bildet der Stoff Radikale. Sie greifen die Polymer-Struktur des Zigarettenfilters an und lösen ihn mit der Zeit komplett auf. Nach circa fünf Jahren, so schätzt der Doktorand, bleiben nur Wasser und Kohlenstoffdioxid von der Kippe übrig.

An der Umsetzung dieser Theorie forscht der 32-Jährige nun. Seine Hauptaufgabe ist es, Titandioxid so zu modifizieren, dass es das Zelluloseacetat wirksam zersetzt und auch mit den über 4.000 Giftstoffen im Zigarettenfilter klarkommt, die sich dort nach dem Abrauchen gesammelt haben. Die Reaktion der Radikale erforscht er in selbstgebauten Photoreaktoren, die das UV-Spektrum der Sonne imitieren. „Das passt sehr gut zu meiner Doktorarbeit, in der ich mich intensiv mit Mikroplastik aus verschiedenen Perspektiven beschäftige“, sagt Volhard.

In diesen Photoreaktoren laufen die Reaktionen zwischen dem Zelluloseacetat, also der Zigarettenkippe, dem Katalysator und dem Meerwasser ab. Bild: FH Muenster/Theresa Gerks)

Deshalb ist die Idee, einen Katalysator zu verwenden und damit chemische Strukturen aufzulösen, für ihn nicht mehr neu: In Laborexperimenten hat er bereits nachgewiesen, dass das Konzept der Zersetzung von Kunststoffen im Kontakt mit Meerwasser grundsätzlich funktioniert. Viele Unternehmen haben sich für diese Idee interessiert, waren jedoch von den Kosten abgeschreckt. Für eine Plastikflasche wären einige hundert Milligramm des Katalysators fällig, was einen Aufpreis bedeuten würde, der der preissensiblen Kunststoffindustrie zu hoch ist. Bei einem durchschnittlichen Zigarettengewicht von 5 bis 6 Gramm wären jedoch nur wenige Milligramm Titandioxid nötig, um die Kippe nach dem Abrauchen komplett zu zersetzen. Der Katalysator würde eine Zigarette ungefähr einen Cent teuer machen. „Und da haben wir schon pessimistisch gerechnet, wahrscheinlich ist es günstiger“, so Jüstel. Durchschnittlich kostet eine Zigarette in Deutschland um die 30 Cent.

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