Österreich: Baustoffe aus dem Rückbau nun leichter verwerten

Der Österreichische Baustoff-Recycling Verband (BRV) brachte im Rahmen der Tagung „Recycling-Baustoffverordnung: Umsetzung der Novelle 2016“ alle Marktakteure zusammen.
HBCD
Markus Vogelbacher, Pixelio.de

„Wie bei keiner anderen Verordnung waren die Rückmeldungen aus den Kommunen, den Ländern und vielen anderen Stellen enorm – wir versuchten mit der Novelle zu der erst im Jänner in Kraft getretenen Verordnung nun die gewünschten Änderungen einzuarbeiten“, stellte Sektionschef Dipl.-Ing. Christian Holzer einleitend fest.

Seit 1990 wurde durch die Richtlinie für Recycling-Baustoffe bundeseinheitlich die Verwertung von Baurestmassen – auf Basis allgemeinrechtlicher Vorgaben – durchgeführt. Baustoff-Recycling wurde salonfähig – vom anfänglichen Asphaltrecycling entwickelte sich eine flächendeckende und umfassende Recycling-Wirtschaft. Startete der BRV mit 14 Unternehmen, sind nun 120 Anlagen flächendeckend in allen Bundesländern vorhanden. Inzwischen können komplexe Hochbaurestmassen zu Qualitätsbaustoffen verarbeitet werden, Betonrestmassen bilden für hochwertige Baustoffe die Basis – insgesamt sind über 6,5 Mio. Tonnen jährlich dem Kreislauf zugeführt und sparen Deponievolumen.
Dr. Wolfgang Stanek, Vorsitzender des Österreichischen Güteschutzverbandes Recycling-Baustoffe, bestätigt, dass viele Vorteile für die Recycling-Wirtschaft und damit für den Kunden „Bauherr“ existieren:

* Wegfall der Anforderung, Materialien außerhalb des hundertjährigen Grundwassers zu führen
* Verbesserung der Grenzwertfestlegungen bei den analytischen Untersuchungen
* Erleichterung bei den Einsatzbereichen, die mit Jahresbeginn stark eingeschränkt worden waren
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Dennoch sind einige weitere Notwendigkeiten noch nicht umgesetzt: „Eine neu eingeführte Kleinmengenregelung kann dazu führen, dass vorwiegend Private in eine ALSAG-Falle tappen – bei 750 Tonnen Verwertung vor Ort können 7.000,–€ Abgabe alleine anfallen, ohne dass dies der Private je gedacht hat“, so Stanek.

Der Hintergrund: Der Einsatz von Kleinmengen sollte nun vor Ort auch ohne Analytik möglich sein – nicht bedacht wird dabei, dass unabhängig von den Bestimmungen durch die Bauprodukteverordnung eine bautechnische Prüfung erforderlich ist – zudem wird eine Bundesabgabe (Altlastenbeitrag) eingefordert, wenn über das Mindestausmaß oder Recycling-Baustoffe unzulässig eingesetzt werden. Da aufgrund der bald anstehenden Altlastengesetzesnovelle der Hersteller von Recycling-Baustoffen auch als Beitragsschuldner herangezogen werden könnte, trifft dies jeden Privaten, der das „Eingraben vor Ort“ durchführt und damit als Hersteller dieser Baustoffe gelten wird.

Mag. Hansmann, Umweltanwalt Niederösterreich, bestätigt, dass die Novellierung dringend notwendig war und auch seitens der Bundesländer gefordert wurde. Für den Umweltanwalt steht die Umwelt im Vordergrund: „Nur ökonomisch leistbare Lösungen setzen sich durch: Wir wollen das kostengünstigere Recycling, daher muss dieses auch im Sinne der Ressourcenschonung möglichst umsetzbar gemacht werden“. Hansmann fordert dabei auch eine Recycling-Quote, wie sie in der EU-Bauproduktenverordnung vorgesehen ist: „Bei jedem Bauvorhaben sind Recycling-Baustoffe zu verwenden, das wird gefordert und sollte daher in Österreich umgesetzt werden“. Neben diesem Wunsche soll es rechtlich klare und einfachere Lösungen geben, die Novelle der Recycling-Baustoffverordnung ist ein wichtiger, aber nicht der letzte Schritt in diese Richtung.

Marosi, BMF, versucht die Neuerungen mit der bestehenden Rechtslage hinsichtlich Altlastenbeitrag darzulegen: „Die 750-Tonnen-Regelung der Novelle für die Verwertung vor Ort ist an viele Voraussetzungen gebunden“, so der Experte des Finanzministeriums. Diese ist Mindestausmaß, Zulässigkeit, Qualitätssicherungssystem und Verwendung als Baustoff auf der Baustelle – damit sind die Anwendungen nicht nur sehr beschränkt, auch die anderen Voraussetzungen müssen eingehalten werden. „Die Beweislast liegt beim Hersteller“, so Hansmann, und meint damit auch den privaten Bauherrn eines Einfamilienhauses. Klar ist hingegen, dass analytisch geprüfte Recycling-Baustoffe der besten Qualität (Qualität U-A) als Recycling-Baustoff-Produkt keinesfalls mehr einer Altlastenabgabe unterliegen, da es sich hier um keine Abfälle mehr handelt. „Ich empfehle jedem Bauherrn, gerade bei Kleinbauvorhaben, dennoch eine Dokumentation zu führen – z.B. durch den Abbruchunternehmer, und damit muss es deswegen keine Mehrkosten für den Kunden ergeben“, so Sektionschef Holzer in der Diskussion.

Recycling-Baustoff-Produkte sind nun rechtssicher einsetzbar und gleichwertig verwendbar wie gleichwertige Naturbaustoffe. „Keine Altlastenbeitragsgefahr, wenn das Produkt korrekt hergestellt und weitergegeben wird“, so Martin Car, Geschäftsführer des Baustoff-Recycling Verbandes.

Für alle Recycling-Baustoffe gelten nun verbesserte Beurteilungsgrundlagen, d.h. die Umweltqualität ist so festgelegt worden, dass sie praxisgerecht nun auch die Verwertung von Ziegeln oder Mauerwerk hochwertig erlaubt. Über 120 Recycling-Anlagen stehen alleine aus den Betrieben des Baustoff-Recycling Verbandes zur Verfügung; damit ist auch die Transportentfernung gering, was sich kostensparend auswirkt.
Dipl.-Ing. Starke, BMLFUW, geht auch selbst auf die 750 Tonnen-Regelung ein: „Für die Bestätigung der Voraussetzung bzw. einer Qualitätssicherung wird in einfachen Fällen, wie Betonfundamente oder eine Betonmauer, eine entsprechende Niederschrift mit Foto-dokumentation reichen; im Zweifelsfall ist eine Begehung durch eine rückbaukundige Person sinnvoll. Bei Vorhandensein von Schad- (Asbestzement) oder Störstoffen (Gips, Holz, Kunststoffbauteile) ist entsprechend den Vorgaben für einen Rückbau vorzugehen und diese im Vorfeld zu entfernen“. Der BRV bietet auf seiner Homepage www.brv.at entsprechende Formulare und eine Liste der Rückbaukundigen Personen, die dies bestätigen können, kostenfrei an.

Dr. Holnsteiner, BMWFJ, betont die Entkopplung von Wirtschaftswachstum und Rohstoffverbrauch. „Im Rahmen der Einvernehmenskompetenz haben wir die Novelle als Wirt-schaftsministerium ebenso begutachtet und das Einvernehmen mit der Umweltsektion hergestellt“, so Holnsteiner. Ressourceneffizienz soll eine win-win–Situation für Umwelt und Wirtschaft sein. Auch Holnsteiner betont, bei der Qualität darf nicht gespart werden. Holnsteiner legt auch die Mengenverhältnisse vor: Etwa 6 Mio. Tonnen hochwertige Recycling-Baustoffe stehen ca. 65 Mio t Primärrohstoffen im Bauwesen gegenüber – also 10% Ressourcenschonung kann und soll betrieben werden. Gerade im Autobahnbau und Straßenbau können pro Kilometer zwischen 32.000 bis 160.000 Tonnen Recycling-Baustoffe Verwendung finden – Naturbaustoffe sind natürlich ebenso notwendig und gefragt; „Platz muss für beide Ressourcen sein“, so Holnsteiner.

Mag. Martin Niederhuber, Rechtsanwalt, erläutert, dass nun– unter Beachtung des Wasserrechts – auch ein Einbau, behördlich genehmigt, im Grundwasser möglich gemacht wird. Auch in Schutz- und Schongebieten – also bspw. Gebiete zur Wasserversorgung – wird nun erkannt, dass hier ein Einsatz von Recycling-Baustoffen unter gewissen Voraussetzungen wieder erlaubt wird. Zu der Kleinmengenregelung weist auch Niederhuber darauf hin, dass auf das „alternative Qualitätssicherungssystem“ und auf eine Dokumentation derselben unbedingt geachtet werden muss.

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