„Ökobilanz von Getränkekartons grenzt an Verbrauchertäuschung“

Eine Überprüfung der ökologischen Vorteilhaftigkeit von Getränkekartons fordert die Deutsche Umwelthilfe (DUH). Mit einem entsprechenden Schreiben hat sich die DUH an das Bundesumweltministerium gewandt. Die Kartons würden derzeit kaum noch recycelt, sondern überwiegend verbrannt oder exportiert werden. Das sei "ökologischer Irrsinn" und "Verbrauchertäuschung", teilte die DUH mit.

Derzeit werden Getränkekartons als „ökologisch vorteilhafte Verpackungen“ definiert. Dank dieser Einstufung sind die Verbundverpackungen aus Kunststoff, Papier und Aluminium von der Pfandpflicht befreit.

Um als „ökologisch vorteilhaft“ zu gelten, müssen mindestens 60 Prozent der Verbundverpackungen stofflich verwertet werden. Die DUH sieht aber durch die aktuelle Praxis beim Recycling und bei der Verwertung die Einstufung als ökologisch vorteilhaft nicht mehr gerechtfertigt und fordert eine Überprüfung.

Laut DUH hätten Ende 2008 und Anfang 2009 zwei von drei Verwertungsanlagen, in denen die deutschen Getränkekartons zuvor verwertet wurden, ihre Kapazitäten stillgelegt. „Seit Anfang 2009 wird in keiner Recyclinganlage mehr das Aluminium aus den deutschen Getränkekartons zurück gewonnen, große Chargen leerer Getränkekartons aus Deutschland per Lkw bis nach Spanien verschoben und schließlich werden Getränkekartons in Deutschland offensichtlich zu ‚Ersatzbrennstoffen’ verarbeitet und anschließend verbrannt“, sagt Jürgen Resch, DUH-Bundesgeschäftsführer. „Unter solchen Umständen ist die Ökobilanz von Getränkekartons äußerst fragwürdig.“

Jährlich werden nach Angaben der DUH in Deutschland über 220.000 Tonnen Getränkeverpackungen in den Verkehr gebracht. Im vergangenen Jahr seien 65 Prozent davon, etwa 145.000 Tonnen, erfasst und verwertet worden. Bislang seien die Getränkekartons in drei Verwertungsanlagen recycelt worden. Inzwischen hätten aber zwei dieser Anlagen – Corenso United Oy in Varkaus (Finnland) und Mondi Packaging Raubling – ihre Kapazitäten stillgelegt.

In der einzig übrig gebliebenen Anlage, Niederauer Mühle bei Kreuzau, in der im vergangenen Jahr 67 Prozent der in Deutschland gesammelten Getränkekartons (insgesamt also rund 97.000 Tonnen) verwertet wurden, wurden laut DUH in den ersten vier Monaten 2009 nur 14.000 Tonnen Getränkekartons stofflich verwertet.

„Damit fehlen selbst nach unseren ausgesprochen wohlwollenden Berechnungen für das Jahr 2009 in Deutschland Verwertungskapazitäten für mindestens 35.000 Tonnen der in Deutschland gesammelten Getränkekartons. Die Menge füllt fast 1.500 große LKW, das entspricht einer LKW-Reihe von über 27 Kilometern Länge“, erklärte die Leiterin Kreislaufwirtschaft bei der DUH, Maria Elander.

So würden sich seit Anfang des Jahres die Getränkekartons auf den Geländen der Sortieranlagen häufen. Die Duales System Deutschland GmbH (DSD)hätte bestätigt, dass derzeit ein Teil dieser Flüssigkeitskartons in Spanien verwertet werde. Ein auf die Produktion von Ersatzbrennstoffen spezialisiertes Unternehmen hätte gegenüber der DUH die Annahme von leeren Getränkekartons zu einem Preis von 60 Euro pro Tonne bestätigt.

„Verbrennung oder Transport von Getränkekartons über mehr als 1.000 Kilometer ist ökologischer Irrsinn. Die aus einem festen Verbund von Plastik, Karton und Aluminium bestehenden Einwegverpackungen als ‚ökologisch vorteilhafte Verpackungen‘ zu verkaufen, grenzt an Verbrauchertäuschung“, sagte Resch.

Da den Getränkekartons über die Befreiung von der Pfandpflicht explizite Wettbewerbsvorteile gegenüber anderen Verpackungsarten eingeräumt würden, fordert die DUH neben der Überprüfung der derzeitigen Praxis durch das BMU, dass diesem Segment der Verbundverpackungen eine explizit nachzuweisende eigene Mindestverwertungsquote abverlangt wird.

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