bvse: Verpackungsgesetz muss weiterentwickelt werden

Das Verpackungsgesetz hat deutliche Impulse für mehr Recycling gesetzt. Doch die Experten, das zeigte sich bei der bvse-Jahrestagung 2021 Anfang Oktober in Marienfeld, sind sich einig: Es sind noch viel zu viele Verpackungen im Einsatz, die nicht oder nur schwer recycelbar sind.
Foto: siepmannH; pixelio.de

Dieses Problem scheint auch nicht kleiner zu werden. Jedenfalls berichtete die Vorständin der Zentralen Stelle Verpackungsregister, Gunda Rachut, dass der Druck im Markt bestehe, Kunststoffverpackungen zu substituieren und deshalb neue Probleme entstehen. So seien zwei Trends feststellbar: Zum einen die Umstellung auf Verpackungen mit faserbasierten Verbunde und zum anderen die Umstellungen auf faserbasierte Verpackungen für flüssige und pastöse Füllgüter. Beide Verpackungsarten hätten jedoch einen Kunststoffanteil von kleiner 5 %.

Problematisch sei, dass diese Verpackungen nicht nur schwerer als Kunststoffverpackungen, sondern auch „nur bestenfalls anteilig verwertbar“ seien. Trends also, die sich hinsichtlich der Recyclingfähigkeit von Verpackungen nicht in die gewollte Richtung entwickeln. Sie stellte fest, dass die Bewertung der Recyclingfähigkeit teilweise abhängig vom Gutachter sei und die Praxis nicht einbezogen würde. Gunda Rachut: „Tatsächlich sind in der gesamten Wertschöpfungskette Anstrengungen notwendig, für viele weitere Verpackungen Recyclingmöglichkeiten und darauffolgend Einsatzpotenziale von Recyclaten zu realisieren.“

Ein Instrument könnte der § 21 VerpackG sein, der zum Ziel hat, die Recyclingfähigkeit von Verpackungen und außerdem die Verwendung von Recyclaten mittels eines Anreizsystems im Rahmen der Bemessung der Beteiligungsentgelte zu fördern, wie Dr. Fritz Flanderka, Geschäftsführer der Reclay GmbH, erläuterte. Ob der § 21 VerpackG allerdings ein wirksames Instrument werden kann, entscheide sich daran, ob wichtige „Schlüsselfragen“ geklärt werden können, wie zum Beispiel, ob alle Inverkehrbringer einbezogen werden sollen oder sogenannte Klein-Inverkehrbringer befreit werden. Wie sollen die Zuschläge verwendet werden? Wie soll die Erhebung erfolgen? Zum Beispiel als Beteiligungsentgelt über die dualen Systeme oder über eine Abgabe?

Nach Aussage von Flanderka müssten sich alle Verantwortlichen klar darüber sein, dass der hohen Komplexität in den zu gestaltenden Regelungen Rechnung getragen werden müsse. Aus seiner Sicht seien jedoch gesetzlich definierte Zuschläge zu den Beteiligungsentgelten der dualen Systeme sowohl zielführend als auch umsetzbar.

Auch in der anschließenden Diskussion, an der sich Henry Forster, Marc Uphoff und Herbert Snell unter der Moderation von Eric Rehbock beteiligten, zeigte sich die Komplexität der Materie.

So drehte sich die Diskussion zuerst um das sogenannte chemische Recycling versus werkstoffliches Kunststoffrecycling. Eric Rehbock stellte die Frage, ob hier momentan nicht eine völlig falsche Richtung eingeschlagen werde, um die Bemühungen hinsichtlich Qualität und Recyclingfähigkeit zu unterlaufen.

bvse-Vizepräsident Herbert Snell erinnerte in seiner Antwort daran, dass das heutige chemische Recycling schon in den 90er Jahren, damals noch als rohstoffliches Recycling, in aller Munde war. Nach wie vor stehe jedoch der Nachweis dafür aus, dass diese Verfahren ökologische Vorteile gegenüber dem werkstofflichen Recycling haben.

„Die vielen Verfahren, die in den letzten fünf Jahren bekannt geworden sind, haben noch nicht gezeigt, dass sie technisch umsetzbar sind. Dass man ein Polymer depolymerisieren kann, das wissen wir aus der Chemie. Das ist machbar. Dass das aber mindestens so viel Energie benötigt, wie das Polymerisieren selber, ist jedem Ingenieur klar. Insofern stehe ich diesen Verfahren kritisch gegenüber. Wenn die Chemische Industrie erklärt, sie wolle das Verwerten, was schwierig zu recyceln ist, gleichzeitig aber alle Polyolifine beansprucht, dann ist das ein Widerspruch in sich“, erklärte Snell.

Ähnlich argumentierte Dr. Fritz Flanderka, der die Position der chemischen Industrie zwar aus deren Interessensicht als „völlig legitim“ bezeichnete, jedoch deutlich machte, dass seiner Ansicht nach die Anwendungsbereiche des chemischen Recyclings „streng limitiert“ seien.

Dass das neue Verpackungsgesetz zwar für Verbesserungen gesorgt hat, aber den gordischen Knoten, vor allem aus Sicht der Bürgerinnen und Bürger, wohl noch nicht durchschlagen hat, war den Äußerungen von bvse-Präsident Henry Forster zu entnehmen.

Er verwies darauf, dass es für die Bürgerinnen und Bürger immer noch sehr schwierig sei zu entscheiden, welcher Haushaltsabfall in welche Tonne gehöre. Wenn die Verpackung braun sei und nach Papier oder Pappe aussehe, dann lande sie in der Papiertonne, auch wenn sie eigentlich in die gelbe Tonne gehöre. Andererseits würden beispielsweise Kunststoffabfälle häufig in der gelben Tonne landen, auch wenn sie ursprünglich gar keine Verpackungen waren.

Nicht selten seien Kartonverpackungen aus dem Versandhandel auch mit so viel Klebeband versehen wenn sie beim Verbraucher ankommen, dass diese ursprünglich recycelbare Verpackung dadurch nicht mehr recyclingfähig sei. Hier habe das System noch deutlichen Verbesserungsbedarf, so die Schlussfolgerung des bvse-Präsidenten.

In eine ähnliche Richtung gingen auch die Anmerkungen von Marc Uphoff für das Glasrecycling. Er machte deutlich, dass aus seiner Sicht die neue Vorgabe des Verpackungsgesetzes eine 90 Prozentige Recyclingquote für Glasverpackungen zu erzielen, nicht zu erreichen sei. Momentan liege die Recyclingquote bei 85 %. Das Glas, das gesammelt werde, gehe auch ins Recycling. Allerdings gelangt Glas auch in den Restmüll und steht so nicht mehr für das Recycling zur Verfügung.

Immer größere Schwierigkeiten sieht Uphoff für das Glasrecycling durch Glasverpackungen, die lackiert sind und deshalb schlecht oder gar nicht recycelbar sind. Eine reine Verteuerung dieser Verpackungen, wie das der § 21 Verpackungsgesetz ermögliche, reiche nicht aus. „Das Hersteller preist das einfach ein.“ Sein Appell ging deshalb dahin, dass diese Verpackungen auch eindeutig als nicht recyclingfähig gekennzeichnet werden sollten, um so den Verbrauchern die Orientierung zu erleichtern.

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