Backwaren als Grundlage für Basischemikalien

Die Universität Hohenheim und das Fraunhofer WKI erforschen Verwendungsmöglichkeit für Altbackwaren, die als Lebensmittel nicht mehr vermarktet werden können. Es sei gelungen, Basischemikalien aus den Reststoffen herzustellen.
Im Bioraffinerie-Technikum der Universität Hohenheim wird Stärke zu HMF in wässriger Lösung umgewandelt. (Quelle: Max Kovalenko / Universität Hohenheim)

In Deutschland fallen jährlich über 500.000 Tonnen Altbackwaren an, die nicht ohne Weiteres für den weiteren Verzehr oder als Futtermittel geeignet sind. Bisher erfolgt deren Nutzung hauptsächlich energetisch, etwa in Verbrennungsprozessen oder in Biogasanlagen. Altbackwaren wie Brot, Brötchen oder Kuchen enthalten große Mengen Stärke. Die Stärke lässt sich zu der Basischemikalie Hydroxymethylfurfural (HMF) umsetzen, die ein Potenzial für eine Vielzahl von Anwendungen bietet. „Wir haben in unserem Teilprojekt das Anwendungspotenzial für HMF näher bestimmt, da regional verfügbare Altbackwaren eine sinnvolle Ressource jenseits der energetischen Nutzung darstellen“, erklärt der Projektleiter am Fraunhofer Wilhelm-Klauditz-Institut (Fraunhofer WKI), Dr. Steven Eschig.

Das Projektteam an der Universität Hohenheim erarbeitete einen Prozess zur sogenannten hydrothermalen Behandlung der Altbackwaren, durch den feuchte Biomassen unter Hitze und leicht erhöhtem Druck umgewandelt werden. Aus den Altbackwaren und der in großen Mengen enthaltenen Stärke entsteht dabei HMF in wässriger Lösung und Kohle. „Die Prozessparameter wie pH-Wert, Temperatur und Dauer haben wir so gewählt, dass möglichst hohe Ausbeuten an HMF erzielt werden“, erklärt Markus Götz, Mitarbeiter im Fachgebiet Konversionstechnologien nachwachsender Rohstoffe von Prof. Dr. Andrea Kruse an der Universität Hohenheim, der das Projekt leitet. Als Nebenprodukt der hydrothermalen Behandlung entsteht Kohle. Sie kann als Biobrennstoff oder als Bodendünger eingesetzt werden. Gleichzeitig ist sie ein gutes Adsorptionsmittel und kann daher als Aktivkohle genutzt werden.

„Wir am Fraunhofer WKI hatten die Aufgabe, das HMF aus der wässrigen Lösung zu isolieren und weiterzuverarbeiten“, sagt Dr. Eschig. Er und sein Team fanden heraus, dass Methylisobutylketon (MIBK) als Extraktionsmittel besser funktioniert als Chloroform (CHCI3) und sich die Zugabe von Natriumchlorid positiv auf die extrahierte Menge auswirkt. Außerdem konnten sie Polyester unter Verwendung von Furandicarbonsäure herstellen und charakterisieren.

HMF ist ein vielseitiger Ausgangsstoff, da er als Ersatz für Formaldehyd dienen kann, beispielsweise in formaldehydfreien Harzen und Bioklebstoffen. Außerdem kann er chemische Bindungen ausbilden, die sich bei Temperaturerhöhung wieder lösen lassen. Das ermöglicht die Herstellung von Materialien mit Selbstheilungseigenschaften. Die Möglichkeit des reversiblen Lösens der chemischen Bindungen kann außerdem für schaltbare Klebstoffe genutzt werden, wodurch sich neue Recyclingmöglichkeiten ergeben.

Über chemische Veränderungen können aus HMF sogenannte Dialkohole (reduktiv) oder Dicarbonsäuren (oxidativ) gewonnen werden. Sie können als Baustein für Polymere eingesetzt werden, beispielsweise zur Herstellung von Beschichtungen oder Fasern. Die Herstellung des Kunststoffs Polyethylenfuranoat (PEF) als PET-Ersatz ist bereits erprobt. PEF aus nachwachsenden Rohstoffen ist nicht nur ökologisch vorteilhaft, es ist außerdem leichter und beständiger und daher von großem Interesse für die Getränkewirtschaft.

Die Forschenden konnten zeigen, dass sich Altbackwaren für höherwertige Anwendungen eignen und für die Industrie eine attraktive Alternative für eine biobasierte Kreislaufwirtschaft darstellen. Das Projekt wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) über den Projektträger Jülich gefördert.

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