Unternehmen verlieren Interesse an Industrienationen

Das Interesse von Unternehmen aus Schwellenländern an Fusionen und Übernahmen in den Industrienationen lässt offenbar nach. Wurden in der ersten Jahreshälfte 2010 noch 265 M&A-Transaktionen verzeichnet, sei diese Zahl im zweiten Halbjahr um zehn Prozent auf 239. Das hat eine Analyse der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG ergeben, für die Zahlen von Thomson Reuters ausgewertet wurden.

Die Zahl der Transaktionen, an denen deutsche Unternehmen beteiligt waren, sei dabei von 11 auf 10 gefallen. KPMG-Partner Thorsten Amann: „Diese Tendenz sollte deutsche Unternehmen nachdenklich machen. Denn die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und damit die Finanzierungsmöglichkeiten für Deals haben sich in letzter Zeit günstig entwickelt, so dass eigentlich mit einer Zunahme der Transaktionen zu rechnen war.“ Darüber hinaus seien einige finanzkräftige Staatsfonds nach wie vor auf der Suche nach geeigneten Übernahmezielen. Doch offenbar seien aus Sicht von Unternehmen aus Brasilien, China und Indien Investitionen in den Industrienationen nicht mehr so attraktiv wie noch vor Jahresfrist.

Ungebrochen dagegen ist laut KPMG-Analysten der Drang von Unternehmen aus Ländern wie Deutschland, USA oder Japan nach Brasilien, Russland oder China: Hier sei es im zweiten Halbjahr 2010 zu insgesamt 815 Deals gekommen, was einem Zuwachs von zwei Prozent entspricht. Am stärksten sei dabei das Interesse am russischen Markt gewachsen. Während Unternehmen aus den Industrienationen dort in den ersten sechs Monaten 2010 noch 159 M&A-Transaktionen abwickelten, sei diese Zahl im zweiten Halbjahr um 32 Prozent auf 211 gestiegen. Was die Beteiligung deutscher Unternehmen angeht, ist die Tendenz laut Einschätzung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft rückläufig: 23 Mal hätten deutsche Unternehmen im zweiten Halbjahr 2010 in den Schwellenländern zugegriffen (1. Halbjahr: 26), davon fünf Mal in Russland (1. Halbjahr: 6).

„Westliche Unternehmen müssen sich fragen, wie sie das Interesse von Investoren aus den Schwellenländern wieder wecken können“, betont Amann. Viele verfügten einfach nicht über die richtige Produktpalette. Einige Hersteller hätten bereits begonnen, umzudenken und sich das Konzept des ‚Reverse Engineering‘ zu eigen gemacht. Sie bemühten sich, attraktivere Produkte für Verbraucher in den Schwellenländern zu kreieren, statt nur auf hochtechnische – und somit teure – Produkte zu setzen, die aus Investorensicht zunehmend an Reiz verlören.

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