Abwrackprämie: BDK rechnet mit 50.000 Betrugsfällen

Der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) fordert eine schärfere Aufsicht für die Auto-Entsorgungsbetriebe. „Man hätte bei der Abwrackprämie von Anfang an vorsehen müssen, dass die Ordnungsbehörden bei den Recycling-Unternehmen entsprechende Kontrollen durchführen“, sagte BDK-Vize Wilfried Albishausen am Mittwoch. Die Prämie sei "ein Förderprogramm für die organisierte Kriminalität", kommentierte Jürgen Resch, Chef der deutschen Umwelthilfe.

Zuvor hatte Albishausen berichtet, dass nach BDK-Schätzungen bislang rund 50.000 abgewrackte Autos illegal weiterverkauft worden seien. Das für die Abwrackprämie zuständige Amt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) zeigte sich überrascht: „In diesem Maße war uns das nicht bekannt“, sagte Bafa-Sprecher Holger Beutel. „Nur in Einzelfällen macht uns die Polizei auf Verdachtsfälle aufmerksam.“

Der BDK-Vize Albishausen beruft sich vor allem auf Quellen aus der Schrotthändlerbranche. „Da die Autos oft noch gebrauchsfähig sind, lassen sich hier natürlich gute Geschäfte machen“, sagte er dem audio-Dienst der dpa. Das Risiko für die schwarzen Schafe unter den Schrotthändlern, entdeckt zu werden, sei zudem äußerst gering – aufgrund der mangelnden Aufsicht. „Man wollte den Verwaltungsaufwand ja bewusst gering halten», so Albishausen. «Dagegen hätte man bei der Abwrackprämie von Anfang an vorsehen müssen, dass die Ordnungsbehörden bei den Recycling-Unternehmen entsprechende Kontrollen durchführen.“

Auch bei den Strafverfolgungsbehörden war man sich des Missbrauchs offenbar nicht bewusst: „Uns sind aktuell keine Betrügereien bekannt“, sagt etwa Frank Scheulen vom Landeskriminalamt in Düsseldorf. „Das ist aber auch logisch: Wenn Schrotthändler betrügen, dann merkt das oft keiner.“ Das Bundeskriminalamt weiß zumindest, welche Route die Autos nehmen: «Die werden in der Regel auf dem Seeweg über die Häfen Hamburg und Bremerhaven verschoben“, so ein Sprecher. Mittel und Wege gebe es immer, weiß auch Ulrich Leuning, Chef der Bundesvereinigung Deutscher
Stahlrecycling- und Entsorgungsunternehmen (BDSV). Er warnt jedoch: „Wenn ein Betrieb nicht mehr als zuverlässig gilt, wird er im Zweifel geschlossen.“

Die Kritiker der Abwrackprämie sehen ihre Vorbehalte dennoch bestätigt. Die Prämie sei „ein Förderprogramm für die organisierte Kriminalität“, sagt etwa Jürgen Resch, Chef der deutschen Umwelthilfe. „Die Betrugsfälle bestätigen unsere eigenen Recherchen.“ Der Umweltverband hatte bereits Ende Januar von einem „Förderprogramm für die organisierte Kriminalität“ gesprochen und aufgezeigt, wie einfach es ist, ein offiziell abgewracktes Fahrzeug nach Osteuropa oder Afrika zu verkaufen

Die DUH kritisiert, dass die Bundesregierung mit Blick auf die Bundestagswahl und um die Autoindustrie zu stützen die Abwrackprämie völlig ohne ökologische Standards erlassen hat. Außerdem habe die Bundesregierung bei der Erleichterung des Neuwagenkaufs auf die Kontrolle der Verschrottung der Altfahrzeuge weitgehend verzichtet. Ferner kritisiert der Umweltverband, dass die Bundesregierung offensichtlich auch auf eine eigenständige Erfassung der Straftaten in der Kriminalstatistik verzichtet hat. Resch bilanziert die aktuelle Situation mit den Worten: „Dieses Programm war und ist eine Einladung zum Betrug. Mit Steuergeldern wird derzeit der Aufbau eines illegal operierenden Autohehlernetzes finanziert – und der Staat schaut bewusst weg.“

Ungeachtet dessen erfreut sich die staatliche Umweltprämie großer Beliebtheit in der Bevölkerung: Neuesten Statistiken zufolge wurden bereits über 1,7 Milliarden Euro ausgezahlt. Der Prämientopf könnte noch ungefähr bis zur Bundestagswahl Ende September reichen. (dpa)

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