„Das ergibt aus Umweltsicht keinen Sinn“

Die Association des Constructeurs Européens d'Automobiles (ACEA) hat die EU aufgefordert, Maßnahmen zu ergreifen, um der Automobilbranche in dieser schweren Krise zu helfen. ACEA-Umweltmanager Roman Meininghaus berichtet im Interview mit dem RECYCLING magazin, welche Maßnahmen aus Sicht der ACEA dazu geeignet wären. Und auch an der EU-Altauto-Richtline hält Meininghaus einiges für verbesserungswürdig.

Herr Meininghaus, die Association des Constructeurs Européens d’Automobiles (ACEA) hat die EU aufgefordert, Maßnahmen zu ergreifen, um der Automobilbranche in dieser schweren Krise zu helfen. Welche Maßnahmen wären denn dazu geeignet?

MEININGHAUS: Vor allen Dingen sollte die EU den Zugang zu Krediten verbessern. Die Finanzmärkte funktionieren nach wie vor nicht und die Autoindustrie ist davon besonders betroffen. Denn einerseits ist die Herstellung sehr kapitalintensiv, und andererseits brauchen die Kunden Kredite, um Fahrzeuge zu kaufen.

Die Europäische Investitionsbank hat bereits einige Kredite für Investitionen in umweltfreundliche Technologien zur Verfügung gestellt. Aber die Mittel müssen unbedingt aufgestockt werden, um den Umständen gerecht zu werden.

Darüber hinaus muss die Nachfrage angekurbelt werden, unter anderem durch Abwrackprämien, aber auch durch zusätzliche Anreize und Investitionen. Die EU hat auch eine Verantwortung als wichtigster Gesetzgeber der Autobranche. Sie sollte neue kostspielige Vorhaben während der Krise verschieben.

ACEA-Umweltmanager Roman Meininghaus
Foto: Mareike Kuhn

Auch was die EU-Altauto-Richtline, die „End of Life Vehicles“-Directive, angeht, fordern Sie Verbesserungen. Was bemängeln Sie an der Richtlinie?

MEININGHAUS: Die Altfahrzeug-Richtlinie ist nun seit über acht Jahren in Kraft und in allen EU-Mitgliedsstaaten umgesetzt.

Die europäischen Automobilhersteller haben ihre Hausaufgaben gemacht: Wir haben heute flächendeckend Rücknahmenetze, in denen der Letzthalter sein altes Fahrzeug kostenlos abgeben kann. Unsere Produkte können zu einem sehr hohen Prozentsatz rezykliert werden; unsere Industrie unterstützt die Entwicklung neuer Recycling-Technologien und hat neue Informationssysteme entwickelt, die das Recycling unserer Produkte erleichtern.

Unsere Erfahrungen mit der Altfahrzeug-Richtlinie und ihrer Umsetzung in den EU-Ländern zeigen aber, dass es an der Gesetzgebung einiges zu verbessern gibt: Wir haben es heute mit 27 unterschiedlichen nationalen Altfahrzeug-Gesetzgebungen zu tun. Dies ergibt aus Umweltsicht gerade für produktspezifische Anfordungen keinen Sinn.

Auch gibt es Widersprüche und Doppelregulierungen mit anderen Gesetzgebungen, hier seien insbesondere die Batterie-Richtlinie, die Elektro-Altgeräte-Richtlinie und die Europäische Chemikaliengesetzgebung Reach erwähnt. Daher erwarten wir dringend eine Harmonisierung durch den europäischen Gesetzgeber.

Generell sollte der Gesetzgeber auch beim Recycling einen integrierten Ansatz verfolgen: die Automobilindustrie nimmt ihre Verantwortung als Produkthersteller sehr ernst. Aber nur wenn auch der Kunde und Letzthalter sowie die Verwertungsindustrie mitspielen, kann erfolgreiches und umweltgerechtes Altfahrzeug-Recycling funktionieren.

Sind die in der EU-Direktive für 2015 gesetzten Ziele, eine Wiederverwendungs- und Verwertungsquote der Altfahrzeuge von mindestens 95 Prozent der Fahrzeugmasse zu erreichen, erreichbar?

MEININGHAUS: Die Autohersteller zeigen im Rahmen der sogenannten RRR-Richtlinie (Recycling, Recoverability, Reusability) 2005/64/EC im Rahmen der Fahrzeug-Typprüfung, dass ihre neuen Produkte heute zu einem sehr großen Anteil wiederverwendbar beziehungsweise wiederverwertbar sind. Dieser Berechnung liegt zwar ein rein theoretischer, mathematischer Ansatz zugrunde, lässt wirtschaftliche sowie infrastrukturelle Bedingungen außer acht, zeigt aber, daß jedes Fahrzeug diese genannten Quoten erreichen kann.

Generell ist daher aus unserer Sicht eine zusätzliche Festlegung von Wiederverwendungs- und Verwertungs-Quoten im realen Fahrzeugverwertungsprozess nicht zielführend. Ein besserer Ansatz besteht darin, die Deponierung von Abfällen einzuschränken, was zudem eine flexiblere Nutzung von Verwertungswegen ermöglichen würde

Kommen in Zukunft durch Neuerungen im Fahrzeugbau – andere Materialien und Antriebstechniken – größere Probleme auf die Autorecycling-Industrie zu?

MEININGHAUS:Neue Fahrzeuge erfüllen hohe Anforderungen an Sicherheit, Umwelt und Qualität. Dies führt dazu, dass in neuen Autos neue Technologien und somit auch neue hochwertige Materialien eingesetzt werden. Dies wertet unsere Produkte auf und erhöht somit später auch den Wert des Altautos. Denken Sie an den Katalysator mit einem hohen Anteil an Edelmetallen, oder den vemehrten Einsatz von Aluminium im Leichtbau.

Darüber hinaus sind die Schwermetallgehalte in neuen Pkw in den vergangenen Jahren erheblich reduziert worden, was einen positiven Einfluss auf das Recycling haben sollte. Eine weitere Reduzierung macht daher keinen Sinn und würde gegebenfalls sogar den Einsatz neuer, umweltfreundlicher Technologien behindern.

Herr Meininghaus, vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Mareike Kuhn.

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