MVA-Anlagenbauer Von Roll Inova will in Südeuropa wachsen

Seit 75 Jahren ist der Schweizer Anlagenbauer Von Roll Inova eine feste Größe auf dem weltweiten MVA-Markt. In China steht seit dem Jahr 2008 die erste Müllverbrennungsanlage „made in Switzerland“ in Xiamen, zwei weitere sind in Auftrag gegeben. In Zukunft will das Unternehmen aus Zürich verstärkt in süd- und osteuropäische Märkte vorstoßen.

Cornelius Heyer

Schweizer Firmen haben den Ruf, sich stark am internationalen Geschäft zu orientieren – was bei hohem Technologiestandard und kleinem nationalen Absatzmarkt auch kein Wunder ist. Aber die Züricher Von Roll Inova ist noch einmal ein besonderer Fall. 1933 wurde sie als „L. von Roll Aktiengesellschaft für kommunale Anlagen“ gegründet, und die Zeiten waren wirtschaftlich nicht gerade rosig. Dennoch gelang ihr schon mit dem ersten Auftrag der Sprung ins europäische Geschäft: Für die fast 800 Kilometer entfernte niederländische Stadt Dordrecht bauten die Schweizer eine Großanlage zur Müllverbrennung.

75 Jahre und mehr als 400 Anlagen später ist Von Roll Inova eine feste Größe auf dem weltweiten MVA-Markt. „Wir haben immer auf organisches Wachstum gesetzt“, erklärt Von-Roll-Chef Georg Silbermann. „Deshalb sind uns Forschung und Entwicklung sehr wichtig.“ Als wichtigste Meilensteine in der Firmengeschichte zählt er denn auch technische Errungenschaften auf. Etwa „Aquaroll“, den 1995 erstmals eingesetzten wassergekühlten Rost, der den Verschleiß reduziert und die Verbrennung optimiert. Oder die Einführung des Niedertemperaturkatalysators, mit dem Stickoxide auch unter 200 Grad Celsius abgeschieden werden können.

Vor vier Jahren steigerte die Firma den energetischen Wirkungsgrad der Anlage im schwedischen Uppsala auf fast 100 Prozent. Mit Kondensationswäschern und Adsorptionswärmepumpen wird auch dem Abgas noch Wärmeenergie entzogen, um sie im Fernwärmenetz zu nutzen.

Um weltweit präsent zu sein, hat Von Roll Verkaufsniederlassungen rund um den Globus gegründet. 1960 gründete die Firma eine Filiale im fernen Japan, wo sie mit Hitachi Zosen kooperiert. Auch in den USA und vielen europäischen Ländern gibt es Büros. In China steht seit dem Jahr 2008 die erste Anlage „made in Switzerland“ in Xiamen, zwei weitere sind in Auftrag gegeben. „Unsere Technologie wird bald auch in China maßgeblich sein“, erklärt Silbermann selbstbewusst.

In näherer Zukunft sieht der Unternehmenschef den Müllverbrennungsmarkt in Europa nicht unter Druck. „Trotz intensiver Bemühungen seitens Politik und Umweltorganisationen wächst das Abfallaufkommen weiter“, ist Silbermann überzeugt. Trotzdem gebe es in erschlossenen Märkten wie Deutschland, Frank­reich und der Schweiz nur wenige Neuprojekte – hier stehen Modernisierung und Leistungssteigerung bestehender Anlagen im Vordergrund. „Es geht um eine maximale Rückgewinnung der klimaneutralen Energie aus Abfall, aber auch um eine sich verändernde Abfallzusammensetzung“, berichtet Silbermann. Bedarf bestehe aber an Anlagen für Biomasse, vor allem in Skandinavien. Diese Aufträge werden allerdings von Schwesterunternehmen der österreichischen A-Tec übernommen – 2003 übernahm der Wiener Konzern das Schweizer Traditionsunternehmen.

Von Roll Inova selbst muss trotzdem nicht über eine Auftragsflaute klagen: Gerade bekam die Firma von der Stadt Oslo den Zuschlag für eine weitere MVA-Linie. Und im vergangenen September konnte ein Großauftrag an Land gezogen werden: In London baut Von Roll die größte energetische Abfallverwertungsanlage Großbritanniens, wo ab 2011 jedes Jahr 585.000 Tonnen Siedlungs- und Gewerbeabfälle verarbeitet werden sollen. Mit einer 72-Megawatt-Turbine wird Strom für 66.000 Haushalte produziert. Das Auftragsvolumen für die Anlage liegt bei satten 400 Millionen Euro. „Großbritannien ist zurzeit der stärkste Wachstumsmarkt“, sagt Silbermann.

In Zukunft will das Unternehmen aus Zürich verstärkt in süd- und osteuropäische Märkte vorstoßen. „Momentan bauen wir die erste Anlage auf Mallorca, sie gilt als Referenzanlage“, berichtet Silbermann. Osteuropa sieht er dagegen eher als langfristige Option: „Hier ist der Druck, Abfälle nicht mehr zu deponieren, sondern thermisch und damit umweltfreundlich zu verwerten, noch nicht groß genug.“

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