Abfall zwischen Re-Kommunalisierung und privater Verantwortung

Die private Entsorgungswirtschaft beklagt Verstaatlichungstendenzen auf der Basis eines überholten Verständnisses der Daseinsvorsorge und hat wegen der umsatzsteuerlichen Ungleichbehandlung privater und kommunaler Entsorgungsdienstleistungen Beschwerde bei der EU Kommission eingereicht, meldet europaticker. Die Regierungskoalition auf Bundesebene hat sich hingegen darauf verständigt, die Entscheidung über die Organisation der Abfallentsorgung bei den Kommunen zu belassen und das Steuerprivileg für die Abwasser- und Abfallentsorgung beizubehalten.

Nicht zuletzt auf Grund der Rechtsprechung des EuGH, der zu „Inhouse-Geschäften“ strikte Vorgaben für Public-Private-Partnerships entwickelt hat, tendieren Kommunen verstärkt dazu, langjährige Kooperationen mit privaten Entsorgern aufzukündigen und diese Dienstleistungen wieder in eigener Regie durchzuführen. Die Privaten reagieren darauf mit der Forderung nach Einführung einer generellen Verpflichtung zur öffentlichen Ausschreibung aller Entsorgungsdienstleistungen bzw. eine Beschränkung kommunaler Verantwortlichkeiten auf eine bloße Gewährleistungsfunktion bei der Abfallentsorgung. Auf europäischer Ebene ist mit entsprechender Begleitmusik privater und kommunaler Interessenverbände bei den Beratungen zur Novellierung der Abfallrahmenrichtlinie darüber verhandelt worden, ob und inwieweit kommunale Entsorgungsstrukturen besonders zu schützen sind.
Die 16. Kölner Abfalltage werden diese Themen und Konfliktfelder an zwei Veranstaltungstagen gründlich beleuchten und Gelegenheit zu einem ausführlichen Meinungsaustausch bieten.
Einleitend sollen die Regelungen über die Daseinsvorsorge im EU-Vertrag und ihre Auswirkungen für die Organisation der deutschen Abfallwirtschaft analysiert und ein Überblick über die geltenden und zu erwartenden abfallrechtlichen Vorgaben der EU für die Organisation der Abfallwirtschaft gegeben werden. Daran anschließend werden die Vorgaben des nationalen Abfall-, Kommunalverfassungs- und Wettbewerbsrechts im Hinblick auf ihre Bedeutung für die wirtschaftliche Betätigung der Gemeinden in der Abfallwirtschaft einer vertieften Betrachtung unterzogen und die gegensätzlichen Positionen zur künftigen Aufgabenverteilung zwischen öffentlichen und privaten Entsorgern vorgetragen. Ein Blick über die Grenzen soll Einblicke in die Organisation der Abfallwirtschaft in anderen EU Mitgliedstaaten vermitteln.
Bei einem Vergleich zwischen kommunal- und privatwirtschaftlich organisierter Abfallwirtschaft sind betriebswirtschaftliche, steuerliche und vergaberechtliche Fragestellungen von herausragender Bedeutung. Daher sollen ein betriebswirtschaftlicher Systemvergleich vorgenommen, die Wettbewerbsverzerrung durch ungleiche steuerliche Behandlung untersucht, die möglichen Kooperationsformen öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger dargestellt und die unterschiedlichen Finanzierungskonditionen für kommunale und private Investoren beleuchtet werden.
Da der Bau neuer Entsorgungsanlagen hohe Investitionen und erhebliche Sachkompetenz erfordert, soll der Frage nachgegangen werden, ob bzw. inwieweit die Wahl der Abfallbehandlungstechnik einen entscheidenden Einfluss auf die Trägerschaft bei der Abfallentsorgung haben kann. Mit Blick auf die durch das Elektro- und Elektronikgerätegesetz vorgenommene geteilte Verantwortlichkeit und im Hinblick auf die nicht verstummende Diskussion um eine Verschiebung der Verantwortlichkeit bei der Entsorgung gebrauchter Verkaufsverpackungen im Rahmen der anstehenden Novelle der Verpackungsverordnung sollen die Auswirkungen einer ausschließlichen den Konsequenzen einer geteilten Produktverantwortung gegenübergestellt werden. Zum Abschluss der Veranstaltung soll ein Zukunftsszenario zu realistischen, denkbaren und möglichen Optionen in einer künftigen Abfallwirtschaft entwickelt werden.

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