EU-Parlament verabschiedet neue EU-Gefahrgutrichtlinie

Am 5. September haben die Europa-Parlamentarier in erster Lesung eine EU-Richtlinie verabschiedet, die die bestehenden Gefahrgut-Vorschriften vereinheitlichen und vereinfachen soll. Erstmals erfasst wird außerdem die Binnenschifffahrt. Die Europa-Abgeordneten stimmten dem Vorschlag mit großer Mehrheit zu.

Wie der Berichterstatter des Parlaments, der polnische SPE-Abgeordnete Liberadzki, vor kurzem mitteilte, hat das Parlament den Richtlinientext allerdings in einigen Punkten abgeändert, etwa um es den Mitgliedsstaaten zu ermöglichen, spezifische Vorschriften für Beförderungsmittel zu erlassen, die von der Richtlinie nicht erfasst werden.

Auch sollen nach dem Willen des Parlaments für Gefahrguttransporte besondere Routen ausgewiesen werden können. Außerdem sollen die Mitgliedsstaaten eigene Vorschriften für die Mitnahme den Transport von gefährlichen Gütern in Personenzügen erlassen können.

Die neue Richtlinie bedarf nun der Zustimmung des Ministerrates. Wenn es nach dem Parlament geht, müsste sie anschließend bis Ende Juni 2009 in nationales Recht umgesetzt werden.

Gefahrgüter sind prinzipiell alle Güter, von denen eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit, der Gesundheit oder der Umwelt ausgeht. Dabei handelt es sich konkret vor allem um entflammbare Erdölprodukte (rund die Hälfte aller Gefahrguttransporte), explosive Stoffe, Säuren und andere Chemikalien oder auch – im weit geringeren Maße –radioaktives Material und Krankheitserreger.

Gefahrgut-Statistiken

In der Europäischen Union werden jährlich rund 110 Milliarden Tonnenkilometer gefährlicher Güter befördert, davon 58 Prozent auf der Straße, 25 Prozent auf der Schiene und 17 Prozent auf Binnenschifffahrtsstraßen. Der Anteil der Schiene ist rückläufig. Statistiken über Unfälle mit Gefahrgütern sind europaweit nur unvollständig. 2005 wurden in der EU 74 Unglücke mit Gefahrgütern im Bahnverkehr erfasst.

In Deutschland kam es laut der privaten Gefahrgut-Unfall-Datenbank GUNDI in den letzten Jahren jeweils zu 60 bis 90 Unfällen, bei denen gefährliche Güter im Spiel waren. Unfälle mit zum Teil verheerenden Folgen Unfälle mit Gefahrgütern erregen immer wieder große Aufmerksamkeit, weil die Schäden besonders verheerend sein können.

In Deutschland löste vor 20 Jahren der Unfall von Herborn eine breite Debatte über Gefahrguttransporte aus und führte in der Folge dazu, dass vielerorts Notfall-Bremsspuren für Lkw angelegt wurden. Im Sommer 1987 war im hessischen Herborn ein mit über 30.000 Liter Kraftstoff beladener Sattelschlepper mit defekter Bremse in eine Eisdiele gerast und löste einen Großbrand aus. Sechs Menschen kamen ums Leben, mehr als 40 wurden zum Teil schwer verletzt. Explosionen verwüsteten umliegende Gebäude und brennender Treibstoff ergoss sich in den nahe gelegenen Fluss Dill.

Glimpflicher ging im März dieses Jahres die Havarie des Frachtschiffs Excelsior auf dem Rhein ab, als mehrere Container (darunter auch Gefahrgut) auf der Höhe von Köln-Porz über Bord gingen. Zum Bergen der Container musste der Rhein für fünf Tage für die Schifffahrt gesperrt werden; es bildete sich ein Stau von rund 500 Schiffen.

Gefahrgutvorschriften neu geordnet

Das Europaparlament befasste sich diese Woche mit einem Vorschlag der EU-Kommission, mit dem vier Richtlinien in einer neuen zusammengefasst werden sollen. Aus historischen Gründen sind die EU-Rechtsvorschriften für die Beförderung gefährlicher Güter recht kompliziert.

Die Regelungen für die einzelnen Transportmittel sind zum Teil unterschiedlich, ohne dass dies in der Sache gerechtfertigt wäre. Außerdem sind einige Bestimmungen überholt. Erstmals europäisch geregelt werden soll der Gefahrguttransport auf den Binnengewässern.

Liberadzki betonte außerdem, dass es sich nicht um zusätzliche Regulierung handelt, sondern um die europäisch einheitliche Umsetzung von entsprechenden internationalen Übereinkommen.

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