Es gibt wohl kaum ein Thema, das in der Entsorgungsbranche derzeit wichtiger ist als die Brandgefahr durch falsch entsorgte Batterien und Akkumulatoren. Auch wenn die Zahlen über Brände zum Teil erheblich voneinander abweichen, kann man festhalten: Sie ist hoch und auf jeden Fall zu hoch. Neben erheblichen Sachschäden besteht auch immer Gefahr für Mitarbeitende. Und so manches Recyclingunternehmen hat nach einem entsprechenden Brand die Tore für immer geschlossen.
Trotz massiven Drängens durch die Branchenverbände ist die Politik bisher ausgesprochen zurückhaltend. Außer einem eher symbolischen Verbot von Einweg-E-Zigaretten und minimalen Änderungen bei der Rücknahme von Elektroaltgeräten auf den Wertstoffhöfen ist bisher nicht viel passiert. Eine technische Lösung scheint in der Tat schwierig. Als eine Art Strohhalm dient daher die Forderung nach einem Pfandsystem. Was theoretisch nach einer guten Idee klingt, dürfte praktisch extrem schwierig umzusetzen sein.
Betrachtet man gerade kleine Batterien, stellt sich schnell die Frage nach einem angemessenen Pfand. Das dürfte angesichts der Preise kaum besonders hoch ausfallen, damit aber auch gleichzeitig an Wirkung verlieren. Damit wäre die Gefahr bewusster oder unbewusster Fehlwürfe nicht gebannt. Alleine die Vielfalt an Batterien dürften die möglichen Entwickler eines solchen Systems in den Wahnsinn treiben. Zudem sind längst vermutlich Millionen Batterien in Verkehr gebracht, die durch ein Pfandsystem nicht mehr erfasst werden könnten.
Und dann sind da noch die diversen Onlinehändler, die ein entsprechendes System vermutlich erst einmal ignorieren würden. Zudem ist der Einzelhandel heute für ein umfassendes Batteriepfandsystem weder räumlich, brandschutztechnisch oder personell aufgestellt. Das Problem würde damit lediglich von den Sortieranlagen zu den Einzelhändlern verlagert. Auch die Versicherungsfrage könnte zu einem Problem werden. Aufgrund der hohen Brandschäden wird es immer schwieriger, die Recyclinganlagen zu versichern. Ein ähnliches Problem könnte dem Einzelhandel bei zunehmenden Brandschäden drohen.
Den Deckel drauf
Dass es möglicherweise doch eine technische Lösung gibt, zeigt die Save Box. Die Idee ist dabei ganz einfach: Statt des üblichen Deckels erhält die Restmülltonne einen Spezialdeckel mit einem Behälter für Batterien und Akkus. Dass ausgerechnet Deniz Keser auf diese Idee kommt, ist dann schon wieder überraschend. Zwar hat Keser zusammen mit seinem Geschäftspartner Julian Röder einen mobilen Zaunfuß aus 100 Prozent Rezyklat entwickelt, ansonsten hat ihr Kerngeschäft aber weniger mit Entsorgung zu tun: Die beiden betreiben eine Eventagentur im Raum Stuttgart.
Auf die Idee kam Keser dann letztlich, als er aus verschiedenen Quellen immer wieder mit der Brandproblematik in Berührung kam. Als Lösungsansatz schien ihm der nächste Evolutionsschritt der Mülltonne geeignet. Denn das Ziel war, eine verbraucherfreundliche Lösung zu finden. Aus einer Mülltonne sind irgendwann vier geworden, da kann es aus Kesers Sicht auch nur eine Frage der Zeit sein, bis auch eine weitere Sortierung akzeptiert wird. Dabei muss es nicht einmal eine weitere Tonne sein (die aufgrund der geringen Mengen auch eher unsinnig wäre), sondern nur ein neuer Deckel.
Ein neuer Deckel klingt zunächst einmal nicht besonders aufregend, aber das muss er ja auch gar nicht sein. Er verfügt einfach über ein zusätzliches Fach, in dem haushaltsnah Altbatterien und Akkus gesammelt werden können. Das Volumen der Tonne wird dadurch nicht beeinträchtigt. Und damit die Brandprobleme nicht auch noch auf die Haushalte ausgeweitet werden, ist er feuerfest. Dabei können die Save Box-Deckel laut Keser für Standardtonnen mit 120, 240 und 1.100 Liter serienreif produziert und an die spezifischen Maße der Tonne angepasst werden. An den Maßen der Tonne ändert sich dadurch nichts. Die feuerfeste Innenkammer mit Brandschutzinlay soll Temperaturen von bis zu 1.300 °C standhalten. Selbst wenn es zu einem Feuer kommt, beschränkt es sich auf den Deckel und greift nicht auf die Tonne über.
Frage der Entsorgung
Für die Verbraucher*innen entfällt damit das lästige Sammeln von Batterien, die dann irgendwann zu einer Sammelstelle gebracht werden (oder auch nicht). Aber auch das Save Box-Fach muss natürlich irgendwann geleert werden. Dafür wurde das Konzept eines Transporters entwickelt, der nach ADR für den Transport lithiumhaltiger Batterien ausgerüstet ist. Er verfügt über fest integrierte, feuerfeste Sicherheitsbehälter zur Aufnahme von defekten oder kritischen Energiespeichern. Damit können die Batterien direkt weiter sortiert werden. Alle Transporte würden unter Einhaltung der Gefahrgutverordnung, der Technischen Regeln für Gefahrenstoffe und der Vorgaben des ElektroG zur Sammlung und Rückführung von Altbatterien erfolgen. Ganz neu ist die Idee, eine Akku-Sammelbox direkt am Entsorgungsfahrzeug für Restmüll zu integrieren. Auch diese Box ist natürlich feuerfest und zeigt über ein digitales Anzeigemodul Gewicht und Füllstand an. Wie die genaue Umsetzung der Rücknahme aussieht, ist aber laut Keser noch unklar.
Theoretisch wäre in der Save Box auch die Sammlung von Elektrokleingeräten möglich. Laut Keser würde sogar ein E-Bike-Akku in den Deckel passen. Das Problem ist hier ein anderes: Die Verantwortlichkeiten für die Rücknahme von Batterien und Elektroaltgeräten sind unterschiedlich. Zudem müssten Batterien und Elektroaltgeräte später wieder getrennt werden.
Natürlich ist auch das System der Save Box mit Kosten verbunden. Als Ansatzpunkt sehen Keser und Röder hier die erweiterte Herstellerverantwortung, die eine Rücknahmepflicht der Hersteller vorsieht. Eine Voraussetzung sei zudem, dass die Politik die richtigen Rahmenbedingungen schafft. Und denkbar sei auch eine Gebührenfinanzierung durch die Kommunen. Röder betont, dass das Produkt noch neu sei, daher gebe es an einigen Stellen noch Klärungsbedarf. Es sei in jedem Fall notwendig, ein bürgernahes System einzuführen. Und das wäre bei einem Pfandsystem nicht gegeben.
Das Save Box-System hätten einen weiteren positiven Effekt. Derzeit muss in Deutschland eine Sammelquote von 50 Prozent erreicht werden. Auf europäischer Ebene sind es bei den Gerätebatterien bis 2027 sogar 63 Prozent und bis 2030 73 Prozent. Bei den leichten Verkehrsbatterien betragen die Quoten 51 Prozent bis 2028 und 61 Prozent bis 2031. Die Save Box könnte dazu beitragen, diese Ziele zu erreichen.
Weitere Elemente
Der Deckel ist aber noch nicht das Ende. Zusätzlich haben Keser und Röder auch noch den Save Bag entwickelt. In dem schwer entflammbaren Spezialbeutel können beschädigte Akkus separat erfasst und in die Save Box gelegt werden. Bei der Abholung ist dann sofort klar, dass es sich um eine kritische Batterie handelt. Mit dem Save Dot, einem isolierenden Sicherheitspunkt, können zudem die Pole der Batterien abgeklebt werden, um potenzielle Brandherde auszuschließen. Die Aufkleber bestehen aus einer reißfesten PET-Verbundfolie mit einem lösungsmittelfreien Kleber.
Und wie es sich für eine moderne Anwendung gehört, gibt es auch eine App, die sozusagen als digitale Rücknahmelösung dient. So kann eine volle Box gemeldet oder auch auf defekte Akkus hingewiesen werden. Keser betont, dass auch eine telefonische Meldung möglich sein soll.
Kann die Save Box das Batterieproblem in Deutschland in den Griff bekommen? Das bleibt abzuwarten. Denn auch eine neue Sammelbox kann von den Verbraucher*innen ignoriert werden. Auch heute ist ja die Mülltrennung bei anderen Stoffströmen längst nicht so gut, wie sie sein könnte. Aber immerhin ist es ein Anfang, der eine einfache und bequeme Rückgabe ermöglicht. Und effizienter als ein Pfandsystem ist es allemal.






