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Öffentliche Auftragsvergabe: Europäisches Parlament bleibt weit hinter Erwartungen zurück

Der Binnenmarktausschuss des Europäischen Parlaments (IMCO) hat am 7. Juli einen Initiativbericht zur Revision des Vergaberechts verabschiedet. Zwar benennt der Bericht wichtige Handlungsfelder wie Digitalisierung, Qualitätskriterien und KMU-Support – doch im Kern bleibt er deutlich hinter den Erwartungen zurück: verbindliche Standards zur Green Public Procurement (GPP) fehlen weitgehend, und die Forderung nach umfassenden Ausnahmen für In House Vergaben und öffentlich öffentliche Kooperationen ist ein offener Schlag gegen fairen Wettbewerb.
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„Der Bericht ist eine verpasste Chance – denn verbindliche Vorgaben für umweltfreundliches Beschaffen fehlen praktisch komplett“, kritisiert Anja Siegesmund, Geschäftsführende Präsidentin des BDE, parallel zum gestrigen Antrittsbesuch von Bundesumweltminister Carsten Schneider in Brüssel.

Der Bericht wurde mit 34 Ja Stimmen, 13 Nein Stimmen und 2 Enthaltungen angenommen. Aus rund 750 Änderungsanträgen entstanden elf Kompromisspakete. Die finale Abstimmung im Plenum ist für September geplant. Während Themen wie Qualität, Digitalisierung und Transparenz adressiert werden, bleibt der Bericht in puncto Nachhaltigkeit und Marktsouveränität umfassend hinter den Anforderungen zurück.

Der Bericht enthält Ankündigungen zu sektorbezogenen Kriterienkatalogen und einer „Sustainability Criteria Toolbox“. Dennoch:

  • Es fehlt jegliche Verbindlichkeit, um GPP tatsächlich durchzusetzen.
  • Kein Mandat für EU weit einheitliche Standards.
  • Öffentliche Auftraggeber erhalten weiterhin keine klare, verpflichtende Orientierung, was „grüne Beschaffung“ bedeutet.

„Ohne verbindliche GPP Kriterien bleibt das wichtigste Instrument zur Förderung der Kreislaufwirtschaft wirkungslos“, so Siegesmund.

Der BDE fordert, dass öffentliche Auftraggeber recycelte Materialien bevorzugen und Anforderungen an Recyclingfähigkeit verbindlich festschreiben. Der IMCO Bericht enthält jedoch keine konkreten Vorgaben, um diese Forderungen durchzusetzen:

  • Kein zwingender Vorrang für Rezyklate im Vergabeverfahren.
  • Keine Verpflichtung zu „Buy European“-Modellen.

„Ohne verbindlichen Rahmen bleibt Recycling reine Absichtserklärung, nicht echter Marktförderer“, kritisiert Siegesmund.

Besorgniserregend: Der Bericht postuliert weitreichende Ausnahmen für In-House-Vergaben und öffentlich öffentliche Kooperationen – ohne Abwägung von Wettbewerbsvorteilen:

  • Solche Ausnahmen unterminieren den Wettbewerb, Innovation und Effizienz.
  • Sie führen zu einer faktischen Rekommunalisierung zentraler Versorgungsaufgaben.

„Aufträge ohne Ausschreibung entziehen sich dem Wettbewerb – das ist ein Schlag ins Gesicht des Vergaberechts und der Mittelverantwortung“, warnt Siegesmund.

Der Bericht markiert zwar einen politischen Impuls – bleibt aber auf halber Strecke stecken. Für den BDE ist klar: Wer die europäischen Staaten zu Vorzeigemodellen für die Kreislaufwirtschaft machen will, braucht verbindliche Regeln, nicht bloße Absichtserklärungen. Die Vorschläge des IMCO Berichts sind in dieser Form unzureichend – und lenken in die falsche Richtung.

Die Europäische Kommission wird 2026 mit einem konkreten Richtlinienvorschlag nachlegen. Der BDE fordert von den EU Entscheidungsträgern entschlossenes Nachsteuern: verbindliche GPP Kriterien, klar geregelte Recyclingquoten und eine Beibehaltung der Ausschreibungspflicht für alle öffentlichen Aufgaben.

Quelle: BDE
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