TecPart: Fachkräftemangel droht sich weiter zu verschärfen

Durch die demographische Entwicklung sind in Deutschland Rahmenbedingungen vorgegeben, die es ohnehin schon schwer machen, die frei werdenden Stellen zu besetzen.
Foto: Rafael Zajczewski; pixabay.com

Im Wettbewerb um die jungen Talente zeigt sich auf Basis einer aktuellen Umfrage von TecPart – Verband Technische Kunststoff-Produkte, wie dramatisch die Situation nun auch an den Hochschulen ist.

Mit der traditionellen TecPart-Abfrage unter den Kunststoffverarbeitern zu Jahresbeginn wurde auf die Frage, ob es im Unternehmen einen Fachkräftemangel gibt, mit 88,2 % Zustimmung ein neuer Höchststand ermittelt (Abbildung 1). Der größte Mangel besteht danach an Kunststofftechnikern und Verfahrensmechanikern, gefolgt von den Auszubildenden in diesem Bereich und schließlich den Kunststoffingenieuren. Der Nachschub an Auszubildenden und an Ingenieuren in der Fach- oder Vertiefungsrichtung Kunststoff wird sich weiter verringern.

Der Ausbildungsberuf zum Verfahrensmechaniker Kunststoff und Kautschuk (zukünftig Kunststofftechnologe) verlor in den vergangenen acht Jahren rund 43 Prozent der in der Ausbildung stehenden jungen Menschen und hat derzeit noch immer mehr Abgänger als neu abgeschlossene Ausbildungsverträge.

Bei den Hochschulen sieht es nicht wirklich besser aus. Auf Basis der im Februar 2024 durchgeführten Umfrage unter den deutschen Technischen Hochschulen, Universitäten und Fachhochschulen meldete nur eine Technische Hochschule für das Wintersemester 2021/2022 steigende Studierendenzahlen, während alle anderen Rückgänge von bis zu 50 Prozent hatten.

Für das Wintersemester 2022/23 meldeten dann drei Bildungseinrichtungen Zuwächse, wo-hingegen die Mehrzahl erneut Rückgänge verzeichnete. Und für das aktuelle Wintersemester 2023/24 meldeten bis auf eine Ausnahme alle Hochschulen weniger Studierende, im Durchschnitt bezogen auf das Vorjahr rund 35 Prozent weniger mit dem Spitzenwert, der bei einem Rückgang von 67 Prozent liegt.

TecPart-Geschäftsführer Michael Weigelt stuft die Erkenntnisse der Studie als sehr brisant und besorgniserregend ein, weil es für die Wirtschaft künftig noch weniger gut ausgebildeten Nachwuchs geben wird, der zudem den wachsenden Bedarf, der durch das altersbedingte Ausscheiden der geburtenstarken Jahrgänge entsteht, nicht wird decken können: „Die Hochschulen müssen so noch mehr um Ausstattung und Personal kämpfen. Der technologische Fortschritt und die gewünschte Transformation hin zur Kreislaufwirtschaft werden gebremst, da die erforderlichen Kräfte nicht in der erforderlichen Anzahl zur Verfügung stehen werden“, mahnt Weigelt.

Einige der über 40 angefragten Hochschulen beschrieben ihre Situation nur in Textform ohne Nennung der tatsächlichen Zahlen, da deren Nennung bei Veröffentlichung unter Umständen ein schlechtes Licht auf den Standort werfen könnte, trotz der Zusage, die Zahlen nur anonymisiert und dann aggregiert zu veröffentlichen.

Die Sorge scheint berechtigt, da in den vergangenen Jahren an verschiedenen Standorten die Studiengänge aus dem Programm zusammengelegt oder neugestaltet wurden. Umso erfreulicher war, dass gegen den Trend die Meldung kam, dass die Hochschule in Esslingen den Studiengang Angewandte Kunststofftechnik neu ins Programm aufgenommen hat.

Auch wurde durch die Rückmeldungen ein Handlungsfeld sehr deutlich: Es muss uns gelingen, die internationalen Studierenden im Land zu halten. An vielen Standorten machen diese heute rund die Hälfte der Studierenden aus. Überwiegend kommen diese aus dem asiatischen Raum, in den rund 50 Prozent nach abgeschlossener Ausbildung wieder zurückgehen. „Das ist ungenutztes Potenzial, welches wir durch rechtzeitige Eingliederung in Unternehmen und in die Gesellschaft binden müssen“, so die Forderung von Michael Weigelt.

Auf die Frage, ob bereits Maßnahmen eingeleitet wurden, um der veränderten Anzahl der Studierenden gerecht zu werden, und wenn ja, dann welche, lautete die bezeichnendste Antwort, dass vom bisher genutzten Hörsaal in einen kleineren gewechselt wurde.

Oft wurden die hochschuleigenen Werbemaßnahmen ausgebaut, soziale Mediakanäle intensiver genutzt und verstärkt in die Schulen gegangen, um für den Studiengang zu interessieren. In Ilmenau wurde zudem ein Preis für die besten Anschlussarbeiten ins Leben gerufen. Gibt es neben den eigenen Maßnahmen auch Wünsche, die an die Politik und die Industrie gerichtet sind, um den Abwärtstrend zu stoppen? Hier steht der Hinweis von Professor Axel Kaufmann von der DHBW in Karlsruhe sinnbildlich für viele der Antworten, wenn er fordert, dass „(…) es wichtig ist, zukünftige Generationen für das Thema Technik zu begeistern. Dies sollte bereits in der frühen Bildungsphase beginnen. Weiterhin ist es wichtig, dass die Hochschulen gestärkt werden, um ihren Bildungsauftrag nachzukommen. Hierzu werden ausreichende Ressourcen benötigt, um die Technologie praxisnah zu vermitteln. Wir alle haben gemeinsam die Aufgabe, den kommenden Generationen Lust darauf zu machen, die Herausforderungen unserer Zeit gemeinsam zu lösen. Lösungen brauchen Umsetzer und die Umsetzer für morgen müssen wir heute begeistern.“

Schließlich kommt mehrfach die Forderung, dass das Thema Kunststoff nicht immer nur auf die Verpackung reduziert wird und sich die Entscheider aus den Ministerien bewusst machen, dass Lösungen in Kunststoff und der Aufbau der Kreislaufwirtschaft immer ein Gewinn für die Umwelt sind und daher insbesondere von der aktuellen Regierung vielmehr gefördert werden müssten.

Dazu passt die Stellungnahme von Professor Florian Puch aus Ilmenau. Er gibt zu bedenken, dass „durch die mediale Vermarktung von Themen wie ‚Plastiksteuer‘ und ‚Plastikverbote‘ das Image der für Deutschland sehr bedeutenden Branche immer wieder in ein schlechtes Licht gerückt wird, was unweigerlich zu geringerem Interesse der jungen Menschen an Berufen in der Branche führt. Dabei tragen Kunststoffe in vielen Anwendungen zu einem hohen und nachhaltigen Lebensstandard maßgeblich bei.

Dazu kommen Änderungen wichtiger Forschungsförderprogramme für die Branche, die zu einer unsicheren Fördersituation – insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) der Kunststoffbranche – führen. Zu nennen sind die zeitweise Schließung des Zentralen Innovationsprogramms Mittelstand (ZIM) in der Vergangenheit, die Einstellung des Technologietransferprogramms Leichtbau und Unsicherheiten bei der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF). Hier wäre für die KMU der Kunststoffbranche Kontinuität wünschenswert, um sich mit Innovationen im internationalen Wettbewerb behaupten zu können.“ Von anderer Stelle werden die Verbände und die dahinterstehende Industrie aufgerufen, endlich mit einer Sprache zu sprechen und somit die Bedeutung auch in die Parlamente zu tragen. Dies knüpft auch an die Forderung aus der Politik an. Hier appellierte der Staatssekretär aus dem sächsischen Wirtschaftsministerium beim Mitteldeutschen Kunststofftag in Erfurt, dass sich die Kunststoffverarbeiter auf eine Stimme der Branche einigen sollten, denn es ist für die Politik nur schwer möglich, mit unterschiedlichen Vertretern zu sprechen.

Kommentar schreiben

Please enter your comment!
Please enter your name here

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.