VerpackG: Onlinehändler müssen aktiv werden

Registrierungspflichten für To-go- und Onlinehandel, Marktplätze und Fulfillment: Ab 01.07.2022 müssen auch sie ihre Verpackungsarten im Verpackungsregister Lucid angeben. Basis für die neuen Pflichten ist die jüngste Novelle des Verpackungsgesetzes.
Auf der IFAT erklärten Gunda Rachut (ZSVR, Mitte), Astrid Teckentrup (Procter & Gamble, links) und Dr. Sven Spork (ZSVR, rechts) die neuen Regelungen zur Produktverantwortung für Industrie und Handel. (Quelle: Marius Schaub)

Onlinehandel und To-Go-Konsum wachsen rasant – ganz besonders durch die Corona-Pandemie. Auch die zunehmenden Möglichkeiten des Onlinehandels werden von Verbraucher*innen verstärkt genutzt. Der Paketversand nimmt damit ebenso zu. Die Zahl der Sendungen stieg 2020 erstmals über die Marke von vier Milliarden pro Jahr, meldete heute die Zentrale Stelle Verpackungsregister (ZSVR). Diese Steigerung im Sendungsvolumen gehe einher mit wachsenden Umsatzzahlen im E-Commerce. Elektronische Marktplätze spielten dabei eine immer größere Rolle.

ZSVR-Vorstand Gunda Rachut, Astrid Teckentrup, Vorsitzende der Geschäftsführung Procter & Gamble Deutschland, Österreich und der Schweiz, und Dr. Sven Spork, Leiter Public Affairs, beide Kuratoriumsvorsitzende der ZSVR, haben im Rahmen der IFAT die Wirkungen und Herausforderungen der neuen Regelungen in punkto Produktverantwortung für Unternehmen von Industrie und Handel erläutert.

Eine Trendwende sei nicht zu erwarten, machte Rachut deutlich – im Gegenteil. Onlinehandel und To-Go-Konsum zeigten einen gesellschaftlichen Wandel an, der nicht wieder zurückgehen werde. Gleichzeitig entwickelten sich Verpackungen für die verschiedenen Waren ungünstig weiter. Im Zuge der Plastikdiskussion würden vermeintliche Papierverpackungen entwickelt, die aber aus Sicht des Recyclings wenig sinnvoll sind. Die irreversiblen Änderungen im Verpackungskonsum hätten auch den Gesetzgeber vor neue Herausforderungen gestellt. „Der Markt für Konsumgüter und deren Verpackungen haben sich in den vergangenen Jahren signifikant geändert. Von der Anzahl der Produktverantwortlichen über die Anzahl der verkauften Einheiten bis zum Versand, alles ist gewachsen, die Verpackungen sind aus neuen Materialien. Das bedeutet, dass die Produktverantwortung mitwachsen muss“, sagt Rachut.

Vollregistrierung statt Ausnahmen

Um die Ziele der Abfallhierarchie zu erreichen, benötigt der Markt des Verpackungsrecyclings aus Sicht der Zentralen Stelle im ersten Schritt mehr Transparenz, Fairness und Wettbewerbsgleichheit. Mit der Novelle des Verpackungsgesetzes und der damit verbundenen erweiterten Registrierungspflicht habe der Gesetzgeber einen guten Teil des Weges bereits geschafft. Jedes Unternehmen, das in Deutschland verpackte Ware in Verkehr bringt, muss sich demnach bis zum 1. Juli 2022 im öffentlichen Verpackungsregister Lucid unter Angabe seiner Verpackungsarten registrieren. Ansonsten darf es die jeweilige Ware nicht mehr vertreiben.

Zudem berücksichtigten die neuen Regelungen die zentrale Bedeutung, die der Onlinehandel im Konsumverhalten der Verbraucher*innen hat und auch weiterhin haben wird. „Viele Versandhändler haben bislang ignoriert, dass sie für das Recycling ihrer Verpackungen bezahlen müssen. Mit der neuen Registrierungspflicht erhöht sich der Druck, ihrer Produktverantwortung nachzukommen“, sagt Rachut. Elektronische Marktplätze müssten künftig kontrollieren, ob sich die Onlinehändler*innen, die auf ihren Plattformen ihre Waren verkaufen, an die Pflichten halten. Verstoßen die Händler*innen gegen die gesetzlichen Bestimmungen, dürften die Marktplätze ihnen das Vertreiben der Waren nicht mehr ermöglichen. Eine ähnliche Regelung gilt für Fulfillment-Dienstleister.

Auch für den To-Go-Bereich gibt es Nachjustierungen: Für die Inverkehrbringer*innen von Pizzakartons, Coffee-To-Go-Bechern, Brötchentüten, Metzgerfolien und allen anderen Verpackungen, die in der Verkaufsstätte vor Ort oder auf Märkten mit Ware befüllt werden (Serviceverpackungen), muss eine Registrierung im Verpackungsregister vorliegen. Damit hat der Gesetzgeber auf die Entwicklungen der vergangenen Jahre reagiert und dem Boom der To-Go-Verpackungen Rechnung getragen.

Dass die Unternehmen aus dem In- und Ausland durch diese Neuregelung ihrer Pflichten bewusst werden, demonstrierten die explodierenden Lucid-Registrierungszahlen, heißt es bei der ZSVR. Jeden Tag kämen derzeit über 3.500 neue Registrierungen aus aller Welt hinzu – überproportional unter anderem aus dem asiatischen Raum aufgrund der dortigen Onlinehändler*innen, aber auch aus den USA, dem Vereinigten Königreich und allen anderen europäischen Ländern. Für die Zentrale Stelle ist die Entwicklung ein Beleg dafür, dass die Regelungen die Wettbewerbsgleichheit nach vorne bringen. „Einmal mehr zeigt sich: Mit dem Verpackungsgesetz und dem damit verbundenen Aufbau des digitalen Verpackungsregisters Lucid hat Deutschland internationale Maßstäbe gesetzt und die Voraussetzungen für Produktverantwortung 2.0 geschaffen“, sagte Rachut weiter.

Auch auf EU-Ebene werden Neuerungen erwartet

Mit der Novelle des Verpackungsgesetzes ist der Weg noch nicht zu Ende. Vor allem auf europäischer Ebene sind in nächster Zeit maßgebliche Neuerungen zu erwarten. So entwickelt die EU ihre Verpackungsrichtlinie weiter. Es werden Mehrwegquoten, definierte Standards für die Recyclingfähigkeit von Verpackungen und der Ausbau des Rezyklateinsatzes erwartet. Damit sind Herausforderungen für Industrie und Handel verbunden, die sich unter anderem auch auf neue Berichtspflichten einstellen müssen. Die deutsche Lösung des Verpackungsregisters ist aus Sicht der ZSVR ein Vorbild auch für andere EU-Staaten. „Nur mit viel Transparenz und digitaler Technologie kann es gelingen, die Produktverantwortung effizient und wettbewerbsneutral zu erhöhen“, so Rachut.

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