EU-Taxonomie: Wie nachhaltig sind Unternehmen wirklich?

Der Begriff Nachhaltigkeit wird häufig gebraucht. Was jedoch nachhaltiges Wirtschaften genau ausmacht, dafür gab es bisher keine einheitliche Definition.
Foto: Gerd Altmann; pixabay.com

Mit der EU Taxonomie-Verordnung vom Juli 2020 wurde nun ein Klassifizierungssystem mit sechs Umweltzielen geschaffen. Unternehmen können so ermitteln, ob sie taxonomiekonform wirtschaften. Und für Kunden entsteht mehr Transparenz, die Entscheidung für nachhaltige Produkte und Dienstleistungen wird damit einfacher.

Warum eine Taxonomie-Verordnung?

Mit dem Green Deal hat die EU entschieden, bis 2050 CO2-neutral zu werden. Nun müssen konkrete Maßnahmen folgen. Eine Grundlage dafür ist die Taxonomie-Verordnung, sie ist ein zentraler Bestandteil des EU-Aktionsplans für ein nachhaltiges Finanzwesen und seit 12.07.2020 in Kraft.

Die Sustainable Finance-Taxonomie (kurz: Taxonomie) soll ein einheitliches Verständnis dafür schaffen, was nachhaltiges Wirtschaften konkret bedeutet: Festgelegte Kriterien sollen eine eindeutige und nachvollziehbare Bewertung ermöglichen. Greenwashing – also der Versuch
durch Kommunikation, Marketing oder einzelne Aktionen ein „grünes Image“ zu erhalten, ohne entsprechende Maßnahmen umzusetzen – soll dadurch vermieden werden. Die Taxonomie gilt für nachhaltige Investitionen, Produkte und wirtschaftliche Aktivitäten.

Die 6 Umweltziele der Taxonomie sind:

  1. Klimaschutz, z.B. ortsunabhängig Emission reduzieren
  2. Anpassung an den Klimawandel, z.B. an der Küste gelegene Produktionsstätte vor Überschwemmung schützen, ein Regenauffangbecken in einer dürreanfälligen Region errichten oder Erforschung, Vermarktung und Verwendung von hitzeresistentem Saatgut
  3. Nachhaltige Nutzung von Wasserressourcen
  4. Wandel zu einer Kreislaufwirtschaft
  5. Vermeidung von Verschmutzung
  6. Schutz von Ökosystemen und Biodiversität

Wirtschaftsaktivitäten sind dann taxonomiekonform, wenn

  • sie einen wesentlichen Beitrag zu mind. einem der sechs Umweltziele leisten,
  • den übrigen Umweltzielen nicht zuwiderlaufen („do no significant harm“),
  • Mindestanforderungen bez. Menschenrechten erfüllt werden und
  • festgelegte technische Bewertungskriterien erfüllt werden.

Die Technical Expert Group (TEG) wurde von der EU-Kommission beauftragt, die Taxonomie-Verordnung zu konkretisieren, u.a. ermittelt sie technische Schwellenwerte bzw. Bewertungskriterien.

Wer ist betroffen?

Alle Unternehmen, die eine nichtfinanzielle Erklärung nach CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz (CSR-RUG) abgeben müssen, also kapitalmarktorientierte Unternehmen sowie Banken und Versicherungen mit mehr als 500 Beschäftigten müssen ab 1. Januar 2022 für das Berichtsjahr 2021 über Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel und ab 1. Januar 2023 über die weiteren 4 Umweltziele berichten. Für Nicht-Finanzunternehmen gelten Ausnahmen: Sie müssen erst für 2022 einen Bericht erstellen.

Ab 1. Januar 2024 soll die Berichtspflicht ausgeweitet werden und dann für alle großen Unternehmen (Bilanzsumme mind. 20 Mio. EUR, Nettoumsatzerlöse mind. 40 Mio. EUR, mind. 250 Beschäftigte, wobei 2 dieser 3 Merkmale erfüllt sein müssen) sowie für alle an der Börse gelisteten Unternehmen (außer Kleinstunternehmen) gelten.

Nutzen für Unternehmen

Die Taxonomie soll nachhaltige Investitionen und nachhaltiges Wirtschaften fördern. Ziele sind v.a. mehr Klimaschutz statt Greenwashing sowie nachhaltige Finanzprodukte (EU Green Bond-Standard). Unternehmen können durch ein besseres Image und Wettbewerbsvorteile profitieren. Kunden können Produkte und Dienstleistungen einfacher vergleichen, Kaufentscheidungen unter dem Aspekt Nachhaltigkeit werden einfacher.

Investitionen in taxonomiekonforme Unternehmen schaffen ein größeres Kapitalangebot für nachhaltige Projekte und ermöglichen eine günstigere Finanzierung. Eine aktuelle Studie schätzt das zusätzliche Umsatzpotenzial für mittelbar und unmittelbar klimaschonende Technologien z.B. für den deutschen Maschinen- und Anlagebau auf ca. 10 Billionen Euro bis 2050.

Noch zu klärende Fragen sind u.a.:

  • Wie sollen Emissionen beim Nachhaltigkeitsziel „Klimaschutz“ konkret erfasst werden?
  • Wie sollen unternehmerische Angaben zur Taxonomie-Konformität überprüft werden?
  • Wie sollen inländische Investoren mit fehlenden Informationen bei außereuropäischen Engagements umgehen?
Umsetzung in der Praxis

Alle Unternehmen, unabhängig davon, ob für sie eine Berichtspflicht besteht oder nicht, profitieren von einheitlichen Kriterien für Nachhaltigkeit. Es empfiehlt sich, mit den Zielen Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel zu beginnen. Ein erster Schritt kann ein Energieaudit sowie die Ermittlung der CO2-Emissionen sein. Die Umweltziele der Taxonomie können in bestehende Managementsysteme für Umwelt und/ oder Energie integriert werden.

Mit dem Deutschen Nachhaltigkeitskodex (DNK) können Unternehmen die Anforderungen des CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetzes (CSR-RUG) zu nichtfinanziellen Informationen bereits erfüllen. Ob der DNK mit der EU-Taxonomie kompatibel ist, wird derzeit in einem Gutachten analysiert. Ziel ist, die Anschlussfähigkeit an relevante, verpflichtende Berichtsinhalte weiter zu stärken und DNK-Anwendern Hilfestellung zu leisten. Die Ergebnisse werden für Ende 2021 erwartet.

Fazit

Die Taxonomie liefert endlich einheitliche Kriterien für Nachhaltigkeit. Davon können Unternehmen und Kunden gleichermaßen profitieren. Investitionen, Produkte und Dienstleistungen werden bez. Nachhaltigkeit vergleichbar. Und Nachhaltigkeit macht Systeme besonders in Krisenzeiten widerstandsfähiger.

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