„Closed Loop Design – Keine Angst vor Rezyklaten“

Ein Online-Seminar des Grünen Punkts informierte über Einsatzmöglichkeiten von Kunststoffrezyklaten.

Jörg Deppmeyer, Geschäftsführer des Grünen Punkts, forderte zum Auftakt, den gesamten Lebenszyklus von Verpackungen zu betrachten, um das Kunststoffrecycling von Verpackungen voranzutreiben: „Die Komplexität der Verpackungen muss sich verringern, um besseres Inputmaterial zu bekommen“, so Deppmeyer.

Ähnlich sah das Dr. Joachim Christiani vom Institut cyclos-HTP. Längst sei bewiesen, dass Verpackungsabfall in erster Linie hochwertig verwertbaren Rohstoff darstelle. Unter anderem erläuterte Christiani in seinem Vortrag, dass sich dieser „anthropogene Rohstoff mithilfe von Design4Recycling entscheidend verbessern lässt“. Anders als bei natürlich vorkommenden Rohstoffen könne man hier gestaltend eingreifen. Wenn u. a. die Verwendung von Monomaterial bei der Verpackungsherstellung priorisiert würde, würde dies das Verpackungsrecycling sehr erleichtern, da im Recyclingprozess Verpackungen aus unterschiedlichen Kunststoffen nur bedingt sortiert und in der Regel nicht hochwertig verwertet werden könnten.

Varinia Ruano von der W. Müller GmbH schilderte in ihrem Vortrag die technischen Möglichkeiten in der Verarbeitung von Kunststoffrezyklaten in der Praxis der Blasformextrusion. Ruano zeigte, wie sich Kunststoffrezyklate in Flaschenkörpern durch das Mehrschichtverfahren von zwei bis drei Schichten nutzen lassen – ohne nennenswerte Qualitätsnachteile für die erzeugte Verpackung. Bei dieser Sandwich-Technik würden Rezyklate in einer Mittelschicht verwendet, zum Produkt und nach außen eine dünne Schicht aus Virgin-Material. Das sei außerdem kostengünstig, denn nur die dünnen Neuwareschichten müssten mit teuren Pigment gefärbt werden. Außerdem seien die Flaschen zu 100 Prozent recyclingfähig, da alle Schichten aus dem gleichen Material (hier PE) bestünden.

Sven Sassin, Leiter des Qualitätsmanagements beim Grünen Punkt, forderte vor allem im Lebensmittelbereich Regulierungen, die den Einsatz von Kunststoffrezyklaten vereinfachen. „Es müssen Lebensmittelmanagementsysteme eingeführt werden, die den Rezyklateinsatz bei Lebensmittelverpackungen verstärken“, ergänzte Sassin. Die Kunststoffrezyklate eigneten sich bereits sehr gut für die Herstellung von Kosmetikverpackungen. „Sowohl für Rinse-off- als auch für Leave-on-Produkte werden die Anforderungen der REACH-Verordnung erfüllt und Kunststoffrezyklat kann eingesetzt werden“, erklärte Sassin.

Dipl. Ing. Helmut Spaeter von BARRIOPAC® erläuterte, wie mit einer funktionellen Barriere im Bereich der Food- und Kosmetikverpackungen der Kreislauf geschlossen werden kann. Auch er halte es für notwendig, den kompletten Lebenszyklus von Kunststoffverpackungen zu betrachten, um das Verpackungsrecycling voranzutreiben. Zu kritisieren sei die verbreitete Auslobung vieler Hersteller, die Post-Industrial-Rezyklate (PIR) in der Herstellung ihrer Verpackungen verwenden. „Dies ist nicht fair, denn man muss auch Post-Consumer-Rezyklate (PCR) verarbeiten, um den Kreislauf zu schließen“, forderte Spaeter.

Thorsten Weber, Leiter Anwendungs- und Produktionstechnik beim Grünen Punkt, befasste sich zunächst mit der Frage, wer für die Umsetzung der gelebten Kreislaufwirtschaft verantwortlich ist. Neben dem Gesetzgeber trügen alle Akteure entlang der Wertschöpfungskette eine Verantwortung. Weber zeigte zahlreiche Anwendungen sowohl in Produkten als auch in Verpackungen, in denen Rezyklate bereits zum Einsatz kämen. Aber: Im Anlagen- und Maschinenbau gebe es kaum Know-how, was Produktion und Einsatz von Rezyklaten angehe, sondern erst einen Schritt weiter bei den Verpackungsherstellern. Ein intensivierter Austausch entlang der Verpackungs-Wertschöpfungskette sei dringend notwendig.

Zum Schluss forderte Jörg Deppmeyer, den Einsatz von Kunststoffrezyklaten wirtschaftlich attraktiver zu machen. „Höherwertiges Recycling von Kunststoffverpackungen ist zwar möglich, jedoch wirtschaftlich nicht immer rentabel“, meinte Deppmeyer. Ein funktionierender Markt für Kunststoffrezyklate müsse etabliert werden, denn nur durch eine höhere Nachfrage entstehe für Recyclingunternehmen Investitionssicherheit, und Verwertungsanlagen könnten ausgebaut werden. „Durch solche Skaleneffekte würde Kunststoffrezyklat gegenüber dem Virgin-Material wettbewerbsfähiger werden und es würde zu weiteren Innovationssprüngen kommen“, ergänzte Deppmeyer.

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