Kreislaufwirtschaftsgesetz: Erste Kritik

Zur Verabschiedung der Novelle des Kreislaufwirtschaftsgesetzes durch das Bundeskabinett finden Verbände und Interessenvertretungen wenig positive Worte.
Thorben Wengert, pixelio.de
Thorben Wengert, pixelio.de

BDE-Präsident Peter Kurth: „Der wenig ambitionierte Entwurf des Bundesumweltministeriums ist in den Beratungen mit den anderen Ressorts nochmals verwässert worden. Von einer Rohstoffwende ist nichts zu spüren. Es bleibt bei Ankündigungen.“

Zwar begrüßt der BDE, dass die Regelung zur sogenannten nachhaltigen öffentlichen Beschaffung (§ 45 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes), also z. B. die Beschaffung von Produkten mit hohem Rezyklatanteil, auch mit dem Regierungsentwurf geschärft wird. Kurth: „Leider war schon der erste Entwurf wenig mutig. Jetzt sind auch noch weitere Weich-Macher – wie der Ausschluss von Rechtsansprüchen Dritter – hinzugekommen. Nötig wären aber Stark-Macher. Schon heute soll eine Vielzahl von gesetzlichen Regelungen die nachhaltige Beschaffung stärken. Tatsächlich scheitert es an der täglichen Beschaffungspraxis, dass die bestehenden Möglichkeiten für einen verstärkten Einsatz von Rezyklaten in Produkten oder von Ersatzbaustoffen bei Bauprojekten in der Praxis genutzt werden. Diese PS müssen endlich auf die Straße.“

Als „großen Fehler“ bezeichnete es Kurth, auf die Verankerung der vom Bundesumweltministerium initiierten Rezyklat-Initiative im Kreislaufwirtschaftsgesetz zu verzichten. So ist die im Referentenentwurf noch enthaltene Verordnungsermächtigung, nach der bestimmte Erzeugnisse nur in bestimmter, das Recycling fördernder Weise, insbesondere unter dem Einsatz von Recyclingrohstoffen, insbesondere Rezyklaten, in Verkehr gebracht werden dürfen, gestrichen worden. Kurth: „Die Bundesregierung lässt hier eine wichtige Chance ungenutzt. Das Instrument ‚Minimal Content‘, also ein verpflichtender Rezyklatanteil in bestimmten Produkten, ist essenziell zur Förderung der Rohstoffwende. Freiwillige Verpflichtungen der produzierenden Industrie sind keine Basis, um darauf millionenschwere Investitionen in neue Recyclinganlagen zu gründen. “

Als „rechtzeitige Einsicht“ bezeichnete Kurth den Verzicht der Novelle auf ursprünglich geplante Erweiterung der Klagemöglichkeiten zur gewerblichen Sammlung zugunsten der kommunalen Seite zu verändern. Kurth: „Die Tendenz der kommunalen Seite, höchstrichterliche Rechtsprechung – sei es durch den Bundesfinanzhof oder das Bundesverwaltungsgericht – durch Gesetzesänderungen wegzuschieben, ist nicht akzeptabel.“

Der BDE setzt nun große Erwartungen an die Beratungen des Gesetzgebungsvorhabens im Deutschen Bundesrat und Deutschen Bundestag. Kurth: „Für eine erfolgreiche Rohstoffwende brauchen wir einen mutigen legislativen Dreiklang von nachhaltiger Beschaffung, Recyclinglabel und Minimal Content. Produkte mit einem bestimmten Rezyklatanteil erhalten das Recyclinglabel und werden dann auch unkompliziert von der öffentlichen Hand beschafft. Es wäre gut, wenn die Akteure von Bundesrat und Bundestag mit dieser Prämisse nachschärfen würden.“

Gesetz greift zu kurz

NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller erklärte: „Wir begrüßen, dass die Bundesregierung stärkere Akzente bei Abfallvermeidung, Produktverantwortung und öffentlicher Beschaffung recycelter Produkte setzen will. Der vorliegende Novellenentwurf greift aber deutlich zu kurz. Wir brauchen verbindliche Abfallvermeidungsziele. Die Bundesregierung muss eine globale Vorreiterrolle einnehmen, statt nur das umzusetzen, was von der EU ohnehin vorgegeben wird. Es kann nicht sein, dass das Gesetz erlaubt, 2035 noch über ein Drittel unserer Abfälle zu verbrennen und zu deponieren. Das ist keine Kreislaufwirtschaft. Kreislauffähige Produkte bekommen wir nur durch Herstellerverantwortung. Dafür brauchen wir ein Gesetz, das Unternehmen zwingt, recyclingfreundlich zu produzieren. Hersteller müssen außerdem verpflichtet werden, Recyclingmaterial bei der Produktion einzusetzen.“

Chance vertan

Und auch die Deutsche Umwelthilfe zeigte sich nicht besonders begeistert und erklärte, dass das neue Gesetz „eine vertane Chance“ sei. Anders als von Bundesumweltministerin Svenja Schulze im Juni 2019 angekündigt, stoppe das Gesetz die unnötige Vernichtung neuwertiger Waren nicht. Die Recyclingquote für Siedlungsabfälle von nur 65 Prozent bis 2035 sei viel zu niedrig angesetzt. Um den Einsatz von Recyclingmaterial voran zu bringen, wäre zudem die Festlegung von Mindesteinsatzquoten notwendig. Diese fehlten jedoch im neuen Gesetz. Die DUH ruft die Bundesländer auf, das Gesetz im Bundesrat zu stoppen und Verbesserungen einzufordern.

„Das heute beschlossene Kreislaufwirtschaftsgesetz ist nicht progressiv und findet keine klaren Antworten auf größer werdende Abfallmengen, schnelllebigeren Konsum und einen zu geringen Einsatz von Sekundärrohstoffen. Wirklich notwendig sind ein Abfallvermeidungsziel, ambitionierte Recyclingquoten und die Festlegung von Mindesteinsatzquoten für Recyclingmaterialien. Doch all dies findet sich im neuen Kreislaufwirtschaftsgesetz nicht wieder“, sagt der DUH-Leiter für Kreislaufwirtschaft Thomas Fischer.

Bei der umweltfreundlichen öffentlichen Beschaffung sei ein ein Schritt nach vorne gemacht. Statt „Prüfungspflicht“ werde im Kreislaufwirtschaftsgesetz nun eine „Pflicht zur Bevorzugung“ ökologisch vorteilhafter Produkte vorgegeben. Allerdings reiche dies nicht aus, da durch undefinierte Rechtsbegriffe wie der Vermeidung „unzumutbarer Mehrkosten“ Interpretationsspielräume geschaffen würden, die eine wirkliche Verpflichtung zum Einkauf ökologisch vorteilhafter Produkte in der Praxis verhinderten. Damit die Pflicht zur Bevorzugung umweltfreundlicher Produkte von den Beschaffungsstellen einfach und rechtssicher umgesetzt werden könne, müsse die Bundesregierung nun dringend beispielhafte Ausschreibungskriterien und eine Produktdatenbank mit ökologisch vorteilhaften Produkten aufbauen.

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