Recycling von gefährlichen Abfällen möglich und sinnvoll

Wenn die Rede von gefährlichen Abfällen oder von Sondermüll ist, wird an Beseitigung gedacht. Dass ein Recycling von gefährlichen Abfällen nicht nur möglich, sondern sinnvoll ist, wird wohl eher selten vermutet. Aber doch ist es so.
lichtkunst.73, pixelio.de
Bild: lichtkunst.73, pixelio.de

„Es wäre fahrlässig, wenn beispielsweise Altöl einfach beseitigt würde, anstatt es aufzubereiten und weiterzuverwenden“, betont Werner Schmidt, Chef der Hans Schmidt GmbH & Co. KG aus Fürth und gleichzeitig Vorsitzender des bvse-Fachverbandes Sonderabfall.

Aber Altöl ist nur ein Beispiel unter vielen. Auch Tonerkartuschen, Ölfilter oder PU-Schaumdosen sind als gefährliche Abfälle eingestuft. Allen Beispielen gemein ist, dass es darum geht, die in den gefährlichen Abfällen enthaltenen Stoffpotenziale für den Wirtschaftskreislauf zu nutzen – und zwar ohne die Umwelt zu gefährden. Dazu ist natürlich Spezialwissen erforderlich und nicht zuletzt modernste Technologien, wie bvse-Experte Dr. Thomas Probst ergänzt.

In Deutschland stehen für das Recycling von gefährlichen Abfällen ausgefeilte Aufbereitungstechniken zur Verfügung. Diese gewährleisten, dass die Schadstoffe aus dem gefährlichen Abfall sicher abgetrennt und zerstört werden, so dass hochqualitative Wertstoffe zur weiteren Nutzung gewonnen werden können. Deshalb wirbt die Branche dafür, gefährliche Abfälle nicht gleich für die Beseitigung vorzusehen, sondern zu prüfen, ob es nicht eine geeignete Verwertungsmaßnahme gibt – denn es geht um nicht unerhebliche Mengen.

Das Sonderabfallaufkommen in Deutschland beträgt immerhin rund 26 Millionen Tonnen pro Jahr. Die Sonderabfälle teilen sich dabei grob auf in rund 40 % Bau- und Abbruchabfälle, 30 % produktionsspezifische Abfälle, 25 % Abfälle aus Abfallbehandlungsanlagen und 5 % sonstige Abfälle.

Über die verschiedenen Stoffströme hinweg ist es so, dass einem hohen Wertstoffpotenzial ein nur geringes Schadstoffpotenzial gegenüber steht. Probst nennt ein Beispiel: „Das Mengenverhältnis von Schadstoff zu Wertstoff beträgt für typische Altöle der Sammelklasse I bezogen auf PCB nur 4 ppm (Teile pro Million).“

Typischerweise kommen für die Sonderabfallverwertung eine Reihe rohstofflicher Verfahren zur Anwendung. Hier sind die Lösemittelaufbereitung, die Aufbereitung von Betriebsflüssigkeiten aus Altfahrzeugen, die Altölraffination oder auch die chemisch-physikalische Behandlung zu nennen. Die rohstoffliche Verwertung kann nach Meinung von Probst zukünftig auch bei bislang ungenutzten Stoffströmen, wie flammgeschütztem Styropor (HBCD-EPS) oder auch flammgeschützten Kunststoffen aus Elektro- und Elektronikgeräten, sinnvoll eingesetzt werden.

Die Verwertung von Bauschaumdosen in Deutschland
Was vielen Handwerkern vielleicht gar nicht bewusst ist, der vielseitig einsetzbare Montage-Schaum gehört auch zu den gefährlichen Abfällen. Grund ist der Inhaltsstoff Methylendiphenyldiisocyanat (MDI). Der Stoff ist leicht entflammbar und wird als möglicherweise krebserregend eingestuft. Hier wird deutlich, wie wichtig eine fachgerechte Erfassung und Entsorgung der PU-Schaumdosen ist. Darum kümmert sich in Deutschland beispielsweise das Unternehmen PDR im Rahmen einer Branchenlösung für PU-Schaumdosen. An dieser Branchenlösung können sich alle Hersteller von PU-Schaumdosen beteiligen, unabhängig vom Herkunftsland und der Größe des Produzenten.

PDR sorgt dafür, dass möglichst viele PU-Schaumdosen eingesammelt und verwertet werden. Und an Wert steckt noch einiges in den gebrauchten Schaum-Dosen, wie PDR-Chef Dr. Thomas Hillebrand weiß. So findet sich in einer weggeworfenen Dose durchschnittlich noch ein Rohstoffpotenzial von 203 g. Davon macht Weißblech den Löwenanteil mit 112 g aus. Aber die Dosen enthalten eben auch noch Schaum, durchschnittlich immerhin 59 g.

Es liegt auf der Hand, dass sich bei diesen Mengen eine stoffliche Verwertung anbietet. PDR schafft es mit ausgeklügelten Verfahren insgesamt 95 % einer gebrauchten Schaumdose zu verwerten. „Der Recyclinganteil liegt bei mehr als 80 %“, wie Hillebrand nicht ohne Stolz ausführt.

Die Verwertungs- und Recyclingverfahren sind ausgereift. Die eigentliche Herausforderung liegt deshalb in der Sammlung. Bisher hat das Unternehmen schon 15 Millionen Euro alleine für das Marketing investiert. Ziel ist es, so viele gebrauchte PU-Schaumdosen wie möglich zu erfassen und der Verwertung zuzuführen.

So gibt es einen kostenlosen Abholservice, wenn eine Mindestmenge, zum Beispiel beim Handwerksbetrieb, zusammen gekommen ist. Außerdem steht in Deutschland ein engmaschiges Rücknahmenetz mit 40.000 Anfallstellen bereit. Hillebrand berichtet, dass die PDR auch nicht einfach nur auf Abholaufträge wartet, sondern proaktiv und zwar mit rund 100.000 Anrufen jährlich auf die Anfallstellen zugeht, um zu erfragen, ob sich PU-Schaumdosen zur Abholung angesammelt haben.

Was in Wasser alles stecken kann
Gefährliche Abfälle fallen jedoch nicht nur im Handwerk, sondern ebenfalls in der Industrie an. Sei es in der Metallverarbeitung, der Farb- und Lackherstellung, in der Automobilindustrie oder – auch das gibt es in Deutschland – bei der Erdöl- und Erdgasförderung. Meist lauert hier die Gefahr in Flüssigkeiten: in Fabrikations- oder Reinigungswasser, in Abwasserschlämmen oder Säuren und Laugen.

Auch in diesem Bereich gibt es Verwertungsverfahren. Durch chemisch-physikalische Behandlung werden dabei die gefährlichen Inhaltsstoffe abgetrennt. Immerhin 25-30 % aller in Deutschland anfallenden gefährlichen Abfälle werden so in den 534 dafür spezialisierten Anlagen behandelt.

So etwa auch bei der Zimmermann Sonderabfallentsorgung und Verwertung GmbH & Co. KG in Gütersloh. Nach der chemisch-physikalischen Behandlung können dort ca. 80 Prozent gereinigtes Filtratwasser über eine Kläranlage zurück in den Wasserkreislauf geführt werden. Vorher wird 3-5 % Öl zur weiteren Aufarbeitung abgetrennt. Die restlichen Schadstoffe, die in den Flüssigkeiten enthalten waren, werden im Filterkuchen gebunden und dann in den Untertageversatz verbracht oder thermisch beseitigt, erläutert Dipl.-Ing. Lars Helmer den aufwändigen Prozess.

Was nicht verwertet werden kann, muss beseitigt werden
Die spezialisierten Sonderabfallunternehmen in Deutschland sorgen dafür, dass die in den gefährlichen Abfällen enthaltenen Stoffpotenziale soweit es geht erhalten bleiben. Klar ist aber auch, dass es Reststoffe gibt, die nicht mehr in den Wirtschaftskreislauf zurückgeführt werden können. Hier kommt es darauf an, dass eine ordnungsgemäße und schadlose Beseitigung erfolgt. Das erfolgt zumeist in Sonderabfallverbrennungsanlagen oder auf speziellen Deponien.

Entscheidend bei der Beseitigung ist, dass danach keine Gefahr mehr von diesen Stoffen für Mensch und Umwelt ausgeht. Nach Meinung von Werner Schmidt ist Deutschland hier flächendeckend zwar gut aufgestellt, aber in Europa gibt es Nachholbedarf.

„Es gibt leider in nur wenigen EU-Ländern eine geordnete Sonderabfallentsorgung. Und die meisten Mitgliedsstaaten setzen dann auf Deponierung und Mitverbrennung – das sind sehr schlechte Lösungen für Europa. Da muss nachgesteuert werden“, fordert der Vorsitzende des bvse-Fachverbandes Sonderabfall.

Deshalb hält Schmidt es auch für gerechtfertigt, wenn Deutschland Sonderabfälle importiert. „Hier können wir einerseits das stoffliche Potenzial wieder ressourcenschonend nutzbar machen. Andererseits werden die gefährlichen Bestandteile sicher und ordnungsgemäß entsorgt, sodass von diesen Sonderabfällen keine Gefahr mehr für Mensch und Umwelt ausgehen kann“, betont Werner Schmidt abschließend.

Kommentar schreiben

Please enter your comment!
Please enter your name here

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.