Experten präsentieren Lösungsansätze für fehlende Altautos

Beim Internationalen Automobil-Recycling Kongress IARC 2017 in Berlin machten Branchenvertreter konkrete Vorschläge, was getan werden muss, um mehr Altautos in die offizielle Recyclingkette zu bekommen.
Dieter-Schütz, pixelio.de_

Für Henk Jan Nix, Generalsekretär der European Group of Automotive Recycling Associations (EGARA), liegt die Lösung auf der Hand: „Wir brauchen Registrierungssysteme, um Fahrzeuge während ihrer gesamten Lebensdauer nachzuverfolgen und somit sicherzustellen, dass die Fahrzeuge in anerkannten Altauto-Demontagebetrieben landen“, erklärte er bei der heutigen Pressekonferenz zum IARC.

Nix hatte noch einen weiteren Vorschlag parat, um illegalen Autokäufern das Handwerk zu legen. Man müsse dem Letztbesitzer einfach einen besseren Preis zahlen. Das sei aber nur möglich, wenn die Demontagebetriebe alle wiederverwendbaren Teile aus Altfahrzeugen verwerten können, um somit den gesamten Wert eines Altfahrzeugs zu nutzen. „Dafür benötigen wir aber mehr Informationen von den Herstellern zu den verschiedenen Teilen.“ Umsonst will die europäische Dachorganisation der Autorecyclingverbände diese Angaben nicht haben. „Wir sind bereit, für diese Informationen zu bezahlen“, betonte Nix.

Finanzielle Anreize sind auch für Gareth Williams vom Recyclingunternehmen European Metal Recycling ein Weg, um Letztbesitzern die ordnungsgemäße Entsorgung ihres Autos schmackhaft zu machen. „Ein möglicher Weg wäre es, eine Art Straßenfonds-Abgabe einzuführen, die dann dem Letztbesitzer zugutekommt, wenn das Altfahrzeug ordnungsgemäß entsorgt wird“, erklärte Williams, der bei der EMR Group die Abteilung Marketing & Communications leitet. Dänemark habe Erfahrungen mit solchen Systemen und offenbar scheint eine Prämie von 300 Euro für den Letztbesitzer ausreichend zu sein.

Das würde sich auch für Altauto-Verwerter auszahlen. Denn illegale Machenschaften bedrohen seriöse Recycler mittlerweile in ihrer Existenz. „Diese Leute haben nicht die hohen Gesamtkosten, die die zugelassenen Betriebe haben. Daher können sie natürlich mehr für Altautos bezahlen“, so Williams. Das Resultat: „Ein großer Teil der Altautos geht uns in Europa Jahr für Jahr verloren. Dadurch können wir unsere Anlagen nicht mehr auslasten.“

Wie viele Altautos tatsächlich in dubiosen Kanälen verschwinden, bezifferte Dr. Georg F. Mehlhart vom Öko-Institut. Der Senior Researcher für Ressourcen & Mobilität geht davon aus, dass jährlich zwischen 10 und 12 Millionen End-of-Life Vehicles in der EU anfallen. Davon würden 1,2 Millionen als Gebrauchtwagen außerhalb der EU exportiert. 6 Millionen seien offiziell als Altautos erfasst und würden gemäß der EU-Altauto-Richtlinie behandelt werden. „Wo die restlichen rund 4 Millionen Altfahrzeuge abbleiben, ist unbekannt. Das bedeutet, dass im vergangenen Jahrzehnt der Verbleib von über 40 Millionen Fahrzeugen ungeklärt geblieben ist.“

Um dieses Leck zu stopfen, sind in den Augen des Wissenschaftlers nicht nur eine verbesserte Datenlage und ein besserer Datenaustausch auf EU-Ebene vonnöten. In den einzelnen Mitgliedstaaten müsse auch die Durchsetzung der EU-Vorschriften verbessert werden. „Das beinhaltet unter anderem Vorortbesichtigungen bei Verkäufern von Ersatzteilen oder bei Autoreparaturwerkstätten und –garagen.“ Einen weiteren Ansatzpunkt sieht Mehlhart bei den Exportvorschriften selbst. „Wir sollten über Altersbegrenzungen für Fahrzeuge nachdenken. Oder über strengere Exportvorschriften wie beispielsweise einen gültigen Verkehrssicherheitstest als Bedingung für Exporte. Das ist sowohl aus Gründen der Luftverschmutzung als auch aus Gründen der Fahrzeugsicherheit notwendig.“

Um mehr Altautos in die offiziellen Recyclingwege zu leiten, ist auch mehr Zusammenarbeit erforderlich. Dafür plädierte Stig Thorlak vom dänischen Herstellerverantwortungssystem DPA-System bei der Pressekonferenz. „Nur wenn (Unter-)Lieferanten, Altautoverwerter, Behörden und politische Entscheidungsträger kooperieren, werden wir mehr Altautos in die Recyclingkette bekommen.“

„Unternehmen allein können das nicht schaffen“, betonte Thorlak. „Es bedarf politischer Entscheidungsträger, um die Entwicklung hin zu einer Circular Economy und einer nachhaltigen Denkweise anzustoßen und voranzutreiben. Das gilt für Hersteller ebenso wie für Fahrzeugbesitzer.“ Auch hier spielt Geld eine nicht zu unterschätzende Rolle. Das zeigt das Beispiel Dänemarks. Dort erhalten Autobesitzer 300 Euro, wenn sie ihr Altfahrzeug einem zugelassenen Demontagebetrieb überlasen.

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