bvse: Altpapierentsorger aus Zangengriff befreien

"Die auch in 2015 anhaltend positive und stabile Gesamtsituation im Altpapiermarkt darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Branche unter höchstem wirtschaftlichen Druck steht”, warnte der Vorsitzende des bvse-Fachverbandes Papierrecycling, Reinhold Schmidt, vor rund 500 Teilnehmern des 19. Internationalen Altpapiertages in Düsseldorf.
(Quelle: Pixelio, Joujou)

Die zunehmende Rekommunalisierung und die gleichzeitig wachsenden Marktkonzentrationen großer privater Entsorgungsunternehmen nähmen gerade die kleinen und mittelständischen Unternehmen der Branche in einen Zangengriff, der einen freien, effizienten und fairen Wettbewerb zunehmend erschwert oder auf längere Sicht gar ganz verhindert, so Schmidt.

Zusätzlich verstärkt würde der Druck durch den derzeitigen Regulierungsrahmen, der maßgeblich durch das Kreislaufwirtschaftsgesetz bestimmt wird. Er öffne Rekommunalisierungstendenzen die Tore und benachteilige privatwirtschaftliche Unternehmen systematisch bei der Sammlung, erklärte der Unternehmer und Branchenkenner.

Dass die Trippelfunktion der Kommunen dabei eine erhebliche regulatorische Diskriminierung darstellt, ist auch ein Fazit des bekannten Ökonomen und ehemaligen Vorsitzenden der Monopolkommission, Professor Justus Haucap. In einer Studie für den bvse untersuchte Haucap (DICE Consult) unter anderem die ökonomischen Auswirkungen der gesetzlichen Regulierung der Abfallwirtschaft und warnte im Ergebnis noch einmal vor den wettbewerblich höchst bedenklichen Verknüpfungen von den unternehmerischen Tätigkeiten der Kommunen als Nachfrager und Anbieter von Entsorgungsleistungen bei gleichzeitiger Kontrollfunktion durch die Besetzung der unteren Abfallaufsichtsbehörden.

“Eine große Hürde für unsere Unternehmen stellt auch das extrem mittelstandsfeindliche kommunale Vergabeverfahren dar, beklagte Schmidt. “Für eine Planungssicherheit sind Ausschreibungszeiträume die maximal drei Jahre betragen einfach nicht ausreichend. Darüber hinaus findet mehr und mehr eine einseitige Risikoverlagerung auf die Unternehmen statt. Etliche Kommunen bestehen auf Vertragsverlängerungen zu alten Konditionen, ohne dass externe Kostensteigerungen berücksichtigt werden. Dies verhindert ein auskömmliches Wirtschaften für unsere Unternehmen und in der Folge auch dringend notwendige Investitionen zur Qualitätssicherung des Weltrohstoffs Altpapier. Zusätzliche Stolpersteine werden durch bürokratische Vorschriften aufgebaut, die kleinen und mittelständischen Unternehmen zusätzlich belasten und ihnen jedwede Flexibilität nehmen”, so der erfahrene Unternehmer.

Kritisch bewertete der bvse-Vorsitzende auch die Bestrebungen großer Konzerne Marktkonzentrationen systematisch weiter auszubauen. Er sprach sich dabei vehement gegen den Vorschlag aus einer Remondis-Studie aus, bei möglichen kartell- und wettbewerbsrechtlichen Prüfungen von Übernahmen höhere Marktanteile als üblich zuzulassen. “Dies kann und darf keine Lösung sein!” so der Fachverbandsvorsitzende. “Wir fordern vielmehr die Politik auf, endlich die Realität in der Branche zur Kenntnis zu nehmen! Kommunen und Konzerne bringen die mittelständischen Unternehmen in existenzielle Bedrängnis, die Politik muss diese Fehlentwicklung wieder korrigieren!”

Eine Möglichkeit zur Korrektur sieht der bvse dabei in der Verabschiedung eines Wertstoffgesetzes, in dem eine neutrale Zentrale Stelle festgeschrieben wird, die einen fairen Wettbewerb auf allen Wertschöpfungsebenen gewährleistet. Es darf keinesfalls eine kommunale Organisationshoheit geben! Wir brauchen nicht mehr kommunale Aktivität in der Branche, sondern weniger!” so die Forderung des bvse-Vorsitzenden.

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