Leere PUR-Schaumdosen – ein gefährlicher Abfall

Die europäischen Hersteller von PUR-Schaumdosen haben 1993 damit begonnen, ihre Produkte stofflich zu verwerten. Zu diesem Zweck haben sie das Gemeinschaftsunternehmen PDR Recycling GmbH gegründet. Die PDR hat ein deutschlandweites Sammelsystem für die gekennzeichneten Dosen aufgebaut.

Von Peter Steinhauer

Sie gehört in jeden gut sortierten Werkzeugkoffer: die Schaumdose. Die Handwerker dichten mit dem Dosenschaum Türen und Fenster ab, verfüllen Fugen und Hohlräume oder legen Führungen an für Heizungs- und Wasserrohre. Fachleute nennen den praktischen Montageschaum PUR-Schaum, denn er besteht aus dem Kunststoff Polyurethan. Im ausgehärteten Zustand ist ­­der­­­­­ PUR-Schaum umweltneutral und für den Menschen unbedenklich. So­lange der Schaum allerdings noch nicht hart ist, sind seine Dämpfe gesundheitsschädlich.

Die Verpackungsverordnung macht für die Entsorgung von PUR-Schaumdosen klare Vorgaben. Da entleerte Dosen immer noch Reststoffe enthalten sowie Treibmittel, darf der Handwerker seine Dosen weder in den Gelben Sack, noch in den Hausmüll oder den Bauschuttcontainer werfen. Der Gesetzgeber schreibt vor, dass die Hersteller und Vertreiber die entleerten Dosen zurücknehmen. Ebenfalls müssen Baumärkte den Verbraucher darauf hinweisen, dass die Rücknahme der Dosen durch den Verkauf erfolgt. Seit Januar 2006 schreibt die Verpackungsverordnung außerdem vor, dass der gefährliche Abfall nur noch stofflich verwertet werden darf.

Die europäischen Hersteller von PUR-Schaumdosen haben bereits 1993 damit begonnen, ihre Produkte stofflich zu verwerten und zu diesem Zweck das Gemeinschaftsunternehmen PDR Recycling GmbH gegründet. Rolf Apfeld, zuständig für Marketing und Entsorgungslogistik bei PDR, beschreibt die Ausgangssituation: „Mitte der 90er Jahre gab es Pläne, einen roten Punkt für Verpackungen mit einem schädlichen Inhaltsstoff, wie zum Beispiel MDI, einzuführen. Den Herstellern von PUR-Schaumdosen ging es darum, ein ökologisch vorteilhaftes Produkt nicht mit einem solchen Makel zu belasten. So spiegelt sich heute das frühzeitige Umweltbewusstsein der PDR-Gesellschafter an einer ganzheitlichen Lösung in der PDR wider.“

Heute bietet die PDR den Herstellern von PUR-Schaumdosen an, Wertmar­ken zu erwerben, die sie auf ihre Produkte drucken können. Hersteller, die sich diesem System anschließen, erbringen damit gegen­über dem Gesetzgeber den Nachweis, dass ihre Produkte den gesetzlichen Vorschriften entsprechend entsorgt werden. Die PDR hat ein deutschlandweites Sammelsystem für die gekennzeichneten Dosen aufgebaut. Kommunen bietet das Unternehmen die Abholung der gefährlichen Dosen an. Ebenso können Handwerker ihre entleerten Dosen per Post gebührenfrei zurücksenden. Bau­märkten stellt das Entsorgungsunternehmen Sammeltonnen und Informationsmaterial zur Verfügung.

Die eigentliche Verwertung der PUR-Schaumdosen geschieht in der Aufbereitungsanlage der PDR Recycling GmbH im süddeutschen Thurnau. Dort entfernen Arbeiterinnen zunächst die Kunststoffkappen. Die Kappen werden gemahlen und der Kunststoffaufbereitung zugeführt. Dann gelangen die Dosen in einen Shredder, der sie zerkleinert. Das Shreddern findet unter Luftabschluss statt. Das ist wichtig, denn so wird verhindert, dass die Reststoffe in der Dose mit der Luftfeuchte reagieren und aushärten. Die Treibgase, die während der Zerkleinerung entweichen, werden im oberen Bereich der Anlage abgesaugt. Das Treibgas wird mit Hilfe von Stickstoff verflüssigt und anschließend in Druckgasbehälter abgefüllt.

Nach dem Zerkleinern fallen die flüssigen Reststoffe und die Metallteile in ein Lösungsmittelbad, um sie voneinander zu trennen. Ein Destillationsvorgang trennt das Lösungsmittel von dem Prepolymer. Den besonders reinen, Prepur genannten Sekundärstoff verwendet die Industrie zur Herstellung neuer Produkte. Die Metallteile werden im Anschluss herausgefischt und durchlaufen weitere Waschstationen. Ein Magnetabscheider trennt Weißblech, Aluminium und Reststoffe wie Papier, Kunststoffe oder gehärtete Schaumreste.

Die bei der PDR eingesetzte Technik gilt als richtungsweisend. „Unsere Anlage ist mit keiner anderen Anlage in Deutschland vergleichbar“, erklärt Rolf Apfeld. „Wir haben erreicht, dass PUR-Schaumdosen bis zu 95 Prozent von uns stofflich verwertet werden. So werden wertvolle Ressourcen geschont und Umweltschäden durch den Raubbau von Primärrohstoffen vermieden.“

Neben dem Recycling von PUR-Schaumdosen ist die PDR seit 2002 Europa-Partner von Hewlett Packard für die Rückholung und die Verwertung von Druckerpatronen. Im Rahmen eines Pilotprojekts ist das Recyclingunternehmen seit Herbst dieses Jahres auch für die Abholung von Energiesparlampen aus rund 500 Bau- und Elektromärkten verantwortlich. Die Sammlung geschieht im Auftrag von Lightcycle, dem führenden deutschen Rücknahmesystem für Gasentladungslampem. Rolf Apfeld glaubt, dass das Unternehmen für dieses zukunftsweisende Geschäftsfeld gut aufgestellt ist: „Dank ihrer Erfahrung bei der Erfassung von gebrauchten PUR-Schaumdosen ist die PDR bestens gerüstet, die kleinteiligen Leuchtmittel zum Recycling zurückzuführen.“

Neben der PDR ist auch der Kölner Entsorgungskonzern Interseroh im Bereich der Entsorgung von PUR-Schaumdosen tätig. Der Marktanteil liegt nach Aussage des Unternehmens bei einem Prozent. Interseroh konzentriert sich vor allem auf den gewerblichen Bereich. Für Handwerker bietet das Entsorgungsunternehmen einen Rücknahmeservice an. Die Handwerker können ihre leeren Dosen im Originalkarton sammeln und per Abholkarte deren Rücknahme anfordern. Interseroh verwertet die Schaumdosen in einer Verwertungsanlage für Aerosol-Dosen, wo auch beispielsweise Haarspray- oder Lackdosen recycelt werden.

Während die Verwertung von Schaumstoffdosen technisch sehr weit fortgeschritten ist, sind die Rücklaufquoten insgesamt noch verbesserungswürdig. Rolf Apfeld nennt für sein Unternehmen eine Rücklaufquote von 24 Prozent. Die Deutsche Umwelthilfe hat mehrere Erhebungen durchgeführt und festgestellt, dass vor allem die Aufklärung und Information zu dem Thema Schaumstoffdosen in den Baumärkten nicht immer optimal ist. Per Pressemeldung verkündet die Umweltorganisation: „Neben der tatsächlichen Anbringung von Hinweisschildern zu PUR-Schaumdosen, ist für den Verbraucher der Informationsgehalt und die Verständlichkeit entscheidend. Viele der getesteten Baumärkte können beides noch deutlich verbessern, auch wenn sie formal den Vorschriften der Verpackungsverordnung nachkommen.“

Die Deutsche Umwelthilfe bietet kostenlos Informationsmaterialien und Hinweisschilder für eine fachgerechte Entsorgung von PUR-Schaumdosen an. Für die Baumärkte soll dieses Angebot nicht nur eine lästige Pflicht sein, sondern vor allem auch eine Chance. Denn ein gut funktionierendes Rücknahmesystem sorgt für eine verbesserte Ökobilanz und ist auch ein effektives Instrument der Kundenbindung.

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