Entsorgungsnotstand kurbelt italienischen Recycling-Markt an

Italien wird in den kommenden Jahren eine Menge Geld in Müllverbrennung, mechanisch-biologische Behandlung und Recycling stecken. Der Entsorgungsmarkt für Siedlungsabfällen wird von derzeit 6,3 auf 6,8 Milliarden Euro bis 2015 anwachsen. Die Ursachen lägen unter anderem in überfüllten Deponien und im Entsorgungsnotstand einiger Provinzen. Zu diesem Schluss kommen das Kölner Beratungsunternehmen ecoprog und das italienische Abfallportal Labelab srl in ihrer neuen Marktstudie.

Italien gehört bei der Deponierung unbehandelter Abfälle noch immer zu den Spitzenreitern in Europa. 2007 wurden den ecoprog-Angaben zufolge insgesamt rund 18 Millionen Tonnen Siedlungsabfall auf den offiziell rund 270 Deponien des Landes verbracht. Das ist fast die Hälfte aller Siedlungsabfälle.

Während einige Provinzen in Norditalien die Hälfte ihrer Abfälle verwerten und über große Behandlungskapazitäten verfügen würden, herrsche in manchen Provinzen Süditaliens ein Entsorgungsnotstand. In über 20 der 110 Provinzen des Landes würden demnach die Deponiereserven nicht einmal mehr für ein Jahr ausreichen. Die Ursache für diese Missstände seien nicht nur mangelnde Organisation, fehlende Finanzmittel und organisierte Kriminalität, kommen ecoprog und Labelab srl in ihrer Studie zum Schluss. In der Vergangenheit waren die 8.100 italienischen Kommunen für die Abfallentsorgung zuständig. Von denen haben aber knapp 90 Prozent weniger als 10.000 Einwohner. Die Umsetzung technologisch und finanziell anspruchsvoller Projekte sei so kaum möglich.

Seit 2006 sind die sogenannten A.T.O.s (Ambito Territoriale Ottimale, eine Kooperation von lokalen Körperschaften) anstelle der Kommunen für die Abfallwirtschaft zuständig. Diese orientieren sich an den Provinzgrenzen. Statt mehrerer Tausend sollen nur noch 110 bis 180 Entsorgungsträger die italienische Abfallwirtschaft organisieren. Das schafft Masse – und damit auch Finanzierung. Doch der A.T.O.-Prozess stockt vielerorts aufgrund von Kirchturmpolitik und intransparenten Strukturen. In den Regionen Kampanien und Kalabrien wurde die Abfallwirtschaft sogar einem Sonderkommissar zwangsunterstellt, um ein einheitliches Vorgehen zu erreichen.

Italien ist attraktiver Markt für den Aufbau von Abfallinfrastrukturen

Entsorgungsnotstand und Verwaltungsreform zeigen dennoch Wirkung. Die Verwertung von Siedlungsabfällen ist seit 2003 um mehr als 30 Prozent gestiegen. Rund 20 zusätzliche Müllverbrennungsanlagen (MVA) und Mechanisch-Biologische Anlagen (MBA) sind geplant oder im Bau. Italien ist einer der attraktivsten Märkte für den Neubau von Abfallinfrastruktur in Europa.

Mit dem Ende der Fragmentierung öffne sich Italien auch für Entsorger aus dem Ausland, so ecoprog. Bislang dominieren kommunale Entsorger und lokal organisierte Fuhrunternehmen das italienische Abfallgeschäft.

Kommentar schreiben

Please enter your comment!
Please enter your name here

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.