Nur geringe Resonanz auf umwelttechnische Ausbildung

Ein junger Mann im Blaumann dirigiert einen Kran, mit dem er Kunststoff in eine Sortieranlage hebt. Der Auszubildende für Kreislauf- und Abfallwirtschaft hat Publikum: Hauptschüler besichtigen das Unternehmen. Sie sollen Lust bekommen auf einen umwelttechnischen Beruf, und sie sind erstaunt: Klar, steril wie bei einem Chiphersteller sieht es hier nicht aus. Der Azubi muss sich schon mal schmutzig machen. Aber die Vorurteile vom "schmutzigen Müllmann mit langweiligem Job" haben sich nicht bestätigt.

Von Christiane Hawranek

Karsten Hintzmann vom Bundesverband der Deutschen Entsorgungswirtschaft (BDE) sieht in solchen „Tagen der Offenen Tür“ eine gute Gelegenheit, Jugendliche für Recyclingberufe zu begeistern. Denn die Branche hat ein Imageproblem bei Jugendlichen. Viele Recyclingverbände und -unternehmen sind enttäuscht von der geringen Resonanz auf die umwelttechnischen Ausbildungsgänge wie den Beruf Fachkraft für Kreislauf- und Abfallwirtschaft, der vor sieben Jahren entwickelt wurde.

„Leider haben sich unsere Erwartungen, ein attraktives und praxisgerechtes Berufsbild für zukünftige Herausforderungen zu schaffen, nicht erfüllt“, sagt Jürgen Karle, Präsident der Bundesvereinigung Deutscher Stahlrecycling- und Entsorgungsunternehmen (BDSV). Er kritisiert, dass die Qualität der Ausbildung zu niedrig sei: Sowohl Recyclingtechniken als auch die Vielfalt der Wertstoffe sieht er als nicht ausreichend vermittelt an. „Dabei prägen anspruchsvolle neue Recyclingverfahren, eine tiefere Sortierung der Wertstoffe und das Zurückdrängen der Deponierung die Branche“, betont Karle.

Die Voraussetzungen für den Beruf scheinen laut Umwelttechnologie-Atlas für Deutschland „Green Tech made in Germany“ von 2007 sehr gut zu sein: Dem Nachwuchs in der Recyclingbranche werden nach wie vor gute Zukunftsaussichten prophezeit.

Nicht nur ein Imageproblem

Zu den sogenannten Umwelttechnik-Berufen (UT-Berufe) zählen die Fachkraft für Wasserversorgungstechnik, für Abwassertechnik, für Kreislauf- und Abfallwirtschaft sowie für Rohr-, Kanal- und Industrieservice. Die Ausbildungsdauer beträgt aktuell drei Jahre, aufgeteilt in Phasen im Lehrbetrieb und an der Berufsschule. Bei der Bundesarbeitsagentur sind derzeit 101 Stellen zur Fachkraft für Kreislauf- und Abfallwirtschaft unbesetzt, 98 Stellen sind bereits besetzt. Insgesamt bieten die Betriebe 706 Ausbildungsplätze in UT-Berufen an, von denen momentan 345 vakant sind.

Dennoch: Für die Abfallbranche zu arbeiten – das klingt für viele nicht gerade cool. Umweltexpertin Beate Kummer glaubt, dass das Problem nicht allein mit dem Image zu tun hat: Bei einer Befragung von 25 Unternehmen im vergangenen Jahr kamen teilweise ernüchternde Zahlen heraus. Zwar sind die UT-Berufe in vier von fünf Unternehmen bekannt. Aber nur 5 Prozent der Azubis in diesen Betrieben lassen sich zur Fachkraft Kreislaufwirtschaft ausbilden – und nur fünf Betriebe bieten diese Ausbildung an. Dies könnte nach Kummers Ansicht auch daran liegen, dass der Spezialberuf für Unternehmen, die nur eine Sparte – etwa Metalle oder Gewerbeabfälle – anbieten, nicht geeignet ist.

Viele Betriebe würden die Verbundsausbildung scheuen: Bei diesem Ausbildungsmodell organisieren mehrere Unternehmen zusammen die Ausbildung einer Person, der Azubi hat dadurch die Möglichkeit, unterschiedliche Tätigkeitsbereiche in verschiedenen Unternehmen kennenzulernen. Nur zwei der befragten Betriebe nutzen die Verbundsausbildung, so Kummer: „Die Gründe liegen zum einen im Konkurrenzdenken der Betriebe. Zum anderen finden einige Unternehmen das Prinzip schlicht zu aufwendig, oder die kooperierenden Unternehmen sind zu weit entfernt.“

Die 2006 gestartete Ausbildungsinitiative „Umwelt schafft Perspektiven“ des Bundesumweltministeriums (BMU) sollte dazu beitragen, zusätzliche Ausbildungsplätze in der Wachstumsbranche Umwelttechnologie bereitzustellen. Ziel war es auch, das Image der Berufe zu verbessern. BMU-Sprecher Jürgen Maaß sieht in der Ausbildungsinitiative einen Erfolg, der sich an der Zahl der vielen Ausbildungsplätze festmachen lässt. Der finanzielle Aufwand sei praktisch unbedeutend, denn die Ausbildungsinitiative sei im Kern ein Konsultationsgremium, die Treffen fänden etwa zwei Mal im Jahr statt, mit Ministerbeteiligung.
Der private Entsorgerverband BDE sieht den Effekt der Ausbildungs­ini­­tia­-
­tive sehr nüchtern: „Nicht ein Unternehmen hat uns signalisiert, dass es durch die
BMU-Initiative mehr Jugendliche gibt, die einen umwelttechnischen Beruf ergreifen wollen“, sagt Hintzmann.

Man müsste die Aktion regional herunterbrechen, schlägt er vor. „Offensichtlich sind diese Berufe für die Jugendlichen sehr abstrakt. Erst wenn sie vor Ort sehen, dass es sich um einen hochspannenden Beruf handelt, springen sie darauf an.“

Unternehmen bilden trotz Krise aus

Wer sich für Technik interessiere und für Klimaschutz, der sei bei einem UT-Ausbildungsberuf genau richtig. In Regionen mit schwächeren Arbeitsmarktstrukturen sei es für die Recyclingbetriebe einfacher, die jungen Menschen anzusprechen. Insgesamt sei die Begeisterung bei Jugendlichen aber „mäßig“ – was sich vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise ändern könnte: Die Unternehmen sind laut BDE gewillt, trotz Krise auszubilden.

Die umwelttechnischen Ausbildungsberufe seien schließlich ein wichtiger Pfeiler in den Unternehmen. Sie würden bei den angebotenen Plätzen allenfalls leichte Abstriche machen. Das bestätigt auch Jörg Lacher vom Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung (bvse). Allerdings gibt er zu bedenken: „Der spezielle Ausbildungsberuf wird sowieso nur bei großen Unternehmen angeboten – und auch da mit Schwierigkeiten.“ Deshalb glaubt er, dass es keinen Sinn hat, weiterzumachen wie bisher. In einem Gesprächskreis im Rahmen der Ausbildungsinitiative des BMU habe der bvse zwei Vorschläge eingebracht. Zum einen sollten nach Ansicht von Lacher Anreize für Jugendliche geschaffen werden, die sich den hohen Anforderungen des Ausbildungsberufs Fachkraft für Kreislauf- und Abfallwirtschaft stellen wollen: „Wir würden eine abgespeckte Version begrüßen; eine zweijährige statt dreijährige Ausbildungszeit.“

Zum anderen müsse man die Spezialisierung auf umwelttechnische Berufe weiterdenken – bis in die Büros hinein, so Lacher. „Es gibt viele Industrie- sowie Groß- und Einzelhandelskauffrauen und -kaufmänner in den Recyclingunternehmen. Interessant wäre da doch der Ausbildungsberuf der Umweltkauffrau oder des Umweltkaufmanns.“ Hierbei könnten die Azubis die Besonderheiten des Sekundärrohstoffhandels lernen.
Lacher fordert, dass die Frage nach dem Nachwuchs nicht der Profilierung einzelner Beteiligter dienen soll. „Wir sitzen in einem Boot“, betont er: „Die Recyclingbetriebe sollten gemeinsam nach einer vernünftigen Lösung suchen, so dass die Azubis eine Zukunftsperspektive haben.“

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